Seit einiger Zeit gibt es für den “Recht und Wirtschaft”-Unterricht an Oberschulen Südtiroler Lehrbücher. “Grundlagen des Rechts” und “Grundlagen der Wirtschaft” sind auf Initiative des Bereichs Innovation und Beratung des deutschen Bildungsressorts bei Athesia erschienen.
Bezeichnend ist einmal mehr, dass selbst in einem Südtiroler Lehrbuch die nationale Komponente überwiegt und die Chance einer differenzierten, realitätsnahen Darstellung nicht genutzt wurde.
Die Einteilung der Wirtschaftssubjekte ist in dieser Art nicht nur “nationenzentriert” sondern auch überholt sollte meines Erachtens grundsätzlich überdacht werden. In Zeiten der EU und des europäischen Binnenmarktes greift die Unterscheidung “Staat” und “Ausland” zu kurz. Begriffe wie “Import” und “Export” sind in diesem Zusammenhang differenzierter zu betrachten, da “Ausland” nicht mehr gleich “Ausland” ist. Gerade im Sinne eines europäischen Bewusstseins, das den Schülerinnen und Schülern vermittelt werden soll, sind Begriffe wie “Ausland” im europäischen Kontext auch generell zu hinterfragen.
Passend dazu wurden auch in der Grundeinteilung des Buches die europäische und regionale Ebenen völlig ausgeblendet. Zwar wird unter Schwächen der Südtiroler Wirtschaft angemerkt, dass “mehr Offenheit für internationale Zusammenarbeit wünschenswert wäre”; doch leider folgt das Buch selbst mit den Kapiteln “Die Wirtschaft in Südtirol” und “Die Wirtschaft in Italien” diesem zu Recht kritisierten, eingeengten und nationalen Denken. Eine solche Einteilung suggeriert, dass Wirtschaft etwas “Isoliertes” sei, was mit der Lebens- und Wirtschaftswirklichkeit unsere Landes wenig zu tun hat.
Die Dekonstruktion der nationalstaatlichen Logik ist in der europäischen Wirtschaft weit fortgeschritten und gerade ein Südtiroler Lehrbuch, welches die Sichtweise der Schülerinnen und Schüler maßgeblich und langfristig prägt, darf den regionalen Aspekt nicht unberücksichtigt lassen. Dieser ist sogar mehr denn anderswo ein Spezifikum unserer Wirtschaft. Nachbarn wie das Belluno, Graubünden oder das Bundesland Tirol kommen in dem Buch jedoch überhaupt nicht vor und sind nicht einmal im Regionenvergleich aufgelistet. Das Wort Euregio sucht man vergeblich. Im Sinne des eingangs erwähnten Anspruches auf “Internationalität” sollte auch die Betrachtung der Wirtschaft im regionalen und zumindest auch europäischen Kontext erfolgen. Zudem wäre ein Kapitel über den wohl prägendsten Aspekt modernen Wirtschaftens – nämlich der Globalisierung – mehr als angebracht.
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