von Heiko Koch
Demonstrationsaufruf: »CasaPound — non si tocca!« (dt.: CasaPound rührt man nicht an!) (screenshot)
Mitglieder der Bewegungspartei CasaPound Italia demonstrierten am 8. Februar 2019 vor dem Campidoglio, dem Sitz des römischen Bürgermeisteramts. Unter dem Motto »CasaPound non si tocca!« (dt.: CasaPound rührt man nicht an!) protestierten sie gegen den Ratsbeschluss von Ende Januar 2019, der die Räumung der CasaPound-Zentrale in der Via Napoleone III festlegt. Mit der Räumung dieses Gebäudes würde nicht nur die bekannteste Besetzung italienischer Faschist*innen enden. Auch das Wahrzeichen der CasaPound Italia als national-revolutionäre Bewegung wäre tempi passati. Grund genug, sich die Geschichte der Besetzungen »sotto il tricolore e non sotto la bandiera rossa« (dt.: unter der nationalen Trikolore und nicht der roten Fahne), wie Parteichef Gianluca Ianonne es bezeichnete, genauer anzusehen.
Faschistische Sozialzentren — Centri Sociali di destra
Zu einem Novum in der Rechten — und das nicht nur in Italien — zählen die sogenannten »Centri Sociali di Destra« (dt.: Rechte Sozialzentren). Diese rechten Hausbesetzungen entstanden Anfang des Jahrtausends in Italien und fanden ihren Aktionsschwerpunkt in Rom. Einer der Hauptprotagonisten war die Bewegung CasaPound.
Bis zur Jahrtausendwende waren Hausbesetzungen als rebellische Form des Protests und widerständige Raumnahme ein Primat der linken, subkulturellen und progressiven sozialen Bewegungen gewesen. Jetzt praktizierte sie auch die radikale Rechte. Diese Besetzungen fanden europaweit viel Beachtung und Aufmerksamkeit: Nicht nur in der bürgerlichen Presse, die sich am illegalen Novum erfreute, und bei der politischen Linken, die sich um ein Alleinstellungsmerkmal beraubt sah. Auch bei den rechten Parteien und Bewegungen sorgten die Besetzungen für Furore. Heute gehört es für bewegungsorientierte Rechte unterschiedlichster Strömungen und Parteien zum »guten Ton« einmal im Hauptsitz der CasaPound Italia — in der Via Napoleone III Nummer 8 — gewesen zu sein. Dafür reisen sie aus allen europäischen Ländern, aber auch aus Kanada, den USA, Argentinien usw. an. Ein Foto auf der Dachterrasse des CasaPound-Hauptsitzes kommt einer Trophäe, ein Foto mit dem »Führer« Gianluca Ianonne einem Adelsschlag gleich. Denn CasaPound Italia hat es geschafft, sich weltweit als national-revolutionäre Avantgarde zu profilieren. Und dies auch über den Ruf, die »Hausbesetzer von Rechts« zu sein. Ein Ruf, der so nicht den Tatsachen entspricht. Gibt es doch jenseits der CasaPound Italia faschistische Besetzungen, die, anders als CasaPound Italia, auch heute noch Wohnraum aus politischen Motiven besetzen. Für diese rechten Strömungen und Parteien gehören Besetzungen aber nicht zu ihrem zentralen Selbstverständnis und/oder Gründungsmythos. So nutzt z.B. die faschistische Kleinstpartei Forza Nuova (dt.: Neue Kraft) unter Roberto Fiore Hausbesetzungen rein optional in ihrer rassistsichen Kampagnenpolitik. Und die Faschisten des römischen Centro di Destra Foro 753 nutzen ihre Immobilie als sozial-politischen Treffpunkt, ohne darin mehr als einen wichtigen Faktor ihrer Infrastruktur zu verstehen. Um eine Vermarktung in Form eines Images haben sie sich nie bemüht. Deswegen sind diese rechten Besetzungen und ihre Protagonist*innen jenseits Italiens auch nicht weiter bekannt.
CasaPound hingegen hat ihre Besetzungen als Image in einer Vermarktungsstrategie optimal auf dem Feld der rechten Politinszenierungen platziert. Dieses Image soll, neben der Propaganda im Heimatland, für einen transnationalen Bekanntheitsgrad sorgen und dem Export ihres national-revolutionären Bewegungsansatzes dienen. Dabei fällt die Bilanz nach fast zwei Dekaden faschistischer Besetzungen durch CasaPound äußerst mager aus. Kein Wunder also, wenn der schmale Output ihrer Besetzungen um so mehr verklärt und mythologisiert wird. Dass bei den städtischen Ankündigungen, den Hauptsitz der CasaPound Italia in Rom räumen zu wollen, die Emotionen der Faschist*innen Ende Januar hochkochten, kann also nicht verwundern.1
CasaPound Italia – eine Bewegungspartei im Konflikt
Generell nehmen die »Centri Sociali di Destra« für die Bewegungspartei CasaPound Italia eine besondere Rolle ein. Besetzungen waren die exponierte Praxis zum Anfang ihrer Bewegung und gehören zwingend zu ihrer Vita, ihrem Selbstverständnis und ihrer Selbstdarstellung. Die Besetzungen stellen ein Kernelement ihres Anti-System-Narrativs und national-revolutionären Mythos dar, den sie immerfort propagieren. Schaut man sich die Geschichtsschreibung der CasaPound auf ihrer Internetseite an2, so vergleicht sie ihre Entstehungs- und Besetzungsgeschichte sogar mit dem Osteraufstand in Dublin von 1916. CasaPound schreibt sich aus William Butler Yeats’ Gedicht über den Aufstand Easter, 1916 die Zeile »Eine schreckliche Schönheit wurde geboren« zu. Und was wäre die republikanische Bewegung Irlands ohne die Besetzung und den Kampf um das General Post Office (GPO) auf der O’Connell Street im Zuge dieses Aufstandes? Mit den Besetzungen und vor allem mit ihrer römischen Zentrale in der Via Napoleone III hat sich die CasaPound Italia ein Label verpasst, positioniert sich mit dem Hausbesetzer-Image strategisch auf dem Markt der rechten Utopien und verkauft so transnational ihr national-revolutionäres Bewegungsmodell.
Kein Wunder also, dass sich auch die Apologeten CasaPounds in Hausbesetzungen üben. So das Hogar Social Madrid, das seit rund vier Jahren größere Objekte in der spanischen Hauptstadt besetzt. Oder die Bastion Social, die der französische Präsident Emmanuel Marcon neben Blood and Honour und Combat 18 zur Zeit verbieten will. So besetzte die Bastion Social zum Auftakt ihrer Bewegung im Mai 2017 ein Gebäude in Lyon.
Und seit dem 16. Februar 2019 hält ihr Straßburger Ableger unter dem Namen L’Arcadia in der elsässischen Gemeinde Entzheim ein Gehöft besetzt und renoviert es. Und das rechtsradikale ukrainische Azov-Regiment baute in den letzten Jahren nicht nur seine militärische Infrastruktur aus, sondern gab sich nach CasaPound Italia-Vorbild einen Zivilverband, eine Partei und im Herzen Kiews ein »Kosakenhaus«.
