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Abgehängte Jugend.

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ai

Der letzte Bericht zur sozialen Lage der Nation des Forschungsinstitutes Censis offenbart eine grundlegende Malaise, in welcher das Land steckt. Es gibt sicherlich viele Faktoren, die den Zustand einer Gesellschaft beschreiben können; nur ein Gesamtbild ist meist objektiv, aber trotzdem sind die neuesten Ergebnisse laut dem jährlichen Bericht geradezu erschreckend:

  • Im Vergleich zur Jugend vor 25 Jahren haben die heutigen italienischen Jugendlichen ein um 26,5% geringeres Einkommen, während die ältere Generation (65+) im Vergleich ihr Einkommen um 24,3% steigern konnte.
  • Zum Durchschnitt der Bevölkerung haben die Haushalte mit weniger als 35 Jahren ein um 15,1% geringeres Einkommen und ihr Vermögen (“ricchezza”) ist um 41,1% geringer. Vor 25 Jahren waren die Einkommen der Jugend im Vergleich zur Gesamtbevölkerung um 5,9% höher.
  • Der Anteil der NEET (Not in Education, Employment or Training) ist mit 24,2% die höchste in ganz Europa.
  • 61,4% der Bevölkerung glauben, dass ihr Einkommen in den nächsten Jahren nicht steigen wird, ebenso sind 57% der Bevölkerung der Meinung, dass ihre Kinder und Kindeskinder schlechter leben werden als sie heute.
  • Gleichzeitig erleben die sogenannten Voucher einen Boom, in den Jahren 2008-bis 2015 wurden 277 Mio. davon ausgegeben. Im heurigen Jahr wurden bisher allein 70 Mio. Voucher für zeitlich befristete bzw. unregelmäßige Tätigkeiten registriert. Ein Zeichen, dass vor allem “lavoretti” boomen.
  • In diesem Zusammenhang ist es nicht verwunderlich, dass die Zahl der Geburten im Jahre 2015 mit 485.000 einen neuen Tiefstand erreicht hat. Die Zahl der Kinder pro Frau ist auf 1,35 gesunken, notwendig wären 2,1 um eine Bevölkerung zu erhalten. Der Anteil der Älteren (65+) ist mit 22% höher als jene der Jungen (0-18 Jahre: 16,5%).

Für mich sind diese Ergebnisse geradezu erschreckend. Der Trend der letzten Jahre hat sich verfestigt. Ein Gemeinwesen, welches nicht in der Lage ist, Zukunftsperspektiven für die eigene Jugend zu bieten, kann als gescheitert angesehen werden. Wenn jemand keine Aussicht auf eine geregelte und angemessen bezahlte Arbeit hat, dann wird er sicherlich nicht eine Wohnung kaufen und eine Familie gründen. Dieser Teufelskreis wirkt sich gesamtgesellschaftlich und gesamtwirtschaftlich immer stärker aus. Nicht geborene Kinder werden auch in Zukunft keine Nachfrage generieren und die ungeborenen Kinder ihrerseits wiederum keine Kinder bekommen — letztlich ein sich selbst verstärkender Prozess, der unweigerlich in eine immer tiefere Krise führen wird. Vor diesem Hintergrund ist das anstehende Verfassungsreferendum geradezu ein Witz. Wie soll dieses Land angesichts der Dynamik, wie sich eine Vielzahl an Indikatoren entwickeln, je wieder auf die Beine kommen? Vor allem ist es aber ein Verrat an unseren Kindern; diese himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass die ältere Generation geradezu auf Kosten der jüngeren Generation lebt, wird uns noch alle teuer zu stehen kommen.



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Comentârs

19 responses to “Abgehängte Jugend.”

  1. TirolaBua avatar
    TirolaBua

    Solche Studien haben nur die Aufgabe, Zwietracht zwischen den Jungen und Alten zu sähen und von den wahren Profiteuren abzulenken.
    PS: Es braucht nicht 2,1 Kinder um eine Bevölkerung zu erhalten. Dazu genügt auch Einwanderung. Was Du meinst ist “Volk”

    1. Rüegg avatar
      Rüegg

      Seh ich auch so. Man darf nicht auf solche Hetze reinfallen. Die Trennlinie ist nicht zwischen Alt und Jung sondern zwischen Arm und Reich.
      Beispiel Florenz: Die reichsten Familien sind diesselben wie vor 600 Jahren
      https://de.sputniknews.com/gesellschaft/20160615310638084-reich-deutschland/
      Eine Vermögens- und Erbschaftssteuer brauchts die den Namen auch verdient.

      Wegen der Geburten mach ich mir keine Sorgen. Künftige Generationen haben vielleicht wieder drei Kinder zum Standard. Vielleicht steigt auch die Lebenserwartung deutlich. Ansonsten schadet es nichts mehr Platz und mehr Natur zu haben.
      Vor 1000 Jahren gabs noch viel weniger Einwohner.

