Mir ging es um einen Widerspruch, der für mich darin besteht, sich als links stehend per se für moralische Wahrheitsbesitzer zu halten und zugleich Andersdenkende als Dreck und Abschaum zu bezeichnen. Unter Links verstehe ich etwas anderes. Gerade von aufgeklärten Zeitgenossen erwarte ich, dass sie die Gefahren einer gespaltenen Gesellschaft ernst nehmen, und die Argumentation, die anderen seien ja auch böse, irritiert mich bei Erwachsenen. […] Spießer sind alle, die nicht nachdenken müssen, um zu wissen, was gut und was böse ist, daran hat sich seit Horvath nichts geändert. Es gibt sie unter den linksintellektuellen Eliten genauso wie an den Stammtischen der sogenannten einfachen Leute. Nur erwarte ich mir von grundsätzlich reflexionsbegabteren Menschen mehr als automatisierte Reaktionen und chronischen Alarmismus.
Der österreichische Autor Thomas Glavinic sorgte unlängst mit eine Facebook-Posting für Aufsehen, in dem er seinen linken Freunden (er hat nach eigener Auskunft fast nur solche) die Leviten liest. In einem lesenswerten Kurier-Interview spricht Glavinic über moralische Überlegenheit, Spießer und den Eindruck, dass wir Unordnung importieren, anstatt Ordnung zu exportieren.
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