Für die Bewegung CasaPound haben ihre Besetzungen, insbesondere die Via Napoleone III, einen hohen ideologischen, propagandistischen und strategischen Wert. Zeitgleich bilden die Besetzungen und ihr illegaler Status aber auch eine Achillesferse für die auf Legalität angewiesene Wahlpartei CasaPound Italia. Ein Widerspruch, der angesichts einer drohenden Räumung eine große interne Sprengkraft für CasaPound Italia bedeutet. Wie soll, darf, kann eine Wahlpartei reagieren? Wie muss eine national-revolutionäre Bewegung das Herzstück ihres Mythos verteidigen? CasaPound Italia steht vor einem Dilemma. Wie sie bei einer Räumung auch handeln würde, in der einen oder anderen Richtung würde sie einen Verlust hinnehmen müssen: Entweder als Partei oder als Bewegung.
Als Bewegungspartei steht CasaPound Italia in einem klassischen Widerspruch, unterschiedliche und teils divergierende Ansätze miteinander vereinigen zu müssen. Mit dem Schritt zur Partei hat sich CasaPound nach 10 Jahren Bewegung nicht nur eine weitere Option zur Erkämpfung der Macht im Staat geschaffen. CasaPound Italia befindet sich nun als Partei in dem verregelten und bürokratischen System der Parteien, Institutionen und Verwaltungen, sowie in einem verpflichtenden System von Legalität und Seriosität. Dieses System folgt anderen Logiken und Gesetzmäßigkeiten als eine Bewegung. Diese, die Macht und den Staat stabilisierende Elemente und Kräfte vertragen sich schwer mit dem Charakter einer Bewegung, der es vorrangig darum geht, Protest zu artikulieren und Aktionen mit dem Ziel sozialer und politischer Veränderungen zu starten. Bewegungen befinden sich in einem permanenten Zustand der Mobilisierung, sonst stagnieren sie, verlieren an Kohärenz, Antrieb und Zielsetzungen und hören schließlich auf, Bewegung zu sein. Bewegungen sind darauf aus, Strategie und Taktik, Propaganda und Aktion, Zeit und Ort ihres Aktivismus’ nach ihren eigenen Bedürfnissen, Zielen und Logiken der Veränderung und nicht nach der verordnenden Regeln der jeweiligen Machtstrukturen zu bestimmen, denen sie unterworfen sind. In diesem — mit dem Wahlerfolg wachsenden — Spagat befindet sich CasaPound Italia seit fünf Jahren. Auf der einen Seite das Bedürfnis nach maximalem Stimmenzugewinn und somit Einordnung in das bürgerliche Parteiensystem mit seinen legalistischen Regeln. Auf der anderen Seite der national-revolutionäre Anspruch eine Bewegung im Kampf um die Macht zu sein. Dieser Kernwiderspruch deutet auf Fragen mit außerordentlichen Spalt- und Zentrifugalkräften für eine Bewegungspartei hin: Funktioniert die Partei als Dienstleister der Bewegung? Ist die Partei Sprachrohr, Finanzier und Ressource der Bewegung? Oder ist sie gar Avantgarde der Bewegung — treibt sie die Bewegung nach vorne? Und umgekehrt: Verkommt die Bewegung lediglich zur Rekrutierungsbasis, Mobilisierungs- und Wähler*innenreservoir einer sich von der Basis absetzenden und verbürgerlichenden Parteistruktur? Wird die Bewegung im Laufe der Zeit zu einer abgenutzten und versiegenden Schöpf- und Kraftquelle der Partei? Oder schaffen es Partei und Bewegung sich gegenseitig und dauerhaft zu ergänzen und zu befruchten?
Man wird sehen, wie sich in Zukunft die Bewegungspartei CasaPound Italia entwickeln wird. Aktuell würde eine Räumung der Via Napoleone III nicht nur ein Schlaglicht auf diese Entwicklung und den internen Konflikt werfen. Eine Räumung der Zentrale der Faschist*innen würde zur Zeit den fascisti del terzo millennio (dt.: Faschist*innen des 3. Jahrtausends) einen gehörigen Schaden zufügen.
Rechte Besetzungen in Rom
Offiziell entstand die Bewegung CasaPound Italia am 26. Dezember 2003 anlässlich der Besetzung eines sechsstöckigen Wohnhauses in der Via Napoleone III im Stadtteil Esquilino. Die rechten Aktivist*innen, die sich in dieser Nacht des Hauses Nummer 8 unweit des römischen Hauptbahnhofs bemächtigten, entstammten den verschiedenen Milieus der extremen Rechten der italienischen Hauptstadt. Den Traditionsfaschist*innen der »MSI — Fiamma Tricolore«, dem national-revolutionären Skinheadmilieu der »Movimento Politico Occidentale«, diverser faschistischer Jugend- und Studentenorganisationen, die sich der so genannten »Terza Posizione« (dt.: Dritten Position) verbunden sahen, sowie der Subkulturen des Rechtsrocks und der Fußballstadien. Ihre Besetzung nannten sie Casa Pound — nach dem antisemitischen, US-amerikanischen Literaten Ezra Pound (1885 – 1972), der von 1924 bis 1945 in Italien lebte und das faschistische Regime unter Benito Mussolini unterstützte.3
Schon eineinhalb Jahre zuvor hatten einige von ihnen am 12. Juli 2002 in der Via Tiberina 801 eine leerstehende Liegenschaft — ein ehemaliges »Casa del Fascio« (dt.: Haus des Faschismus) – besetzt.4 Sie nannten die Besetzung Casa Montag, nach dem gleichnamigen Helden aus Ray Bradburys Roman Fahrenheit 451, und nutzten es für sozio-kulturelle und politische Veranstaltungen. In ihrer Sprache nannten die Faschist*innen diese Besetzung eine »Occupazione Non Conforme« (ONC) (dt.: nicht-konforme Besetzung).
Die Bezeichnung »non conforme« wurde zu einem Markenzeichen dieser Szenen — vor allem bei CasaPound. CasaPound versteht sich als »nonkonforme« Bewegung und nutzt diese Bezeichnung für ihre Besetzungen, Buchhandlungen, Medien, Musikbands, Modemarken usw. Dieser Begriff hilft ihr, sich nach außen hin nicht dauerhaft verorten und festzulegen zu müssen, bzw. verortet und festgelegt zu werden. Derart diffus definiert und darüber fluid handlungsfähig, sinken die sich bietende Angriffsflächen für ihre politischen Gegner*innen. Somit nutzt CasaPound Italia hier eine der Diskursstrategien der Nouvelle Droite.
Die Besetzung der Casa Montag und die kommenden Besetzungen wurden nicht allein von dem Kreis getragen, der später CasaPound bilden sollte. So besetzten andere Faschist*innen, die der Alleanza Nazionale nahe standen, u.a. die Azione Giovani (dt.: Junge Aktion), im September 2003 ein Gebäude in der römischen Via Capo D’Africa und nannten es Foro 753.5 Von diesen beiden ersten erfolgreichen Besetzungen ermuntert, erfolgte einige Monate später die Besetzung in der Via Napoleone III. Gianluca Ianonne & Co. zogen von der Peripherie in das Zentrum Roms. Aus der Mietskaserne in der Nähe des Hauptbahnhofs wurden Nationalfahnen gehängt und Banner mit den Parolen »Contro ogni usura«, »No al carovita« und »L’affitto è usura« (dt.: »Gegen jede Form von Wucher«, »Nein zur (Lebens-)Verteuerung« und »Miete ist Wucher«) an der Fassade angebracht. Die Besetzung wurde als »Occupazione a Scopo Abitativo« (OSA) (dt.: Besetzung zu Wohnraumzwecken) bezeichnet und sollte, wie weitere anstehende Besetzungen, neben politischen und soziokulturellen Zwecken auch zum Wohnen für ethnisch rein »italienische« Familien dienen.
