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Morgen gewinnt Schottland.

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Die Schotten befinden morgen in einer Abstimmung, ob sie weiterhin Teil des Vereinigten Königreichs bleiben oder einen eigenen Staat gründen wollen. Diese demokratische Möglichkeit kam auch deshalb zustande, weil die maßgeblichen Kräfte in Westminster nicht — wie Spanien im Falle Kataloniens — Paragraphen in den Vordergrund stellten, sondern die Demokratie. Während die Gegner der Eigenstaatlichkeit monatelang in allen Umfragen eindeutig die Nase vorn hatten, sah sich London nicht bemüßigt, seinen schottischen Untertanen irgendwelche Zugeständnisse zu machen. Eine dritte Wahlmöglichkeit beim Referendum, die die Umsetzung einer weitreichenden Selbstverwaltung (sog. Devomax) beinhalten würde, hatte Premier David Cameron von vornherein kategorisch ausgeschlossen. Im Laufe der letzten Wochen haben die Unterstützer von YesScotland jedoch deutlich zugelegt, wie repräsentative Umfragen bestätigen. Die unabhängigkeitsfreundliche SNP des schottischen First Minister Alex Salmond ist für derartige Endspurts bekannt; auch bei den letzten Wahlen zum schottischen Parlament hätte bis wenige Tage vor dem Wahltag niemand darauf gesetzt, dass die Partei eine absolute Mehrheit erringt, was jedoch im letzten Moment gelang.

Als letzthin einige Umfragen gar schon einen Sieg der Unabhängigkeitsbefürworter vorhersagten, brach in London rege Panik aus. Die Vertreter der drei wichtigsten Parteien (David Cameron, Ed Miliband und Nick Clegg) reisten gemeinsam in den Norden, um den Schotten für den Fall eines Verbleibs erhebliche Zugeständnisse in Aussicht zu stellen. Wenige Tage später wurde das Versprechen in einem veröffentlichten Dokument, das den pathetischen Titel The Vow (der Schwur) trägt, erneuert und bestätigt. Selbst eine Föderalisierung des Vereinigten Königreichs wird nicht mehr ausgeschlossen.

Im Grunde wurde so durch die Hintertür die No– in eine Devomax-Option verwandelt — ein richtiges Nein steht also gar nicht mehr zur Verfügung. Damit wurde in Schottland widerlegt, was in Südtirol (bis heute!) behauptet wird, nämlich, dass man nicht gleichzeitig den Autonomieausbau und die Selbstbestimmung fordern könne. Vielmehr bedingt das eine geradezu das andere, und wie die Schotten nun auch abstimmen, es wird ein haushoher Gewinn für die Eigenregierung des Landes.

Getrübt wird dieser Erfolg durch das schmutzige Spiel der unionistischen BetterTogether-Kampagne, die stimmberechtigte Zuwanderer, vor allem polnischer Herkunft, systematisch mit der Falschinformation beeinflusst haben soll, sie hätten in einem unabhängigen Schottland mit sofortiger Ausweisung zu rechnen.

Aus -Sicht wäre natürlich in jedem Fall der Sieg der Unabhängigkeitsbefürworter interessant, weil sich daraus weitere Fallstudien bzw. Präzedenzfälle ergäben: Neben »man kann nicht gleichzeitig Autonomieausbau und Selbstbestimmung fordern« ergäben sich dann unter anderem praktische Beispiele für »man kann in der EU keine neuen Staaten gründen« und »ein neuer Staat flöge aus der Union und bräuchte Jahre für eine Wiederaufnahme«. Darüberhinaus wäre ein unabhängiges Schottland ein wichtiger Beitrag zur Regionalisierung des Kontinents.

Wie dem auch sei: Wichtig ist, dass die Schotten morgen frei und demokratisch über die Zukunft ihres Landes befinden dürfen und das Ergebnis in jedem Fall bindend ist. Ob sie sich für die Eigenstaatlichkeit oder Devomax entscheiden, ist allein ihre Angelegenheit.

Cëla enghe: 01 02



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Comentârs

5 responses to “Morgen gewinnt Schottland.”

  1. Gabriele Di Luca avatar
    Gabriele Di Luca

    Guardiamo se vincerà  davvero. Comunque c’è già  chi festeggia. https://www.youtube.com/watch?v=p_C-7vspUgU

  2. Thomas Benedikter avatar

    Simons Einschätzung stimme ich voll zu, vor allem im Abschluss: es ist Ausdruck demokratischer Normalität und konsequenter Demokratie in unserem Kontinent und innerhalb der EU, dass eine historisch gewachsene Gemeinschaft frei darüber befinden kann, wie sie sich staatlich organisiert. Über zwei Jahre lang konnten die Schotten gründlich das Für und Wider der Unabhängigkeit von London frei ausdiskutieren und abwägen und haben morgen die Wahl, sich ganz friedlich von der britannischen Herrschaft zu verabschieden oder eben ihre Autonomie auszubauen. Für die EU ist dieser Vorgang fast schon gleichbedeutend wie für die Schweiz die Bildung eines neuen Kantons (was auch schon geschehen ist). Zudem wird der Fall Schottland für die EU Anlass sein, die Bildung neuer Staaten innerhalb der Mitgliedstaaten in den Unionsverträgen rechtlich zu regeln.
    Für einige Regionen und historische Nationen mit starken Selbstbestimmungsbewegungen wird Schottland ein Präzedenzfall dafür sein, dass sich die staatliche Aufteilung Europas auf friedlich-demokratischem Weg ändern lässt, sofern die Bevölkerung das mehrheitlich wünscht. Das ferne Konstrukt des “Europa der Regionen” abzuwarten ist vielen Schotten genauso wie vielen Katalanen einfach zu wenig. Diese staatliche Emanzipation einiger Teile Europas wird andererseits auf die EU-Mitgliedstaaten Druck ausüben, es mit der Regionalisierung ernster zu nehmen als bisher. Wie die Schotten morgen auch abstimmen werden, schon die Abstimmungsmöglichkeit selbst ist eine Errungenschaft europäischer demokratischer Kultur.

    1. hunter avatar
      hunter

      volle zustimmung

  3. Jonny avatar
    Jonny

    +1

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