Gestern ist in der Süddeutschen Zeitung ein Interview mit Arno Kompatscher (SVP) erschienen. Darin lässt der Landeshauptmann mit mehreren interessanten Aussagen aufhorchen.
So behauptet er zum Beispiel einmal mehr, Südtirol behalte 90% seines Steueraufkommens. Eine Auffassung, die von der Südtiroler Wirtschaftszeitung, Wirtschafts- und Sozialforscher Thomas Benedikter oder dem Trentiner Ex-Landeshauptmann Lorenzo Dellai genausowenig geteilt wird, wie von .
Ferner spricht er erneut davon, dass die Zustimmung Italiens zur Selbstbestimmung unseres Landes »unrealistisch« sei — obwohl diese Forderung vonseiten der Südtiroler Landesregierung noch gar nie offiziell und konkret artikuliert wurde. Dabei können sich die Voraussetzungen auch für den »Realismus« manchmal relativ schnell ändern.
Nicht zuletzt gibt der Landeshauptmann aber offen zu, dass er — Realismus hin oder her — von einem eigenen Staat sowieso nichts hält:
SZ: Rechtsgerichtete Südtiroler verlangen das Modell eines Freistaats oder den Anschluss an Österreich. Warum lehnen Sie solche Vorschläge ab?
Der Nationalismus des 20 Jahrhunderts mit den beiden Weltkriegen ist die Ursache für unsere Situation. Die Südtirol-Frage nationalstaatlich beantworten zu wollen, bringt nur neue Konflikte und gefährdet all das, was wir erreicht haben. Mit der Europa-Region Tirol-Südtirol-Trentino haben wir die Chance auf eine Art von Wiedervereinigung der historischen Grafschaft Tirol auf europäischem Wege.
Dass es nicht nur rechtsgerichtete SüdtirolerInnen sind, die sich für einen unabhängigen Staat aussprechen, und es demnach auch progressive und inklusivistische Vorschläge gibt, hat sich bis München offenbar noch nicht herumgesprochen. Warum aber ein unabhängiges Südtirol per se eine nationalstaatliche Antwort sein sollte, ist unverständlich. Unser Land wäre geradezu dafür prädestiniert, ein mehrsprachiges, nicht national definiertes staatliches Gebilde zu sein.
Aber natürlich: Die Euregio ist da schon viel realistischer… gerade in Zeiten von Grenzzäunen.
Scrì na resposta