Casa Montag an der Via Tiberina 801 übernahmen derweil andere, vor allem Mitglieder der faschistischen Kleinstpartei Forza Nuova nutzten das Gebäude. Dabei auch als Waffenlager für Dutzende rassistische Überfälle auf bengalische Einwander*innen in Rom in den Jahre 2012 und 2013. Diese pogromartigen Überfälle wurden unter dem Namen »Bangla Tours« italienweit bekannt.6
Schon Ende der 1980er und in den 1990er Jahren hatten italienische Faschist*innen versucht mit Besetzungen den seit den 1970er Jahren von der radikalen Linken praktizierten Besetzungen der Centri Sociali nachzueifern, waren damit aber zunächst gescheitert. Erst die Besetzungen in der Via Tiberina, der Via Capo D’Africa und der Via Napoleone III führten zu einem dauerhaften Erfolg. Dies lag vor allem an der Haltung des damaligen Bürgermeisters von Rom, des Sozialdemokraten Walter Veltroni, der von 2001 bis 2008 die Geschicke der »ewigen Stadt« lenkte. Als ehemaliger Abgeordneter der kommunistischen Partei Italiens und Ex-Chefredakteur der linken Tageszeitung L’Unità befand er, dass auch die italienischen Neo-Faschist*innen über staatlich unkontrollierte Räume in Rom verfügen sollten. Selbst angesichts der ansteigenden faschistischen Gewaltexzesse bis hin zum Mord, wie z.B. an den 26jährigen Römer Renato Biagetti im Jahr 2006, blieb Veltroni7 bei dieser Meinung und tolerierte die Besetzungen der Faschist*innen in der von ihm regierten Stadt. Die faschistische Jugend Roms nutzte den für sie ausgerollten »roten Teppich« und startete im Sommer 2004 eine Reihe von Hausbesetzungen in der Hauptstadt, denen sie die Bezeichnung Casa d’Italia (dt. Haus Italiens) gaben. Dabei scheiterten sie an den kapitalistischen Eigentumsverhältnissen. Andere Immobilienbesitzer besaßen nicht so viel Toleranz wie die Ex-Kommunist*innen der römischen Sozialdemokratie. Die Besetzungen des Casa d’Italia Parioli (10.07.2004 – 26.01.2005) in der Via Lima 51, das Casa d’Italia Boccea (17.07.2004 – 11.10.2005) in der Via di Boccea 496, sowie des Casa d’Italia Torrino (15.08.2004, umgehend geräumt) in der Via Mar della Cina und die Besetzung des Mafarka in der Via dei Sette Camini 11 (15.08.2004, umgehend geräumt) währten nicht lange. Eine weitere Besetzung unter den Namen der futuristischen Romanfigur »Mafarka« in der Viale Etiopia 81 scheiterte ebenfalls und wurde im Dezember 2004 zeitnah geräumt. Waren also die anfänglichen Besetzungen aus den Jahren 2002 und 2003 von Erfolg gekrönt, scheiterten die Besetzungen in den Jahren 2004 und 2005 über kurz oder lang.
Die rechte Besetzer*innen-Szene Roms wurde erst wieder im Jahr 2006 aktiv. Sie nannten sich nun »Circuito OSA ONC« (dt.: Leitung der Besetzungen für Wohnraum und der nicht-konformen Besetzungen) oder »Coordinamento OSA« (dt.: Koordination von Besetzungen für Wohnraum) und Gianluca Ianonne trat als ihr Sprecher auf. So wurden am 8. März 2006 Räumlichkeiten für eine Sporthalle mit den Namen »Palestra Popolare Primo Carnera« in der Via Sergio Tofano 6 im Stadtteil Vigne Nuove besetzt. Dieser Ort gelangte Jahre später zu einiger Berühmtheit, da er zu diesem Zeitpunkt Sitz der neo-nazistischen Gruppe Militia geworden war, gegen die wegen diverser antisemitischer Propagandadelikte und Angriffe ermittelt wurde.8 Eine weitere Örtlichkeit wurde am 13. Juni 2006 in Via del Tintoretto besetzt. Auch sie wurde nach Filippo Tommaso Marinettis (1876 — 1944) Roman »Mafarka der Futurist« aus dem Jahr 1909 benannt. Die unter einer Unterführung liegende Galleria Mafarka wurde aber einige Tage später geräumt. Mit mehr als spärlichen Informationen belegt sind die angeblichen Wiederbesetzungen und -belebungen der Casa d’Italia in den römischen Bezirken Torrino und Boccea. Lediglich die Daten des Räumungsversuchs Casa d’Italia Torrino am 5. Oktober 2006 und der Räumung des Casa Italia Boccea am 11. Oktober 2006 sind in Erfahrung zu bringen.9 Ebenfalls soll der im Jahr 2006 gegründete Blocco Studentesco, die Schüler- und Student*innenorganisation der CasaPound, seinen Organisationssitz im gleichen Jahr im Stadtteil Flaminio besetzt haben. Der 15 Quadratmeter große Raum an der Piazza Perin del Vaga 1 wurde erst am 23. März 2015 wieder geräumt.10 Das Jahr 2006 war somit eher ein Jahr der zähen Bemühungen als ein Jahr des Erfolgs.
Im Jahr 2007 flauten die faschistische Besetzungsbemühungen weiter ab. Dennoch konnten die rechten Besetzer*innen einige Erfolge verzeichnen. Anfang des Jahres, am 26. Januar 2007, fand eine Besetzung »sotto la bandiera della Fiamma Tricolore« (dt.: unter der Fahne der Fiamma Tricolore) in der Via degli Orti Di Malabarba im Stadtteil Casal Bertone statt. Hier entstand der Circolo Futurista Casal Bertone, der heute noch als CasaPound-Sitz besteht. In den Folgejahren beklagten die Centri Sociali des Stadtteils Übergriffe und Gewalt durch die dort verkehrenden Faschist*innen. Infolgedessen kam es immer wieder zu militanten Auseinandersetzungen zwischen rechten und linken Hausbesetzer*innen.11 Die rechten Übergriffe und Attacken verhalfen der sozialdemokratischen Regierung von Rom anscheinend nicht zur Einsicht. Vielmehr kam die Kommunalverwaltung unter Walter Veltroni den Faschist*innen erneut entgegen und übergab den im Juni 2005 vertriebenen Faschist*innen aus der Via Capo d’Africa ein von der Stadt renoviertes und eingerichtetes Gebäude in der Via Beverino 49, wo sich auch heute noch ihr Foro 753 befindet.12 Bei der Einweihung im Stadtteil Torrevecchia anlässlich des historischen Gründungsdatums der Stadt Rom, dem 21. April 753 vor Christi Geburt13, erschien dann auch das Sympathisant*innen- und Unterstützungsumfeld des Foro 753.14 Rutilio Sermonti15, einer der Gründer der Ordine Nuovo16, Repräsentant*innen der Fiamma Tricolore, der Forza Nuova und der SPQR Skinheads. Heute finden im Foro 753 Lesungen, Buchpräsentationen, Theateraufführungen, Konzerte und politische Debatten statt. Sportunterricht für Kinder wird angeboten, Kampfsport im eigenen Palestra Marco Aurelio Boxe trainiert, Lebensmittel gesammelt und an »rein« italienische Familien verteilt. Nach zwölf Jahren ist das Foro 753 immer noch ein klassisches Occupazione Non Conforme.
