Vier Länder, drei Sprachen, fünf Regionen mitten in Europa – zum ersten Mal ist eine Großregion zur Kulturhauptstadt Europas gewählt worden.
Wir reden nicht von Südtirol oder von der Europaregion Tirol. Luxemburg hat sich 2007 zum ersten Male in Form einer länderübergreifenden Initiative den Titel Kulturhauptstadt Europas geholt.
Zusammen mit Luxemburg wurden die Wallonie in Belgien, das französische Lothringen sowie die beiden deutschen Bundesländer Saarland und Rheinland-Pfalz zur Kulturhauptstadt Europas gewählt. Rund ein Drittel der 450 Projekte waren grenzüberschreitend. “Über die Grenzen” war der rote Faden, der durch das Jahr leitete. Damit nicht genug: Von Luxemburg, das den Titel Kulturhauptstadt Europas schon 1995 trug, wurden 2007 nicht nur Brücken länderübergreifend in die Nachbarregionen geschlagen, sondern mit 30 Projekten sogar bis nach Hermannstadt (Sibiu) in Rumänien, der zweiten Kulturhauptstadt im Jahre 2007. Die auch heute noch in Hermannstadt lebenden Siebenbürger Sachsen sind Nachfahren der Stadtgründer im 12 Jh.. Ihre Sprache ähnelt dem Moselfränkischen zwischen Rhein und Mosel. Die Luxemburger Kulturfabrik hat deshalb in Esch/Alzette im Jahre 2007 Künstler aus dem Siebenbürger Raum zusammen mit Künstlern aus der Großregion Luxemburg präsentiert.
Szenenwechsel: Dezember 2010. Der Landeshauptmann von Südtirol unterzeichnet in Venedig das Bewerbungsschreiben zur Kulturhauptstadt “Italia Nord Est”. Südtirol als Anhängsel einer rein italienischen Großregion — es wäre interessant zu sehen, wie Italien und auch Südtiroler Intellektuelle reagieren würden, wenn sich Südtirol mit München unter dem Begriff “Deutschlands Süden” um die Kulturhauptstadt Europas bewerben würde.
Der kulturellen Vielfalt Südtirols entspricht Italia Nord Est ebenso wenig wie eine hypothetische Bewerbung für eine Großregion Deutschlands Süden. Für eine Bewerbung in einem Kontext, welcher der sprachlichen und kulturellen Vielfalt Südtirols gerecht wird, scheint die Kreativität unserer Regierungspartei derzeit nicht zu reichen.
Während man 2007 in Luxemburg europäische Kulturgeschichte geschrieben hat, degradiert sich Südtirol mit dieser Bewerbung zu einem Wurmfortsatz des ominösen Triveneto. Nicht nur eine Bankrotterklärung der Südtiroler Autonomiepolitik, sondern auch der in Sonntagsreden immer wieder krampfhaft bemühten Europaregion Tirol. Sind dies die Konzepte und Visionen unserer Regierungspartei?
Möglicherweise befindet sich Südtirol schon länger auf einem gefährlichen Blindflug mit höchst ungewissem Ziel.
Cëla enghe: 01
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