Da Markus Lobis riceviamo e volentieri pubblichiamo:
Wie schon früher in einigen bemerkenswerten Debatten auf dem stillgelegten ff-Forum hervorgehoben, hat das Konzept der Selbstbestimmung eine ganze Reihe von Facetten. In der Zuspitzung der Frage auf die Inanspruchnahme des Selbstbestimmungsrechtes in Form einer Volksbefragung für die SüdtirolerInnen wird die Debatte viel zu eng geführt und übersieht den für mich wichtigsten Aspekt: Jenen der persönlichen, der individuellen Selbstbestimmung.
Wir haben viele Möglichkeiten und Chancen für ein selbst bestimmtes Leben. Wir verfügen über eine gute Ausstattung an Menschen- und Individualrechten und sind im wesentlichen frei von existenziellen Bedrohungen. Wir haben gute Ausbildungsmöglichkeiten und in Südtirol kommt hinzu, dass die Mehrsprachigkeit, die einzigartige Möglichkeit bietet, sich in unterschiedlichen Kulturkreisen zu bewegen und persönlich dort zu wachsen, wo man es selber wünscht. Selbst bestimmt, eben!
Diese Chancen erschließen sich dem, der erkennt, dass Einsprachigkeit heilbar ist und die Mehrsprachigkeit den Schlüssel für gute persönliche Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Dies umso mehr, wenn man sich den Grundwerten des Abendlandes verbunden fühlt, die für mich weniger mit dem Kruzifix oder Andreas Hofer zu tun haben, sondern vielmehr mit Platon, Augustinus, Galileo Galilei, Luther, mit der Aufklärung, der Französischen Revolution, Marx, Sartre, Marcuse – um nur einige Begriffe und Namen zu nennen, die mir in den Sinn kommen.
Heute hat jede/r SüdtirolerIn die Möglichkeit zu einem Leben, das in erster Linie von der individuellen Selbstbestimmung geprägt wird. Einschränkungen sehe ich am ehesten im Versuch, den individuellen Entscheidungsrahmen durch künstlich aufgeblähte Konflikte zu begrenzen und zu manipulieren, die durch die geschichtlichen Entwicklungen in unserem Land bedingt sind. In einem tendenziell konservativ-patriarchalischen Umfeld kommt hinzu, dass es Versuche gibt, den Einzelnen im Interesse irgendwelcher höher gereihten Gemeinschaftsinteressen in ein großes Ganzes einzubinden, dessen Existenzberechtigung in Südtirol auch aufgrund mangelnder Demokratie- und Streitkultur zu wenig hinterfragt wird.
Da wir eine politische Regionalverfassung haben, die auf Trennung und Ausgrenzung beruht und in der es sich die politischen Akteure recht bequem eingerichtet haben, muss natürlich auch ein bestimmter Standard an entsprechenden Problemen aufrecht erhalten werden — wenn es sein muss, mit allen Mitteln.
Ich denke aber, dass sich ständig größer werdende Teile der Südtiroler Gesellschaft immer schneller vom Stand der politischen Verfasstheit weg bewegen und dass es an der Zeit ist, die Politik an den Stand der soziokulturellen Entwicklung anzupassen und nicht ständig zu versuchen, die gesellschaftspolitische Entwicklung unter Hinweis auf irgendwelche fragwürdigen Prinzipien und Prämissen der regionalen Politik zu behindern.
Diesen Grundkonflikt der Südtiroler Entwicklung lösen wir nicht mit der Frage, ob wir (wer, wir?) lieber bei Österreich wären, bei Bayern, Italien oder Schweden. Diese Debatte sehe ich eher als Ablenkungsmanöver.
Die Herausforderung für Südtirol liegt nicht in der territorialen Einbettung, sondern im Herzen der Südtiroler Gesellschaft. Sind wir in der Lage, aus eigener Kraft einen Rahmen zu schaffen, der uns eine pluralistische, offene Zukunft bietet und in dem der Stand der persönlichen Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung die wichtigste Meßlatte ist?
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