Des weiteren besetzte am 25. Juni 2007 der Bewegungsflügel der Fiamma Tricolore unter dem heutigen Forza Nuova-Mitglied Giuliano Castellino17 ein Gebäude der SIAE18 in der Via Valadier im Stadtteil Prati und nannte es Casa d’Italia Prati.19 In einer Erklärung traten Giuliano Castellino als Präsident des Casa d’Italia Prati und Gianluca Ianonne als nationaler Verantwortlicher für die OSA auf. Das Casa d’Italia Prati wurde offiziell am 7. Dezember mit einem Konzert der RechtsRock-Bands ZetaZeroAlfa und La Peggio Gioventù eröffnet.20 Dabei standen Giuliano Castellino als Frontmann von La Peggio Gioventù21 und Gianluca Ianonne als Sänger von ZetaZeroAlfa22 gemeinsam auf der Bühne. Wie lange das Gebäude besetzt war, ist unklar. Anscheinend wurde das Gebäude über einige Jahre hinweg von Giuliano Castellino und Co. genutzt. Quellen dazu sind aus den Jahren 2009 und 2014 zu finden.23
Die Wiederbesetzung der Viale Etiopia 81 am 5. Oktober 2007 durch eine Gruppe der Forza Nuova scheiterte. Das Gebäude wurde einige Tage später geräumt. Laut Gianluca Ianonne soll zu diesem Zeitpunkt angeblich auch ein Raum von der Associazione culturale Il cerchio e la croce im Stadtteil Aurelio besetzt gewesen sein.24
Im Jahr 2008 besetzte CasaPound mit dem Blocco Studentesco am 23. April die ehemalige U-Bahn-Station Olimpico/Farnesina an der Via dei Monti della Farnesina 80. Die ehemalige Metro-Station war anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 1990 gebaut worden und nur einen Monat während der internationalen Spiele in Betrieb. Seitdem stand sie leer.25 Der Zeitpunkt der Besetzung war günstig gewählt. Am Wochenende nach der Besetzung gewann Giovanni Alemanno26 von der Alleanza Nazionale (AN)27 die Wahlen zum Bürgermeisteramt und bekleidete bis 2013 dies Amt in der italienischen Hauptstadt. Angetreten war Giovanni Alemanno für die sich im Entstehen befindende Parteienfusion aus Berlusconis Forza Italia und der Alleanza Nazionale — dem Il Popolo della Libertà.28 Sein Werdegang und Erfolg als (Post-)Faschist bis hin zum Bürgermeister von Rom spiegelt die Rechtsentwicklung in Italien gut wider und sei hier kurz erzählt.
Giovanni Alemanno — Werdegang und »Erfolg« eines (Post-)Faschisten
Der 1958 geborene Giovanni Alemanno war schon früh Mitglied der Fronte della Gioventù, der Jugendorganisation der 1946 gegründeten faschistischen Partei Movimento Sociale Italiano (MSI)29 gewesen. Mehrmals wurde er in den 1980er Jahren wegen Gewaltexzessen angeklagt und saß wegen eines Angriffs mit einem Molotow-Cocktail auf die sowjetische Botschaft im Jahr 1982 für acht Monate im römischen Gefängnis Rebibbia (Agenzia Nazionale Stampa Associata — Ansa, 15.05.1988)30 In den Jahren 1988 bis 1991 war er Vorsitzender der Fronte della Gioventù. Wie so viele Mitglieder der MSI vollzog Alemanno die so genannte Svolta di Fiuggi — die »Wende von Fiuggi« und die Namensänderung der Movimento Sociale Italiano (MSI) zur Alleanza Nazionale (AN) im Frühjahr 1995 mit. Der Vorsitzende der Alleanza Nazionale Gianfranco Fini31 verpasste der Partei ein neues Image und man nannte sich von nun an post-faschistisch. Die AN verzichtete in der Öffentlichkeit auf den römischen Gruß und das Zeigen des Keltenkreuzes, ebenfalls entsagte sie dem allzu offenen Antisemitismus. Die Besuche Finis im ehemaligen Konzentrationslager Ausschwitz im Jahr 1999 und in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem im Jahr 2003 adelten ihn für das internationale Parkett und Fini wurde unter der Regierung Berlusconis von 2004 bis 2006 zum italienischen Außenminister. Finis Kamerad, Giovanni Alemanno, wurde in den 1990er Jahren mehrmals Abgeordneter der AN im Parlament. In den Jahren 2001 bis 2005 wurde Alemanno Land- und Forstwirtschaftsminister unter Silvio Berlusconi. Und in den Jahren 2004 und 2005 war er stellvertretender Vorsitzender der Alleanza Nazionale. Verheiratet war Alemanno seit Anfang der 90er Jahre mit Isabella Rauti,32 der Tochter Pino Rautis. Der 2012 verstorbene Pino Rauti zählte zu den Gründern der 1956 entstandenen rechten Terrororganisation Ordine Nuovo. Alemannos und Isabellas gemeinsamer Sohn Manfredi wurde Mitglied des Blocco Studentesco und fiel 2012 in Griechenland auf, als er mit Kameraden den römischen Gruß zeigte.33 Heute leben Isabella Rauti und Giovanni Alemanno getrennt. Alemanno ist der oberste Parteisekretär der Movimento Nazionale per la Sovranità (MNS)34, während Isabella Rauti für die (post-)faschistische Partei Fratelli d’Italia35 im römischen Senat sitzt. In seiner Amtszeit als Bürgermeister von 2008 bis 2013 betrieb Alemanno derart ein System der Vorteilsnahme für seine faschistischen Kamerad*innen in der öffentlichen Verwaltung, dass von seiner Amtszeit als einem »Parentopoli« (dt.: Vetternwirtschaftsystem) gesprochen wird. Zudem laufen gegen ihn Ermittlungen und Verfahren im Zusammenhang mit dem gigantischen Bestechungsskandal Mafia Capitale. Im laufenden Verfahren gegen Giovanni Alemanno beantragte in diesem Februar der zuständige Staatsanwalt fünf Jahre Haft für Alemanno wegen Korruption. Am 25.02.2019 wurde der ehemalige Bürgermeister Roms zu sechs Jahren Haft verurteilt.
Wurden Besetzungen der Centri Sociali di Destra in Rom von 2003 bis 2008 unter dem sozialdemokratischen Bürgermeister Walter Veltroni toleriert, so wurden sie von 2008 bis 2013 unter dem (post-)faschistischen Bürgermeister Giovanni Alemanno protegiert. Dies ging soweit, dass Giovanni Alemanno im November 2012 die 11,8 Millionen Euro teure Immobilie in der Via Napoleone III für die Gemeinde Rom erstand, um sie der CasaPound zu überschreiben.36 Dass es dazu nicht kam, lag an einem internen Zwist unter den Faschist*innen. CasaPound hatte Ende 2012 ankündigte, eine eigene Partei zu gründen, und trat somit in Konkurrenz zu Alemanno bei den Wahlen an.
