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Nachträgliches Verstehen.
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Es ist […] zu erwarten, daß die Idee der Freiheit erst im Verlauf jener Handlungen klar wird, die nötig sind, um die Freiheit zu schaffen. […] Ich kann nicht glauben, daß Ereignisse wie die Französische Revolution »im vollen Bewußtsein der Menschen- und Bürgerrechte« geschehen sein sollen, […] oder daß die Kopernikanische Revolution im vollen Bewußtsein ihrer Folgen, ja auch nur der Bedeutung der in ihrem Verlauf gemachten Aussagen erfolgt sein sollte. In allen diesen Fällen schafft das zufällige Zusammentreffen verhältnismäßig unabhängiger Ereignisse eine Struktur, die den Ereignissen erst lange nach ihrem Eintreten eine Bedeutung verleiht und das Verständnis ermöglicht, das anfangs fehlte. Das Verstehen kommt immer erst nach dem Ereignis und ist kaum je eine der Ursachen seines Eintretens.

Feyerabend, Paul, »Wider den Methodenzwang«,
Suhrkamp 1986, Frankfurt am Main

Cëla enghe: 01 02 03 04



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One response to “Nachträgliches Verstehen.
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  1. B.- avatar
    B.-

    “Freiheit ist ein Artefakt der Zivilisation. […] Sie schützt den Menschen durch unpersönliche abstrakte Regeln vor willkürlicher Gewalt Dritter und ermöglicht dem einzelnen, sich einen Bereich zu schaffen, in den kein anderer sich einmischen darf und innerhalb dessen er sein Wissen für seine eigenen Zwecke verwenden kann. […]
    Im Übergang von der primitiven Gesellschaft oder zumindest von kleinen Gruppen, deren Mitglieder einander bekannt waren, zur offenen Grossgesellschaft, die nicht länger durch gemeinsame konkrete ZIele, sondern nur durch den Gehorsam gegenüber denselben abstrakten Regeln zusammengehalten wird, vollzog sich die grosse Veränderung, aus der eine Gesellschaftsordnung hervorging, die in zunehmendem Mass für den Menschen unverständlich wurde, und für deren Erhaltung er sich erlernten Regeln unterwerfen musste, die häufig seinen angeborenen Instinkten zuwiderliefen. Am schwersten fiel es dem Menschen wahrscheinlich zu begreifen, dass die einzigen gemeinsamen Werte einer offenen und freien Gesellschaft nicht mehr konkrete Ziele waren, die es zu erreichen galt, sondern nur allgemeine abstrakte Verhaltensregeln, die den dauernden Bestand einer ebenso abstrakten Ordnung sicherten. Diese gewährleistete dem einzelnen zwar bessere Aussichten, seine persönlichen Ziele zu erreichen, gaben ihm aber keinen Anspruch auf bestimmte Dinge.”

    “Der Unterschied zwischen der kulturellen Entwicklung und den bewussten Schöpfungen der menschlichen Vernunft, von der die kulturelle Entwicklung nicht ein Erzeugnis, sondern die Ursache ist, der der Verstand seine Existenz verdankt, wurde nicht erkannt, und das führte dazu, dass der Absicht oder dem Planen in der Bildung der Zivilisation eine ganz unverhältnismässig grosse Bedeutung beigemessen wurde. […]
    Kulturelle Evolution beruht völlig auf Gruppenauswahl. Das Verhalten des Menschen seinen Mitmenschen gegenüber muss nicht nur dem Handelnden Vorteil bringen, wenn es zu einer Vergrösserung der Gruppe führen soll, die neuen Gebräuchen folgt. Oft haben Handlungsweisen unwissentlich neue Möglichkeiten für andere geschaffen und sich dadurch verbreitet. […]
    Das Problem der kulturellen Evolution ist das der Bildung einer Tradition, die nicht angeboren ist, sondern durch Unterricht und Nachahmung weitergegeben wird. Der Mensch ist nicht von Geburt aus weise und gut, sondern muss gelehrt und diszipliniert werden, um weise und moralisch zu werden; und es war sicherlich nicht so, dass seine Intelligenz ihn fähig gemacht hätte, die Moral zu erfinden, die die Ordnung der Grossgesellschaft hervorgebracht hat; sondern diese grosse Struktur war es, die ihm durch die Moral, der er sich unwissentlich unterworfen hat, ermöglichte, Wissen zu erwerben, das ihm immer mehr Macht über seine Umgebung gab. Es hat die kulturelle Entwicklung das gebildet, was wir heute Vernunft nennen, und nicht die Vernunft die kulturelle Entwicklung gelenkt.”
    F.A. Hayek

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