RESI hat die Schnauze voll…
…von einer Welt, in der Menschen nur noch funktionieren. RESI will wieder frei atmen. Will wieder Herzen schlagen hören. RESI will wieder lachen, weinen, zuhören, träumen. RESI will wieder tanzen! Aber wer bringt den Sound für RESIS TÅNZ?
Mein Redebeitrag beim heutigen Resistånz-Festival in der Lananer Gaulschlucht (auf Einladung der mitorganisierenden Initiative für mehr Demokratie):
Zu fortgeschrittener Stunde möchte ich euch nochmal kurz entführen, von ‘cantus’, dem lateinischen Wort für Musik, Gesang – zu ebenfalls ‘cantus’: Ecke oder Kante. Aus dieser »Ecke« hat sich der Begriff »Kanton« entwickelt, der heute mitten in Europa, in der benachbarten Schweiz für einen Ort der Selbstverwaltung, der Selbstverwirklichung und der demokratischen Souveränität steht.
‘Ciantun’ ist noch heute das ladinische Wort für »Ecke« und dieser ‘Ciantun’ ist der Ort, von dem aus wir, der Souverän, wieder Kante zeigen und mitgestalten sollten. Kante zeigen sollten wir für mehr Demokratie und für mehr Europa — besser gesagt: für das »demokratische Versprechen« und das »europäische Versprechen«, die beide noch immer abstrakt und weit davon entfernt sind, eingelöst zu sein.
Was sagt uns das demokratische Versprechen? Dass wir — der ‘demos’ — der Souverän sind und letztendlich über unser Zusammenleben, über die Form unserer Selbstorganisation, über das, was wir anstreben und was wir ablehnen, frei entscheiden können.
Was Mals gezeigt hat, sollte sich auch Südtirol und sollten sich auch all die anderen Regionen und Ecken Europas zutrauen!
In Mals haben sich die Menschen nicht formaljuristisch vorschreiben lassen, ob sie eine Meinung zu einem für ihre unmittelbare Lebenswelt wichtigen Thema haben — und zum Ausdruck bringen — dürfen. Sie haben es einfach gemacht. Und jetzt muss dieser Willensbekundung so weit es möglich ist Rechnung getragen werden. Das bringt Veränderung.
Solche Veränderung kann nur von unten entstehen, in jenem Rahmen, der unsere Lebenswelt bildet, wo wir Verantwortung spüren und tragen, wo »Gemeinwohl« keine leere Phrase ist.
Das zweite, das europäische Versprechen, war Frieden durch die Überwindung der Nationalstaaten, eine pluralistische Gesellschaft aus wirklich selbstbestimmten Bürgerinnen und Bürgern. Dieses Versprechen ist unmittelbar aus dem Ende von Diktatur und Zerstörung hervorgegangen und somit unzertrennlich mit der Demokratisierung verknüpft.
Wir alle wissen, wie weit sich das heutige Europa von diesem ursprünglichen Versprechen wegentwickelt hat, hin zu bürgerfernen Machtkonglomeraten, zur Befriedigung von Einzelinteressen und zu Monstrositäten wie dem TTIP-Abkommen.
Wir stehen vor wichtigen und potenziell unwiderruflichen Weichenstellungen. Wird Europa trotz allem noch zu einem Europa der Bürgerinnen und Bürger anstatt zu einem Europa der nationalstaatlichen Machtzentren?
Es liegt an uns allen, vor Ort, an all den Ecken des gemeinsamen Kontinents aktiv zu werden, mitzugestalten und uns unserer Lebenswelten anzunehmen, indem wir uns jenen übergeordneten und absichernden Rahmen zunutze machen, den uns das ursprüngliche Projekt Europa erschaffen hat.
Während der kommenden Jahre soll unser Kontinent von oben herab umgebaut und in Makroregionen unterteilt werden, die ersten sind bereits entstanden — der Ostseeraum und der Donauraum, und was dort geschieht ist alles andere als vielversprechend. Wir sollten nicht unvorbereitet sein auf die Schaffung der Makroregion Alpenraum, wenn man versuchen wird, die Alpen als Peripherie und Spielwiese der umliegenden Metropolen zu definieren. Wenn wir Europa gemeinsam zeigen, dass sich die Alpen auf das Modell des Schweizer Kantons verständigt haben, dass die Bürgerinnen und Bürger hier selbst bestimmen wollen, wie sich ihre Lebenswelt entwickelt, haben wir die Chance, die Speerspitze zu sein in einem Prozess, der schlussendlich zur Einlösung der europäischen und des demokratischen Versprechens führen wird.
Der Wiener Philosoph Karl Popper hat mal gesagt, es sei wahrscheinlich, dass sich die Vorfahren der heutigen Alpenbewohner einst lieber in die unwirtlichen Alpen zurückzogen, als sich im flachen Land der Gefahr auszusetzen, sich von mächtigeren Nachbarn unterjochen zu lassen. Und er stelle sich gerne vor, dass die Freiheitsliebe der Tiroler auf jene Zeit zurückgehe.
Ihr merkt also schon, dass auch ich zu nichts weniger aufrufen kann als zu: Resistånz!
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