Wie gesagt, der Zeitpunkt zur Besetzung eines großen Areals war im April 2008 durch die rechten Besetzer*innen gut gewählt. Die Faschist*innen nannten das Geflecht von leerstehendem Tonnengewölbe und Hallen Area 19, nach dem Gründungsjahr der Fasci Italiani di Combattimento (dt.: Faschistischer italienischer Kämpferbund), die am 23. März 1919 von Mussolini im Saal des Circolo dell’alleanza industriale (dt.: Zirkel der Industrieallianz) an der Mailänder Piazza San Sepolcro gegründet wurden. CasaPound nutzte die großräumige Liegenschaft in den kommenden acht Jahren vor allem im Sommer. Dort fanden Ausstellungen, Konferenzen, Konzerte und seit 2009 ihr jährliches Fest Tana delle Tigri (dt.: Höhle der Tiger) statt. Dieser Konzertevent wurde später um einem Mixed Martial Arts-Wettbewerb erweitert, der von der CasaPound-eigenen Kampfsportorganisation Il Circuito organisiert wurde.37 Seit 2011 wurden die Kampfsport-Wettbewerbe internationalisiert und fanden von 2013 bis 2015 unter der Beteiligung des Russen Denis Nikitin und seiner Organisation White Rex statt.38 Im Jahr 2015 kündigte die Kommune Rom den Umbau und die Integration der U-Bahn-Station Olimpico/Farnesina in das römische U-Bahn-Netz an. Am 27.08.2015 fanden die Behörden das Gelände leer und unbelebt vor. CasaPound hatte die Area 19 widerstandslos geräumt.39 Das Tana-delle-Tigri-Fest der CasaPound Italia findet seit 2016 im Parco di Colle Oppio, genau neben dem gut besuchten Kolosseum, statt. Im Anschluss an eine italienweite Demonstration können hier Faschisten und touristische Zaungäste in den Genuss von Rechtsrock und der massenhaften Präsentation des römischen Grußes kommen. Von einem Kampfsportturnier im Zusammenhang mit dem jährlichen Fest ist seit längerem nichts bekannt.
Eine Besetzung des leerstehenden Cinema Puccino in der Via Baldassarre Orero im Stadtteil Casalbertone durch die Faschist*innen am 11. Juli 2008 scheiterte. Der Circolo Futurista von CasaPound und ein Circolo Riformista e della Libertà konnten sich nicht durchsetzen. Die linken Centri Sociali Occupati Autogestiti (CSOA)40 intervenierten und in Folge der Auseinandersetzungen stand das Gebäude weiterhin leer.41
Am 30. November 2008 wurde ein weiteres Mal ein Mietshaus in der Via Cassia 1134 im Sinne einer Occupazione a Scopo Abitativo von CasaPound besetzt.42 Das Gebäude wurde aber wegen gravierender Mängel in der Bausubstanz zwei Tage nach der Besetzung wieder verlassen.
Mit Ausnahme der Area 19 war das Jahr 2008 somit nicht erfolgreich und für die Jahre 2009 und 2010 wurden keine weiteren rechten Besetzungen in Rom unternommen.
Erst am 5. April 2011 kam es wieder zu einer kurzfristigen Besetzung.43 Die leerstehende Grundschule Parini an der Piazza Capri wurde von CasaPound Italia besetzt, aber umgehend wieder verlassen.44 Die Grundschule sei laut Pressemitteilungen renoviert worden. Nach Verhandlungen mit der Stadtverwaltung fanden die Familien, denen der Leerstand zugedacht war, jedoch eine Bleibe in Notunterkünften.45 Aber auch die linken Centri Sociali des Stadtteil Montesacro hatten sofort ihren Protest angemeldet und gegen die Besetzung der Faschist*innen mobilisiert.46
Unmittelbar im Anschluss an diese Räumung besetzte CasaPound ein Haus in der Via Val d’Ala 200,47 räumte dies aber wieder Ende Mai 2011. Auch hier war es zu Protesten von Anwohner*innen und Linken gekommen, die kein faschistisches Zentrum wie in Casal Bertone haben wollten, von dem sie rassistische Übergriffe auf Migrant*innen und Angriffe auf Besetzungen befürchteten. Und die faschistischen Angriffe im Stadtteil blieben nicht aus. So schlugen Ende April über ein Dutzend Faschist*innen sechs Minderjährige zusammen, worauf ein Trupp von rund 100 jugendlichen Antifaschist*innen versuchte das besetzte Haus der CasaPound zu stürmen. Die Polizei verhinderte dies. So war die Kommune froh, dass mit der als freiwillig deklarierten Räumung zweier besetzter Zentren wieder Ruhe in dem Stadtteil einkehrte.48 Denn nicht nur die rechten Besetzer*innen mussten die kommunale Liegenschaft im Stadtteil verlassen. Auch die linken Besetzer*innen mussten eines ihrer Zentren, das Puzzle in der Via di Monte Meta, am 24. Mai räumen. Dabei konnten sie einen Teil der Räumlichkeiten weiter nutzen und ihre Sozialarbeit den Bewohner*innen des Stadtteils zu gute kommen lassen.
Anfang Oktober 2013 besetzte CasaPound Italia die Via Val d’Ala 200 ein weiteres Mal, wurde aber einige Stunden später durch die Polizei geräumt.49 Dies scheint der letzte Besetzungsversuch zu Wohnzwecken der mittlerweile als Wahlpartei antretenden CasaPound Italia gewesen zu sein.
Lediglich eine medial inszenierte Besetzung gegen eine Zwangsräumung in der Via del Colosseo am 29.09.2016 ist bei CasaPound Italia zu registrieren. Diese Besetzung legte es aber nicht auf effektiven Widerstand gegen Zwangsräumungen an. Vielmehr sollte die Aktion über die Teilnahme des 42jährigen Simone di Stefano dazu dienen, dem blassen und aktionsfernen Wahlkandidaten der CasaPound Italia die nötige Street credibility für die Bewegungsbasis und die notwendige Image von Kohärenz in sozialen Aussagen für die Wählerschaft zu verpassen. Besetzungen, besser gesagt: Blockaden, durch CasaPound Italia finden nur noch als temporäre Protestformen statt, die als direkte Aktion den alltäglichen Ablauf von Ratssitzungen, in Büros und an Firmeneingängen treffen sollen. Und der Blocco Studentesco, die Jugendorganisation der CasaPound Italia, nutzt Besetzungen von Schulgebäuden zur Durchsetzung ihrer schulinternen Forderungen. Besetzungen à la Centri Sociali di Destra findet man bei CasaPound Italia seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Und die letzte Besetzung für ein Casa d’Italia ist ebenfalls sechs Jahre her.
Der Teil der rechtsradikalen Subkultur Roms, der zusammen mit den CasaPound-Aktivisten Anfang der 2000er mit den Besetzungen angefangen hatte und wie CasaPound in der Fiamma Tricolore untergekommen war, blieb auch weiter der Aktionsform der Besetzungen treu. Siehe Giuliano Castellino und das Casa d’Italia Prati. Auch in den kommenden Jahren war diese Szene mit Besetzungen aktiv und thematisierten mittels dieser Aktionsform die steigende Wohnungsmisere in Rom — immer wieder, unter anderen Namen und in neuen Allianzen. Und weit länger als CasaPound betrieben sie diese Praxis. Giuliano Castellino gehört dabei zu den bekanntesten Exponenten dieses Kreises, die sich heute der Forza Nuova (FN) zugehörig fühlen. Castellino ist mittlerweile hochrangiger Forza-Nuova-Funktionär und Koordinator von Roma ai Romani (dt.: Rom den Römern), einer Gruppe, die der Forza Nuova nahe steht.