      Einwanderung über ein gewisses Maß hinaus bringt nur Probleme und Ärger. Außerdem bedeutet es daß es woanders nicht gut läuft oder man ärmeren Ländern Fachkräfte entzieht und damit diese Länder in der Entwicklung behindert.

      1. succus avatar
        succus

        Welche Hetze? Ich habe versucht, anhand von Daten zu argumentieren. Jeder, der meint, alles sei nicht so schlimm, dem empfehle ich die Lektüre der “cervelli in fuga” auf ilfattoquotiodiano. Wenn die Jungen das Land verlassen müssen, um eine anständige Beschäftigung zu erhalten, dann gibt es eine Schieflage, die nicht ignoriert werden kann.

      2. Libertè avatar
        Libertè

        Wenn die Jungen das Land verlassen müssen,

        Dann hat man eben eine gemeinsame Währung und einen gemeinsamen Wirtschaftsraum! Zum Glück!

      3. Rüegg avatar
        Rüegg

        Dann hast du nicht verstanden was ich geschrieben habe.
        Du kannst gern auch selbst nach anderen Quellen zur Reichtums-Studie recherchieren. Florenz ist fast überall. Wenn wenige Reiche ihr Geld im Ausland anlegen, die Politik korrumpieren, damit spekulieren oder einfach nur anhäufen so schadet es jeder Volkswirtschaft. Dies hat nun mal Auswirkungen auf die Jungen die noch nicht fest im Beruf stehn.
        Es sind NICHT die Alten die die Jungen ausbeuten sondern die Reichen!

        Ich hatte schon mal auf einige Internetadressen hingewiesen die sich lohnen sie täglich zu lesen.

        Die FAZ und die Rente: Lasten für die Jungen?


        Lasten für die Jungen?

        Die Anstalt: Demontage der gesetzlichen Rente

        Wie da mit geradezu krimineller Energie und/oder sträflicher Dummheit ein frei erfundener “Generationenkonflikt” (BILD “Generationenverrat!!!”, Focus “Verschwörung gegen die Jüngeren” oder SZ “Betrug an der jungen Generation”) aus dem Hut gezaubert, die – propagandistisch brillante – Demografie-Lüge intoniert und eine absurde “Rentenformel” ausgedacht wurde(n), die zu einer katastrophalen Rentenkürzung führte, ist einfach abenteuerlich.

      4. TirolaBua avatar
        TirolaBua

        @Libertè
        Ja, der Mensch von heute soll ein identitätsloser, heimatloser Konsument und Arbeiter sein.

      5. succus avatar
        succus

        Die Trennlinie ist nicht zwischen Alt und Jung sondern zwischen Arm und Reich.

        Klar auch zwischen Arm und Reich. Nur wer ist arm und wer ist reich? Der Beitrag beleuchtet ja genau diesen Aspekt, wenn es zu intergenerationellen Verschiebungen kommt, dann sollten doch die Alarmglocken läuten. Fakt ist, dass in Italien – aber auch in vielen anderen Ländern, die Mittelklasse abschmilzt. Auch ich bin dafür, dass Vermögende stärker zu Kasse gezogen werden. Trotzdem sollten auch andere Aspekte beleuchtet werden. Ich habe nicht die Detaildaten, man müsste aber die Medianeinkommen der Jüngeren und Älteren genauer analysieren; ich denke, sie wären sehr aufschlussreich, vor allem wenn Zeitreihen betrachtet werden. Die zum Teil verlinkten Seiten nehmen stark Bezug auf umlageorientierte Verfahren bei der Rente, in Italien wird aber schon lange das beitragsfinanzierte Verfahren angewandt. Wenn nun die jüngeren im Vergleich zu den Älteren massiv (was ich annehme) weniger einzahlen können, dann ist das für die Zukunft äusserst problematisch.

      6. Rüegg avatar
        Rüegg

        Wenn die Jungen nicht mehr genug für die Rente einzahlen können dann ist es weil Reiche es ihnen nehmen. Z.B. durch Verlagerung von Jobs ins Ausland das durch Handelsabkommen erleichtert wurde, Niedriglöhnen, schwachen Gewerkschaften oder anderer neoliberalistischen Maßnahmen.
        Ich bin der Meinung Leistung soll sich lohnen, Erben u. Vermögenseinkommen sind aber keine Leistung.
        Reich sein fängt bei Vermögen über eine Million an. Vermögens- und Erbschaftssteuer könnte man progressiv ausgestalten, meinetwegen auch bis zu einer Steuerhöhe von 100% mit Freibetrag bei sehr hohen Erbschaften. Dann gäbe es keine Geldaristokraten mehr.

