Südtirol ist Italien
Abdelouahed El Abchi ist ein Wahlbrixner und interkultureller Mediationsberater. Im Rahmen der Podiumsdiskussion “Tatort Integration” hielt er uns Südtirolern freundlich den Spiegel vor: Es sei zwar löblich, sagte er sinngemäß, dass sich Südtirol um Integration der Immigranten bemühe, aber im Grunde sei es uns in den vergangenen Jahrzehnten nicht einmal gelungen, die Italiener in Südtirol zu integrieren. Eigentlich gebe es nach all den Jahren immer noch kein Miteinander, sondern lediglich ein Nebeneinander: Jede Sprachgruppe lebt ihr eigenes Leben, Gemeinsamkeiten sind eher oberflächlich. Im Grunde hat er Recht. Je klarer wir trennen, desto besser verstehen wir uns, hat einst Kulturlandesrat Anton Zelger proklamiert, und dieses für die damaligen Zeiten verständliche Signal ist nach wie vor in vielen Köpfen eingebrannt. Ist es aber noch zeitgemäß? Die meisten der hier ansässigen Italiener sind inzwischen auch hier geboren, zur Schule gegangen, haben hier geheiratet und arbeiten hier, und es ist die Pflicht dieses Landes, ihnen auch Heimat zu sein. Und was tut das deutschsprachige Südtirol? Der Landeshauptmann brüskiert die Italiener mit einem Glanzstück an diplomatischem Feingefühl. Die Süd-Tiroler Freiheit brüskiert ebenso und verlangt eine fragwürdige doppelte Staatsbürgerschaft und die Abspaltung von Italien. Ich frage mich, ob es nicht Zeit wäre, einzugestehen, dass Südtirol auch für die deutschsprachigen Südtiroler nun eben doch ein Teil Italiens ist — ein besonderer zwar, mit besonderem historischen Hintergrund, aber eben doch Italien. Endlich könnte danach die Politik den Fokus auf unsere wirklichen Probleme lenken: Im Gegensatz zum schuldenfreien Land sind viele Familien, viele Unternehmen und viele Gemeinden tief verschuldet. Viele Jugendliche sorgen sich um ihren Arbeitsplatz, um ihre Zukunft.
Ihr Willy Vontavon
Editorial der Bezirkszeitschrift Brixner, Ausgabe Februar 2011
Willy Vontavon ist Chefredakteur des Brixner und Gemeinderat der SVP
Unterstreichungen von mir
Wie ist es zu erklären, dass im vereinten Europa des 21. Jahrhunderts, wo angeblich keine Grenzen mehr existieren, Vertreter einer Minderheit ihr Heil noch immer darin suchen, ihre Zugehörigkeit zu einem Nationalstaat zu erklären — bzw. diese faktische Zugehörigkeit zu sanktionieren — auch wenn sie eine Nivellierung nach unten bedeutet?
Scrì na resposta