So besetzten Castellino und sein Anhang am 25. Juni 2012 das Cinema Augustus am Corso Vittorio Emanuele 203, um einen sozialen Treffpunkt daraus zu machen. Das ehemalige Kino wurde aber am 26. März des folgenden Jahres wieder geräumt.50 Im Dezember 2012 führte die FN drei symbolische Besetzungen gegen Spekulationen durch.51 Am 9. Dezember 2016 besetzte die FN kurzfristig eine Etage des Übergangswohnheims von Torrevecchia, um gegen die Wohnungsnot zu protestieren.52 Und am 30. Januar 2017 besetzte die Gruppe Roma ai Romani unter Giuliano Castellino temporär ein Haus in der Via Cardinale Celso Costantini.53 Ein weiteres Mal besetzte Roma ai Romani und Forza Nuova kurze Zeit das ehemalige faschistische Casa della Gioventù am Largo Aschianghi.54 So eine vermutlich nicht komplette Übersicht der Besetzungen durch die Forza Nuova und ihrer Strukturen in Rom.
Neben diesen völkisch-kontaminierten, symbolischen Aktionen gegen Wohnraumspekulation und für bezahlbaren Wohnraum organisierte Forza Nuova auch Besetzungen mit anderen politischen Hintergründen. So im Rahmen innerparteilicher Auseinandersetzungen, wie z.B. im September 2017.55
Aber auch in ihren rassistischen Mobilisierungen der letzten Jahre setzte Forza Nuova Besetzungen als Kampfform in Rom ein. So nahm die faschistische Kleinstpartei im Jahr 2016 mehrere nebeneinander liegende Läden der öffentlichen Immobilienagentur Ater in der Via Taranto in Beschlag, um in dem römischen Stadtteil San Giovanni Lebensmittel an »rein italienische« Familien abzugeben.56 Dieser Treffpunkt der Forza Nuova und die Lebensmittelverteilungen gibt es noch heute.57
Waren diese Besetzungen als Mittel zur Inklusion von Menschen gedacht, so nutzte die Forza Nuova Besetzungen auch als Mittel zur Exklusion von Menschen. Die Inklusion gilt den »ethnisch reinen« Italiener*innen, die Exklusion den Migrant*innen. Dabei ist bei einer Inklusion nicht an die bestehende sozio-politische Ordnung Italiens gedacht, sondern an das Modell, das sich die Faschist*innen alternativ für Italien denken. Inklusion in eine »Volksgemeinschaft in spe«, bzw. in die Bewegung dorthin. Mit dieser »nationalen Solidarität« gilt es Sympathien zu wecken und Anhänger*innen zu rekrutieren. Hausbesetzungen werden als Mittel zur rassistischen Segregation und Selektion verstanden.
So besetzte Forza Nuova im Januar 2017 kurzfristig den Teilbereich eines Gebäudes, das von der Kommune als temporäre Unterkunft für durchreisende Migrant*innen gedacht war.58 Ein anderes Mal wurde eine Besetzung am 22. März 2017 als Protestform gegen die geplante Unterkunft von Migrant*innen im römischen Stadtteil Trionfale genutzt.59 Aber auch in unbedeutenderen Fällen nutzte die Forza Nuova diese Aktionsform. So etwa am 24. Januar 2017 zur Vertreibung einer ägyptischen Familie aus einem Wohnhaus. Die Immobiliengesellschaft Ater ließ hier ein »italienisches« Paar zwangsräumen und sprach einer anderen — diesmal ausländischen — Familie die leer werdende Wohnung zu. So agierte Forza Nuova auf einer ethnisch zuschreibenden Ebene und spielte in der Wohnungsfrage die Bedürfnisse von autochthoner und nicht-autochthoner Bevölkerung gegeneinander aus.60 In Rahmen dieser Auseinandersetzung fand vier Tage später eine weitere Besetzung des Ater-Sitzes statt.61 Auch Forza Nuova polarisiert, ethnisiert und eskaliert die bestehenden sozialen Widersprüche. Hausbesetzungen sind für sie ein Mittel der rassistischen Mobilisierung und Straßenpolitik.
Längst spricht man von den rassistischen Auseinandersetzungen in Italiens Vorstädten als »guerra tra poveri« (dt.: Krieg unter Armen)62, einem Krieg, bei dem nicht einmal die faschistischen Hassprediger*innen aktiv werden müssen, wie die Vertreibung einer marokkanischen Familie im römischen Stadtteil San Basilio im Dezember 2016 beweist.63
Rechte Besetzungen außerhalb Roms
Aber auch fernab von Rom fanden rechte Besetzungen statt. Diese wurden von unterschiedlichen faschistischen Gruppen durchgeführt. Oft wurden die rechten Besetzungen in kurzer Zeit von der Polizei geräumt. So im Juli 2001 das Spazio Sociale Venerdi 13 in Vicenza64, in Catania im Jahr 2005, in Turin, Bari und Brescia im Jahr 2008 und in Ostia Lido im Jahr 2009. Auch die Besetzung eines leerstehenden Klosters in Neapel durch CasaPound am 12. September 2009 konnte sich nicht halten. Antifaschist*innen hatten kurzerhand in der Nähe des Hic Manebimus Optime (H.M.O.) (dt. Hier wird es uns sehr gut ergehen) eine eigene Besetzung inszeniert. Der neapolitanischen Polizei wurde die entstandene Dynamik zu viel und sie räumte beide Gebäude. Im März 2010 kam es in Pescia zu einer kurzfristigen symbolischen Besetzung und in Lamezia Terme scheiterte eine Occupazioni a Scopo Abitativo in dem gleichen Jahr nach kurzer Zeit.
Erfolgreich waren bzw. Bestand hatten folgende Besetzungen: Am 26. Dezember 2006 wurde im 70 Kilometer von Rom entfernt liegenden Latina ein leerstehendes Haus des italienischen Energiekonzerns Enel S.p.A. besetzt. Die Besetzer*innen nannten es CasaPound Latina. Im Dezember letzten Jahres feierte CasaPound Latina sein 12jähriges Bestehen.65 Am 9. April 2009 wurde das Spazio Libero Cervantes in der Via Santa Sofia 42 in Catania besetzt.66 Es existiert seit neun Jahren und ist das einzige Occupazione Non Conforme in Süditalien. Im Sommer 2017 sollen die Faschist*innen des Spazio Libero Cervantes geholfen haben, die rassistische und menschenfeindliche Anti-Migrationsaktion der so genannten »Identitären« mit dem Schiff C-Star vorzubereiten.
Außerhalb, aber noch zur Metropolitanstadt Rom zählend, wurde am 4. Juni 2007 in der rund 90.000 Einwohner*innen zählenden Stadt Guidonia Montecelio, das Casa d’Italia Colleverde besetzt. Bis in den Februar diesen Jahres bewohnten Besetzer*innen die ehemalige Schule in der Via Montebianco 27 im Stadtteil Colleverde. Obendrein diente die rund 30 Kilometer vom römischen Zentrum gelegene Immobilie als Konzert- und Veranstaltungsort diverser Gruppen der extremen Rechten, wie der Azione Tradizionale, Coordinamento Militante, RaiDo, aber auch von Nazi-Skinheads. Am 20. Februar 2019 wurde das Gebäude von der Polizei geräumt.67
Der Stand der Dinge
Längst ist die Nutzung der Aktionsform der Hausbesetzung durch extreme Rechte kein Novum mehr in Italien. Und vorbei sind die Zeiten, da Hausbesetzungen ein Primat emanzipatorischer, linker oder subkultureller Bewegungen waren. Schwerpunkt der Besetzer*innenbewegung von Rechts war bzw. ist Rom. Dabei ist in der Hauptstadt nicht allein die CasaPound Italia als Akteurin zu nennen. Parteinahe Strukturen der ehemaligen Alleanza Nazionale, vor allem aber die Forza Nuova, haben Besetzungen schon lange in ihren Aktionskanon integriert. Dabei ist es CasaPound Italia, die die Centri Sociali di Destra wie ein Gütesiegel für sich beanspruchen. Sie nutzt die Besetzungen zur Inszenierung als national-revolutionäre Bewegung und Special-Brand im transnationalen Export ihres Bewegungsmodells.