      7. Karl-Heinz avatar
        Karl-Heinz

        Rüegg

        Reich sein fängt bei Vermögen über eine Million an

        Naturgesetz? :-)
        Bei den Grünen in Deutschland bei Gehältern ab 5.000 Euronen, nach dem Motto “Weniger Netto vom Brutto”

        Frage natürlich auch, was ist, wenn das Geld der “Reichen” verfrühstückt ist? Kommen dann die weniger Reichen an die Reihe?

      8. rüegg avatar
        rüegg

        Da bringst du jetzt zwei Dinge durcheinander. Vermögen und Einkommen sind etwas unterschiedliches.
        In D sind, soweit mir bekannt, gerade CDUCSUSPD an der Regierung. Nein die Grünen sind nicht in der Regierung. Dort gilt ein Spitzensteuersatz von 42% ab 54.000 u. 45% ab 254.000
        https://de.wikipedia.org/wiki/Einkommensteuer_%28Deutschland%29

        Dein Denkfehler ist zu meinen daß es dir etwas bringt wenn Reiche ihr Geld im Ausland zB Delaware anlegen. Im Gegenteil, dieses Geld wird dem Geldkreislauf der Volkswirtschaft hier entzogen und im schlimmsten Fall noch in Fonds von Blackrock, JPMorgan, Goldman Sachs usw angelegt die damit weltweit spekulieren, auch mit Lebensmittel, in Rüstung investieren u.ä.

      9. Karl-Heinz avatar
        Karl-Heinz

        Dein Denkfehler ist zu meinen daß es dir etwas bringt wenn Reiche ihr Geld im Ausland zB Delaware anlegen.

        Das denke und schreibe ich doch gar nicht.

    2. Karl-Heinz avatar
      Karl-Heinz

      zu sähen

      Mit dem Zweiten säen Sie besser ;-)

  2. Succus avatar
    Succus

    Interessanter Beitrag auf Telepolis zur Lebenszufriedenheit der Italiener:

    Die Lebenshaltungskosten sind in Italien außerdem extrem hoch. Italienische Löhne liegen um 20% unter dem EU-Durchschnitt, was im Monat einen Unterschied von bis zu 500 € ausmacht. Die täglichen Ausgaben liegen allerdings bei 64% des Gesamteinkommens, sprich 7% über dem EU-Durchschnitt. Die hohe Steuerbelastung und die größere Belastung des Einkommens verhindern de facto die Bewältigung der Wirtschaftskrise. Die Nebenkosten einer Wohnung sind 18,7% höher als durchschnittlich in der EU und die privaten Verkehrsmittel scheinen fast ein Luxus zu sein. Volltanken kostet in Italien nämlich 11,5% mehr als in anderen EU-Ländern.

  3. Karl-Heinz avatar
    Karl-Heinz

    Vor allem ist es aber ein Verrat an unseren Kindern; diese himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass die ältere Generation geradezu auf Kosten der jüngeren Generation lebt, wird uns noch alle teuer zu stehen kommen.

    Die ältere Generation sagte in ihrer Jugend “Trau’ keinem über 30” Tempora mutantur usw

    Hier ein Vergleich
    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/74795/umfrage/jugendarbeitslosigkeit-in-europa/

    Vermutlich sieht’s bei den Schweizern noch besser aus.

    1. pérvasion avatar

      Wobei die Situation in Deutschland zwar um Welten besser ist, als in Italien, aber auch dort viele »Arbeitslose« in Fortbildungsmaßnahmen, 1-Euro-Jobs u.v.m. »unsichtbar gemacht« werden.

      1. TirolaBua avatar
        TirolaBua

        Und dann heißt es, Deutschland ist nach “links” gerutscht. Am meisten profitieren die Superreichen und Multinationalen Konzerne. Deswegen handelt es sich ganz klar rechte Politik.

      2. Karl-Heinz avatar
        Karl-Heinz

        Ja, klar.

        Ein interessantes Buch zur Jugendarbeitlosigkeit (habe es bisher nur bei einem Freund durchgeblättert)

        Bücher

        Akademisierungsfalle

  4. Waldgänger avatar
    Waldgänger

    Ich kenne “unten” mehrere Jugendliche und junge Erwachsene, die von den Pensionen der Eltern, von alleinstehenden Onkels und Tanten, von Großeltern leben.
    Währenddessen vergehen Jahre, ohne für die eigene Pension einzuzahlen.
    Eine fürchterliche Abwärtsspirale, die mittelfristig auch Süd- und Welschtirol erfassen könnte.
    Wer kann, geht.
    Soll das unsere Zukunft sein?

    1. ProEuregio avatar
      ProEuregio

      … soll das unsere Zukunft sein ?
      Bevor unsere Jugend auswandert wird sie sich schon auch einmal mit anderen Visionen beschäftigen …
      Muss ich mich – zum X-ten Mal – wiederholen …?

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