Am Sonntag ist die Tagesschau — mit mäßigem Erfolg — der Frage nachgegangen, warum in Bozen viele Bars von chinesischen Mitbürgern übernommen werden. Die Antwort darauf halte ich nicht wirklich für relevant; mich freut es, wenn Zuwanderer (auch, aber nicht nur) dort weitermachen, wo Einheimische nicht mehr mögen. In diesem speziellen Fall bewahren sie die Landeshauptstadt vor einem weitgehenden Lokalsterben.
Im erwähnten Bericht wurde ein Chinese auf Deutsch befragt — und eher beiläufig die (wohl übertriebene) Bemerkung gemacht, es handle sich um den wahrscheinlich einzigen Chinesen in Südtirol, der Deutsch spricht. Warum er die deutsche Sprache beherrscht: Seinen eigenen Angaben zufolge, weil er mehrere Jahre in Berlin gearbeitet hat! Der Chronist schien nicht verwundert, dass andere Chinesen — in Südtirol selbst — angeblich nicht Deutsch lernen.
Dabei sollten da bei wirklich jedem Südtiroler die Alarmglocken schrillen. Wir scheinen weder aus der Erfahrung anderer Länder, noch aus unserer eigenen Vergangenheit gelernt zu haben — als wir über Jahrzehnte verabsäumt haben, die Integration zwischen den Sprachgruppen zu fördern. Aufgrund der Rahmenbedingungen und der heiklen Vorgeschichte war dies vielleicht nicht immer leicht. Doch im Sinne eines funktionierenden gesellschaftlichen Zusammenhalts und einer altruistischen Aufnahmekultur wären wir jetzt umso mehr verpflichtet, den neuen Südtirolern die bestmögliche sprachliche Integration anzubieten.
Wir haben die einmalige Chance, die Zuwanderer zu einem Bindeglied zwischen den Sprachgruppen zu machen. Schaffen wir das nicht, tragen wir im Gegenteil dazu bei, die Gesellschaft weiter aufzusplittern, schlimmstenfalls weitere Parallelgesellschaften entstehen zu lassen und die Ausländer somit zu neuen, ahnungslosen Opfern eines geteilten Landes zu machen.
Es liegt an der Politik, aber auch an jedem von uns — indem wir den Zuwanderern die Gelegenheit geben, alle drei Landessprachen zu sprechen.
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