Im Jahr 2019 — nach 18 Jahren Besetzungen von Rechts — können die Centri Sociali di Destra landesweit nur auf sechs bestehende Squats verweisen. Und von diesen Centri Sociali di Destra kann CasaPound Italia lediglich drei Besetzungen auf sich verbuchen. Die Hauptstadt weist vier rechte Besetzungen auf. Davon hält CasaPound Italia zwei besetzte Objekte. Den Circolo Futurista Casal Bertone und die Via Napoleone III. Mit dem Foro 753 verfügen die der ehemaligen Alleanza Nazionale nahen Strukturen über eine langjähriges Zentrum und die Forza Nuova hält seit drei Jahren die Via Taranto im Stadtteil San Giovanni besetzt. Von den zwei außerhalb Roms liegenden Besetzungen ist nur die Besetzung in Latina der CasaPound Italia zuzurechnen.
Die Zeiten, in denen sich faschistische Neubesetzungen in Italien halten können, sind schon lange vorbei. Und auch die Besetzungen der Forza Nuova, die sie in ihren Kampagnen für ethnisch »rein italienische« Familien und/oder zur Vertreibung migrantischer Familien unternimmt, haben eine kurze Lebensdauer und weisen eher einen symbolischen Charakter auf. CasaPound Italia hat seit 2013 keinen wahrnehmbaren Besetzungsversuch mehr unternommen. Ihre letzte erfolgreiche Besetzung liegt elf Jahre zurück und wurde im Jahr 2015 geräumt. Die Bilanz, die CasaPound Italia aufzuweisen hat ist — gelinde gesagt — mickrig. Und das nicht nur im Vergleich zu den besetzten Zentren der Linken und der »Recht auf Wohnen«-Bewegung. Da hilft es wenig, wenn auf dem Wikipedia-Artikel zu den Centri Sociali di Destra für Rom neun, statt vier Besetzungen aufgezählt werden.68 Zu einer Aktualisierung des Wiki-Eintrags fehlt es den Autor*innen anscheinend an Mut.69 Nicht CasaPound Italia, sondern die Forza Nuova sind zur Zeit die Faschist*innen, die Hausbesetzungen als Instrument in ihrer Straßenmobilisierung und Kampagnenpolitik aktiv einbauen. CasaPound Italia hingegen ruht sich auf alten Lorbeeren aus.
Auch das Image der CasaPound Italia als Kämpferin für Wohnrechte steht auf schwachen Füßen. Ihr Narrativ, dass der Hauptsitz in der Via Napoleone III für in Not geratene italienische Familien eine Zuflucht darstellen würde, ist stark umstritten. Die Hauptstadtpresse bestreitet diese Selbstdarstellung und spricht mittlerweile vom »Grand Hotel CasaPound«70, das vorwiegend den eigenen Mitgliedern und Freund*innen zu Gute käme. Die Bewohner*innen würden sich jeder Kontrolle entziehen. Dadurch würde der Stadt Rom allein im Jahr 300.000 Euro Mieteinnahmen entgehen. Aufgerechnet auf die Jahre der Besetzung hätte CasaPound Italia der Stadt Rom ca. 4 Millionen Euro abgenommen. Und so wie die Kommune sich nicht um eine Räumung des Gebäudes kümmert, wird den Faschist*innen trotz des Decreto Lupi aus dem Jahr 2014 auch nicht der notwendige Strom und das Wasser abgesperrt.
Und auch die Funktion eines Sozialzentrums wird für den Hauptsitz der CasaPound Italia bestritten. Die Nachbarschaft würde, so die Presse, das Gebäude nicht als interaktiven sozialen Partner empfinden, sondern allein als ein politisches Zentrum, von dem dann und wann Patrouillen, so genannte »passeggiate per la sicurezza« (dt.: Sicherheitsspaziergänge), in den Stadtteil einsickerten, um eine faschistische Ordnungsmacht zu spielen und Anwohner*innen rassistisch zu drangsalieren. Indirekt passt dies auch zu der Selbstdarstellung der CasaPound, die von sich als eine »ambasciata d’Italia« (dt.: italienische Botschaft) in einem multi-ethnischen Stadtteil spricht.
Wann wird der Hauptsitz der CasaPound Italia geräumt?
Von 2003 bis 2008 wurden die rechten Besetzungen in Rom von dem sozialdemokratischen Bürgermeister toleriert, von 2008 bis 2013 von dem (post-)faschistischen Bürgermeister beschirmt und von 2013 bis 2016 ignorierten die Stadtoberen sie einfach. Seit Mitte 2016 hat Rom mit der 40jährigen Virginia Raggi von der Partei Movimento 5 Stelle eine neue Bürgermeisterin. Und seit Mitte 2018 hat Italien einen neuen Innenminister, Matteo Salvini. Salvini drängt seit Beginn seiner Amtszeit darauf, besetzte Häuser und Fabriken zu räumen. Und wenn es nach ihm geht sollen mindestens 22 von den fast 100 Besetzungen in Rom bis Ende des Jahres geräumt werden. Zweifelsohne stehen den linken Besetzungen in Rom und ganz Italien sehr harte Zeiten bevor. Was heißt dieser Räumungswille aber für die Centri Sociali di Destra und CasaPound Italia?
