Am gestrigen Sonntag ist in Katalonien — ein halbes Jahr nach Veröffentlichung im Amtsblatt — das neue »Kinogesetz« in Kraft getreten. Teil der neuen Norm ist auch die Verpflichtung, die sprachliche Vielfalt des Landes zu berücksichtigen. Bisher waren nur rund 3% der Kinovorführungen in katalanischer Sprache, obgleich die Generalitat große finanzielle und organisatorische Anstrengungen unternommen hatte, um dies durch Anreize zu ändern. Mit dem neuen Gesetz müssen nun aber mindestens 50% der Vorführungen eines jeden Films in katalanischer Sprache erfolgen. Die Novelle wurde noch während der Regierungszeit von Sozialisten (PSC), Republikanischen Linken (ERC) und Grünen (ICV) verabschiedet und trotz äußersten Drucks der großen Filmverteiler und sogenannter Majors durchgezogen. Einige Kinobetreiber hatten, als der erste Entwurf des Gesetzes bekannt wurde, ihren absoluten Widerstand angekündigt und einen Kompromiss angeboten, der bis zu 7% Vorführungen in katalanischer Sprache vorsah. Das Kulturministerium der Generalitat entgegnete jedoch, das Angebot komme um Jahre zu spät; die freiwilligen Verpflichtungen der Filmverteiler — mit hohen Zuschüssen der Generalitat — hätten während der vorhergehenden Jahre keine Erfolge gezeitigt, weshalb man sich nun unwiderruflich für den gesetzgeberischen Weg entschieden habe.
Die großen Kinobetreiber und die Filmverteiler starteten eine groß angelegte öffentliche Kampagne gegen das Gesetz und kündigten in hysterischen Werbeschaltungen ein großes Kinosterben an, falls der Entwurf verabschiedet würde. Einige gingen sogar so weit, das Publikum dafür verantwortlich zu machen, dass so wenige Filme auf Katalanisch gezeigt würden. Der Protest der Branche gipfelte am 1. Februar 2009 in einen Streik mit geschlossenen Kinosälen, der in der Bevölkerung jedoch auf breite Ablehnung stieß.
Der rechtsgerichtete Partit Popular (PP) zerrte das Gesetz noch vor Gericht, wo es jedoch in vollem Umfang bestätigt wurde.
Die Generalitat war der Auffassung, das Gesetz sei nötig, um den gesamten Sektor neu zu regeln, und zwar nicht nur hinsichtlich der sprachlichen Diversität. Es schafft einen einheitlichen Rahmen für die gesamte Kinoindustrie und reglementiert von der Produktion über die Kommerzialisierung bis hin zur Verteilung und Vorführung von Filmen alle wichtigen Bereiche des Sektors. Außerdem werden Archivierung und Verwahrung des filmischen Landesvermögens neu organisiert. Es ist auch die Schaffung und Förderung eines neuen Kinonetzwerks vorgesehen, wo bevorzugt europäische Filme in Originalversion sowie katalanische Produktionen gezeigt werden sollen.
Der Schlüsselteil des Gesetzes ist jedoch zweifellos der sprachliche. Die Regierung war überzeugt, dass die derzeitige Situation nicht die gesellschaftliche und sprachliche Realität des Landes widerspiegle und das Recht der Bürger, Filme in beiden offiziellen Landessprachen sehen zu können, nicht gewahrt sei. Das katalanische Kulturministerium verwies darauf, dass das sprachliche Verhältnis bei Filmvorführungen wesentlich schlechter sei, als in anderen Bereichen. So führten etwa katalanischsprachige Radiosender in Hörerzahlen weit vor den spanischsprachigen, und es würden weit mehr als 3% katalanische Bücher verkauft, obwohl die Auswahl an spanischen Büchern ungleich größer ist.
Konkret sorgt das neue Gesetz dafür, dass mindestens 50% der Vorführungen jedes übersetzten oder synchronisierten Films in katalanischer Sprache laufen müssen. Werke, deren Originalsprache Katalanisch oder Spanisch ist, sind davon also nicht betroffen. Außerdem gibt es eine Ausnahmeregelung für kleine Produktionen bzw. Filme mit sehr wenigen Vorführungen. Der Branche wird eine Übergangsfrist von vier Jahren eingeräumt, um die sprachlichen Verpflichtungen in vollem Umfang zu erfüllen. Außerdem ist ein territoriales »Gleichgewicht« vorgeschrieben, das verhindern soll, dass die Quote an katalanischen Vorführungen nur in bestimmten Territorien oder in Ortschaften mit geringer Bevölkerungszahl »abgearbeitet« werden, während anderswo weiterhin nur spanische Filme verfügbar sind. Im vergangenen Jahr waren 90% der Filme in Kataloniens Kinos spanisch synchronisiert (oder in spanischer Originalversion) und 2,7% katalanisch synchronisiert (oder in katalanischer Originalversion). Spanisch untertitelt waren 7,8% der Filme, katalanische Untertitel hatten dagegen 0,12% der Streifen. Umfragen bestätigen, dass die neue Quotenregelung in der Bevölkerung einen sehr breiten Rückhalt genießt.
Das Gesetz sieht für Zuwiderhandlungen Mindeststrafen von EUR 5.000,- pro Kopie (!) vor, wobei zusätzliche Strafen an den Kassenerfolg des Films gekoppelt werden können. Insgesamt können Strafen in Höhe von bis zu EUR 75.000,- verhängt werden. Ein eigener Fonds wird unabhängige Filmverteiler und die katalanische Filmproduktion fördern.
Dass eine Übergangsfrist von insgesamt fünf Jahren (vier Jahre für die sprachlichen Bestimmungen) bis zur vollen Umsetzung vorgesehen ist, könnte laut Ferran Mascarell, Kulturminister der neuen katalanischen Regierung, dazu beitragen, dass gar keine Strafen verhängt werden müssen — weil die Unternehmen genug Zeit haben, sich schrittweise anzupassen.
Cëla enghe: 01
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