Das Bozner Landesgericht hat vor wenigen Tagen die Malser Volksabstimmung von 2014 für illegal und ungültig erklärt.
Dazu einige Überlegungen:
- Die Abstimmung mag vielleicht nicht 100% legal gewesen sein, aber sie war durch und durch demokratisch. Alles andere ist zweitrangig.
- Geklagt hatte der Bauernbund. Das ist sein gutes Recht — er muss sich aber bewusst sein, dass er zwar gegen eine (formell) nicht rechtskonforme Abstimmung, aber nicht gegen den (substantiell) demokratischen Willen der Bevölkerung klagen kann. Wenn die Bäuerinnenvertreter glauben, mit juristischen Mitteln gegen das Ergebnis einer demokratischen Abstimmung vorgehen zu müssen, dürfen sie sich auch Gedanken über den Rückhalt der Landwirtschaft in der Bevölkerung machen.
- Ein illegal errichtetes Bauwerk kann man gegebenenfalls wieder abbrechen. Den einmal zum Ausdruck gebrachten Mehrheitswillen jedoch nicht mehr rückgängig machen.
- Die Gemeinde Mals hatte die neue Pestizidregelung nicht direkt von den Abstimmenden einführen lassen, sondern auf Grundlage des Abstimmungsergebnisses neue Vorschriften erlassen. Diese sind deshalb nicht unmittelbar vom Gerichtsurteil betroffen.
- Bei der Umsetzung des demokratisch ermittelten Bevölkerungswillens war die Gemeinde so vorgegangen, dass sie möglichst im Rahmen ihrer Zuständigkeiten bleibt. Gerade bei so wichtigen Themen wie der öffentlichen Gesundheit ist es aber durchaus legitim, die Grenzen des Machbaren auszureizen.
- Es ist müßig zu behaupten, dass die Bevölkerung über den Sachverhalt nicht zu befinden habe, weil sie mit der Materie nicht hinreichend vertraut sei — und nur »die Wissenschaft« sagen könne, ob Pestizide gefährlich und somit zu verbieten seien.
Denn erstens ist die Wissenschaft weder neutral, noch unfehlbar: auch Asbest und Zigaretten galten einst als unbedenklich. Und zweitens kennen wir in Europa das sogenannte Vorsorgeprinzip, nach dem durchaus ohne wissenschaftliche Gewissheit eine politische Entscheidung zum Schutz der Bevölkerung erlassen werden kann und soll.
Wenn sie sich nicht entmutigen lassen, müssen wir den Malserinnen und Malsern aus demokratischer Sicht sehr dankbar sein.
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