Schon im November 2017 ließ die amtierende Bürgermeisterin von Rom eine lange von der Verwaltung vergessene Räumlichkeit der Fratelli d’Italia – Alleanza Nazionale in der Colle Oppio räumen.71 Seit 1972 hatte zunächst die MSI, dann alle folgenden faschistischen Nutzer keine Miete gezahlt. Und zu Beginn des letzten Jahres war seit langem das erste Mal in der Presse die Rede davon, dass das internationale Aushängeschild der CasaPound Italia, die Via Napoleone III, geräumt werden solle. Die Führer der CasaPound Italia schäumten vor Wut. Gianluca Ianonne sprach davon, dass eine Räumung ein Kriegsakt wäre und sie bereit seien bei der Verteidigung des Hauses zu sterben: »Sarebbe [un] atto di guerra. [Siamo] Pronti a morire per difenderla.«72 Und Simone di Stefano prophezeite, dass sie die Via Napoleone III mit Zähnen und Klauen verteidigen würden: »Resisteremo con unghie e denti«.73
Dies war zu Zeiten des italienischen Wahlkampfs und die Ankündigungen erschienen als ein Wahlmanöver der Partito Democratico. Als dann aber am 22. Oktober 2018 eine angekündigte Abordnung der Finanzpolizei das Haus für eine Inspektion des Rechnungshofs auf Zustand, Mängel, Nutzung und Anzahl der Bewohner*innen untersuchen und betreten wollte, stellten sich ihr CasaPound-Mitglieder in den Weg und bedrohten die Beamten mit einem »Blutbad«. Sie verkündeten »Se entrate finisce nel sangue« (dt.: Wenn ihr eintretet, endet das im Blut).74 Die Inspektion der Immobilie und ihres Status wurde abgebrochen. Nach außen hin verkündete CasaPound, ihre Verweigerung einer Inspektion wäre zum Schutz der Würde der dort lebenden Familien erfolgt.75 Bedrohungen und Beleidigungen hätten Militante der CasaPound Italia nicht ausgesprochen. Für den 27. Oktober lud Simone di Stefano, der Parteisekretär der CasaPound Italia, zum »Tag der offenen Tür«. An diesem Tag präsentierten sich angeblich in dem Haus lebende Familien der Presse. Am 28. Oktober konnten die Finanzbeamten das Gebäude betreten und eine Inspektion vornehmen. Währenddessen trudelten die Solidaritätsadressen unterschiedlicher faschistischer Gruppen aus Kanada, den USA, Portugal, Spanien, Frankreich, Korsika, Serbien, der Schweiz und anderen Ländern in Rom ein und verkündeten das unzertrennliche Band der Kameradschaft mit den von Räumung bedrohten italienischen Kamerad*innen. Seitdem schwelt der Konflikt um eine anstehende Räumung. Im November letzten Jahres äußerte die Bürgermeisterin Virginia Raggi: »Casapound? Siamo pronti, conto su un sostegno del governo« (dt.: Casapound? Wir sind bereit, ich zähle auf die Unterstützung der Regierung).76
Ende Januar 2019 haben Movimento 5 Stelle und Partito Democratico im Gemeinderat der Stadt Rom mehrheitlich für eine umgehende Räumung der Via Napoleone III Nummer 8 gestimmt.77 Damit existiert auf der lokalen Ebene ein klarer Entscheid des Stadtrats zur Räumung der faschistischen Zentrale. Nun liegt die endgültige Entscheidung bei Matteo Salvini, dem rechtspopulistischen Innenminister Italiens. Salvini wurde befragt und äußerte, dass die Räumung von CasaPound nicht dringend sei. Derzeit ständen andere Projekte zur Räumung an.78
Es ist zu bezweifeln, dass der Innenminister seine Meinung ändern wird. CasaPound Italia war in dem Wahlbündnis Sovranità — Prima gli Italiani im Jahr 2015 sein Bündnispartner. Damals traf sich Salvini zum Essen mit der Führungsspitze CasaPound Italias in der Osteria Angelino dal 1899, dem Restaurant Gianluca Ianonnes in Rom.79 Gemeinsam trat man in Listen zu diversen Kommunalwahlen an und bestritt in Mailand und Rom gemeinsame Kundgebungen und Demonstrationen.
Im Mai 2018 zeigte sich der angehende Innenminister dann beim Endspiel Juventus gegen Milan im römischen Olympiastadion in einer Jacke der faschistischen Modemarke Pivert, die von CasaPound-Mitgliedern betrieben wird.80 Und erst Mitte Dezember 2018 bewarb Salvini das Buch Come la Sabbia di Herat (dt.: Wie der Sand von Herat) von Chiara Giannini, das im CasaPound-Verlag Altaforte Edizioni81 erschien. Aber auch jenseits dieser alltäglichen Distanzlosigkeit des neuen Innenministers Italiens zu Apologeten der faschistischen Diktatur unter Benito Mussolini, funktioniert die Arbeitsteilung zwischen den Faschist*innen der CasaPound Italia und der Lega hervorragend. So war es die CasaPound Italia, die wochenlang gegen die migrantische Besetzung der ehemaligen Penicillin-Fabrik LEO Roma in der Via Tiburtina im Stadtteil hetzte und Kundgebungen vor dem besetzten Gelände abhielt, bevor das Gebäude im Dezember 2018 von den Sicherheitsbehörden unter Anwesenheit des Innenministers Salvini geräumt wurde. Die Forderung der rechten Hausbesetzer*innen gegen die Besetzung der migrantischen Hausbesetzer*innen war »Basta Degrado: Sgomberiamoli!« (dt.: Schluss mit der Verwahrlosung: Räumen wir sie!)
Ein weiteres Aktionsfeld, das sich Lega und CasaPound Italia im letzten Jahr teilten war der Vigilantismus. Im vergangenen Sommer patrouillierten Gruppen von CasaPound- und Lega-Mitgliedern an italienischen Stränden, um migrantische Kleinsthändler an ihrem Mini-Erwerb — dem Verkauf von Decken, Sonnencreme, Wassereis, Melonen etc. — zu hindern und sie von den Stränden zu vertreiben. Die selbsternannten »passeggiate per la sicurezza« (dt: Sicherheitsspaziergänge), die nichts weiter sind als faschistischer Vigilantismus82 zur rassistischen Einschüchterung, Bedrohung und Vertreibung, setzen Salvinis Sicherheitsgesetze und seine rassistische Vertreibungspolitik faktisch um. Quasi ein faschistisches Vorexerzieren, wie sich die Lega und CasaPound Italia den italienischen Alltag vorstellen.
Geht es nach Salvini, so hat das Vorgehen gegen die von Linken besetzten Sozialzentren Vorrang. Laut Angaben des Innenministeriums gibt es in Italien 165 selbstverwaltete Sozialzentren, von denen sich 87 in einem legalen und 78 in einem illegalen rechtlichen Status befinden. 33 besetzte Zentren befinden sich in der Lombardei, davon 24 Besetzungen in Mailand. In Latium gibt es 28 selbstverwaltete Sozialzentren. Mit einer Ausnahme befinden sich alle in Rom. In Kampanien gibt es 15 Standorten, davon 7 in Neapel. In der Emilia Romagna gibt es 14 Besetzungen, davon 5 in Bologna. Und in der Toskana gibt es laut Innenministerium derzeit 12 soziale Zentren, von denen sich sieben in Florenz befinden. Andere Zentren folgen in anderen Regionen der Halbinsel.83 So zeigte sich Matteo Salvini am 13. Februar erfreut, dass im letzten halben Jahr fünf Besetzungen in Florenz geräumt wurden. Laut der Nachrichtenagentur Aska äußerte der Innenminister: »Die Maßnahmen zur Räumung der besetzten Gebäude hatten eine umgehende Priorität. … Zuerst mit der Ad-hoc-Richtlinie und dann mit dem Sicherheitsdekret haben wir effektive Instrumente zur Bekämpfung missbräuchlicher Besetzungen geschaffen. Von Worten zu Fakten.«84
Es ist davon auszugehen, dass der Hauptsitz der CasaPound Italia in der Via Napoleone III in der nächsten Zeit nicht geräumt wird. Somit wird Gianluca Ianonne, der »schwarze Herbergsvater« der Via Napoleone, wie ihn der deutsche Neurechte Martin Lichtmesz nannte, nicht in die Verlegenheit kommen und sich auf dem Altar der Nation für das faschistische Hauptquartier im Stadtteil Esquilino opfern müssen. Das Gebäude wird vermutlich noch eine Zeitlang als internationales Aushängeschild und zur Mythenbildung der »fascisti del terzo millennio« dienen. Und wie um ihre dauerhafte Präsenz zu unterstreichen, kündigte der Parteisekretär Simone di Stefano einen Tag nach dem Räumungsbeschluss aus dem Stadtrat die Kandidatur der CasaPound Italia für das EU-Parlament an.
Dieser Beitrag ist auch auf Antifra erschienen.
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