CC BY-SA 4.0 Emmelie Callewaert
Wenn man sich als Selbstbestimmungs- oder gar Unabhängigkeitsbefürworter outet, landet man in Südtirol (und wahrscheinlich nur in Südtirol) schneller als man “Blaubeerpfannkuchen” sagen kann im rechten Eck. Zumindest wird aber gefordert, dass man sich von den Freiheitlichen oder der Süd-Tiroler Freiheit abgrenzt.
Für alle, die immer noch nicht kapiert haben, dass ein Prozess und ein Ziel nicht dasselbe sind und dass ein und derselbe Prozess zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann, die nicht notwendigerweise etwas miteinander zu tun haben müssen, hab ich hier eine kleine Analogie.
Angenommen, die Menschen in einem Land möchten die Methoden ihrer Energiegewinnung hinterfragen und neu regeln (Selbstbestimmung). Viele sind mit der derzeitig vorherrschenden Form – nämlich der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen (Nationalstaatliches System) – nicht einverstanden. Die Vertreter der Atomenergie (Freiheitlicher “Freistaat”, Angliederung an Österreich) und die Vertreter erneuerbarer Energien – wie Wasser, Wind und Sonne (-Modell) sind freilich für die Abkehr von der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen in diesem Land. Nun gibt es aber auch Menschen, die aus Angst, dass die Atomenergie die Abstimmung darüber gewinnen könnte, eine solche um jeden Preis verhindern möchten. Sie beharren darauf, weiter auf fossile Brennstoffe zu setzen, da sie ja einen Mundschutz (Autonomie) tragen, ohne die erneuerbaren Energien auch nur in Betracht zu ziehen, geschweige denn, deren Vorteile hervorzustreichen. Mehr noch, sie schießen sich fortwährend auf die Atomkraft ein, die gefährlich und rückwärtsgewandt, ja noch schlimmer als die fossilen Brennstoffe sei, und behaupten, dass die erneuerbaren Energien genau das gleiche wären. Und wenn schon nicht genau das gleiche, dann sind sie zumindest dubios und müssten erstmal beweisen, dass sie mit Atomkraft nichts am Hut haben. In jedem Fall ist das Risiko, auf erneuerbare Energien zu setzen, zu groß. Ein gefährliches Experiment. Die Coolsten sind überhaupt jene, die einen Ausstieg aus der fossilen Energie zwar grundsätzlich befürworten, aber erst dann, wenn diese durch die Schadstoffbelastung derart großen Schaden angerichtet hat, dass die Menschen trotz Mundschutzes keine Luft mehr bekommen oder wenn man ihnen den Mundschutz ganz wegnimmt (SVP). Eine Alternative zu den fossilen Brennstoffen mit Mundschutz bieten besagte Kritiker dabei allerdings nicht an. Sie können sich ja nicht einmal mit dem Ausstiegsszenario anfreunden.
Kurz gesagt: Wind, Wasser und Solar werden mit Atomkraft in einen Topf geworfen und müssen sich von letzterer abgrenzen, sich distanzieren, sich für die Forderung nach einer Energiewende rechtfertigen. Der Ausstieg aus fossiler Energiegewinnung wird abgelehnt, weil ihn (auch) die Atomlobby fordert. Man beharrt auf einer Form der Energiegewinnung, von der man weiß, dass sie schädlich ist. Etwas Neues zu probieren ist aber ein zu großes Risiko und ein gefährliches Experiment. Jedenfalls sollte erst dann an einen Ausstieg gedacht werden, wenn die Schadstoffbelastung durch fossile Energieträger unerträglich wird.
Klingt alles recht absurd, oder? Doch genau das widerfährt uns auf nahezu tagtäglich. Exakt auf diesem Niveau wird in Südtirol die Diskussion zu Selbstbestimmung und Unabhängigkeit geführt – von Menschen, die sich selbst als vernunft- und reflexionsbegabt betrachten.
In diesem Sinne und ganz offiziell: distanziert sich von Atomkraft.
Scrì na resposta