Frankreich gilt gemeinhin als Minderheitenfresser unter den europäischen Staaten, eine Einschätzung, die nicht weit von der Realität entfernt sein dürfte. Dennoch tut sich auch dort, gerade angesichts der äußerst widrigen Grundvoraussetzungen Erstaunliches in Bezug auf die regionalsprachliche Vielfalt.
Vorreiter ist hier wohl — auch aufgrund der Insellage — Korsika, wo seit den letzten Wahlen sogar eine Koalition aus Autonomistinnen und Unabhängigkeitsbefürworterinnen regiert.
In den zu Frankreich gehörenden Teilen Kataloniens und vor allem des Baskenlandes wirken hingegen die (jeweils größeren) zu Spanien gehörenden Teilgebiete (Südkatalonien respektive Hegoalde) als Vorbilder und Katalysatoren.
Aber auch in der Bretagne ist spätestens seit den 1990er Jahren einiges in Bewegung geraten. Zwar war die bretonische Sprache (die nur im Westteil der Bretagne beheimatet ist) bereits fast vollständig ausgerottet, doch inzwischen erlebt sie eine vorerst noch zarte Renaissance.
Dazu trägt unter anderem das — übrigens mit bretonischem Internetsuffix (.bzh) auftretende — Ofis Publik ar Brezhoneg als oberste Sprachförderungsinstanz bei, welches seit seiner Gründung im Jahr 1999 unzählige teils äußerst kreative Initiativen umgesetzt hat.
Vom Ofis stammt auch ein übersichtlicher Leitfaden für öffentliche Verwaltungen und private Unternehmerinnen, der Regeln und Hinweise zur Erstellung zweisprachiger Schilder und Beschriftungen beinhaltet.
Aus Südtiroler Sicht dürften hier besonders die Empfehlungen zur Ortsnamensgebung von Interesse sein, weil wir zumindest in diesem Bereich auch der Bretagne hinterherhinken:
Auszug Leitfaden
Neben der bereits sehr plakativen, selbsterklärenden Grafik (rechts im Bild), mit der veranschaulicht wird, dass weder die französische bzw. französisierte, noch die bilinguale Angabe von Ortsnamen empfehlenswert sei, sondern ausschließlich die ursprüngliche Bezeichnung in bretonischer Schreibweise, wird im Text ausdrücklich auf die Expertengruppe der Vereinten Nationen für Geographische Namen (UNGEGN bzw. GENUNG) Bezug genommen. Dabei wird explizit betont (Fettschrift), dass das Ortsnamensgut nicht mit Zweisprachigkeit verwechselt werden dürfe.
Diese Vorgaben sind umso beachtlicher, wenn man bedenkt, dass der Leitfaden vom französischen Ministerium für Kultur und Kommunikation in Paris mitherausgegeben wurde.
Wer die Gelegenheit hatte, den Westteil der Bretagne zu bereisen, wird sicherlich bemerkt haben, dass ein ganz erheblicher Teil der Ortschaften (Fraktionen, Weiler, aber auch Bäche, Hügel etc.) tatsächlich den Empfehlungen des Ofis gemäß nur in ihrer bretonischen Form angegeben werden.
Cëla enghe: 01
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