Die Tageszeitung berichtete am 21. Jänner 2016 darüber, dass Cristian Kollmann von der STF zweimal beim Verwaltungsgericht mit einem Rekurs gegen Einsprachigkeit bei der italienischen Post abgeblitzt ist.
Vorvergangenes Jahr (Urteil 236/2014) hatte das Verwaltungsgericht Kollmanns Rekurs gegen eine Reihe einsprachiger Formulare, die der Aktivist der Südtiroler Freiheit in einem Postamt aufgelesen hatte, als unzulässig abgewiesen. “Es fehlte ihm jegliches aktuelles Interesse auf Nichtigkeitserklärung der mitgenommenen Formulare”, hieß es in der Urteilsbegründung.
Das Gericht entdeckte zudem keinen Nachweis, dass Kollmann ein Telegramm verschicken wollte – er hatte auch einen ausschließlich italienischen Telegramm-Vordruck angefochten.
In der Folge reichte Kollmann immer laut TAZ einen zweiten Rekurs ein:
Das Gericht sprach im Urteil 236/2014 von einem “Missbrauch der Nichtigkeitsklage” und verdonnerte Kollmann zur Zahlung von 500 Euro.
Kollmann bemängelte mit seinem zweiten Rekurs die Einsprachigkeit der Zahlungsaufforderung und beantragte ihre Nichtigkeit. “Im Anlassfall handelt es sich um eine Zahlungsaufforderung, die nicht mit dem Postdienst im Zusammenhang steht. Eine rein zivilrechtliche Angelegenheit zwischenzwei privaten Rechtsträgern, aber keine hoheitliche Verwaltungsmaßnahme”, heißt es dazu im nun ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts, das Kollmanns Rekurs gegen die Zahlungsaufforderung folglich abgewiesen hat.
Nun, was lehrt uns diese Geschichte:
- Artikel 99 des Autonomiestatuts schreibt fest, dass die deutsche und die italienische Sprache in Südtirol gleichgestellt sind. Dies scheint in vielen Bereichen nach wie vor lediglich ein Papierartikel zu sein und immer wieder versucht die italienische Gerichtsbarkeit diese Gleichtstellung einzuschränken. So etwa als der EuGH Italien dazu verurteilte, die Gleichstellung der Sprachen auch für alle EU-Bürger und in Folge auch für Nicht EU-Bürger herzustellen.
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- Nun argumentiert das Verwaltungsgericht dahingehend, dass Kollmann kein Anrecht auf zweisprachige Formulare hätte, da ihm jegliches aktuelle Interesse fehle und auch kein Nachweis erbracht wurde, dass Kollmann tatsächlich ein Telegramm versenden wollte.
Mit anderen Worten: Wenn jemand in Südtirol in einem öffentlichen Gebäude die Gebrauchsanweisung für den Feuerlöscher nur auf Italienisch vorfindet, wäre dies dann auch kein Verstoß gegen die Gleichstellung der Sprachen. Es liegt ja kein aktuelles Interesse vor. Dieses liegt erst dann vor, wenn der Dachstuhl lichterloh brennt und der Feuerlöscher tatsächlich verwendet werden muss.
Ein höchst sonderbarer Ansatz unseres Verwaltungsgerichtes. - Das zweite Urteil befreit die Post von der Verpflichtung, eine Zahlungsaufforderung auch auf Deutsch zuzusenden, weil das nicht zum Kerngeschäft der Post zählt.
Auch dies ein höchst sonderbarer Ansatz, der die deutsche Sprache in Südtirol zur Sprache der 2. Liga degradiert und die Gleichstellung der Sprachen nicht neuen Erfordernissen anpasst. - Es fällt auf, dass Verstöße gegen die Zweisprachigkeit vorwiegend von Parteien aufgeworfen werden, die laut einer These des Politologen Günther Pallaver — deren wissenschafliche Begründung wohl nur er selber kennt und sich jeglicher objektiver und seriöser Grundlage entziehen dürfte — autonomiefeindlich sind.
- Der SVP scheinen diese Verstöße ziemlich gleichgültig zu sein. Erst kürzlich erklärte Landeshauptmann Kompatscher, dass ihn die Verletzung der Zweisprachigkeit nerve. Fast klang dies so, als ob er offenlassen wollte, ob ihn mehr die Verstöße oder das beherzte Engagement der STF nerve.
- Den sogenannten Autonomieparteien wie PD und Grüne usw. — immer laut Günther Pallavers abenteuerlicher Einteilung in autonomiefreundliche und autonomiefeindliche Parteien — scheinen diese Verstöße sowieso völlig egal zu sein. Man philosophiert in diesen Kreisen lieber über den plurilinguismo und über die Immersionsschule. Damit dürfte man das Kind dann vollends mit dem Bade ausschütten.
- Ein wesentlicher Teil des Engagements der sogenannten Selbstbestimmungsparteien gilt Themen, die eigentlich zum Kernbereich der sogenannten Autonomieparteien zählen, die aber von letzteren in keiner Weise wahrgenommen werden.
Langer Rede kurzer Sinn: Die lingua franca nazionale spielt in Südtirol in der Champions League und Deutsch muss sich in wesentlichen Bereichen immer noch mit der Kreisliga begnügen. All dies 27 Jahre nachdem mit dem DPR 574/1988 die Durchführungsbestimmungen zur Gleichstellung der Sprachen erlassen wurden.
Und anstatt diese Durchführungsbestimmungen progressiv neuen Entwicklungen anzupassen, versucht die Gerichtsbarkeit, den Anwendungsbereich laufend einzuschränken.
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