Immer mehr wandelt sich Italien zum rechtsfreien Schlaraffenland für Verkehrssünder. Darüber, dass hierzulande — das schließt Südtirol mit ein — nur geblitzt werden darf, wenn der Fahrer zuvor gewarnt wird (»Bitte Lächeln!«), haben wir schon mehrfach berichtet. Nun gibt es für Schlaumeier auch noch gute Nachrichten aus der Sparte »Parkraumbewirtschaftung«.
Seit wievielen Jahrzehnten gibt es in Italien schon gebührenpflichtige Parkplätze? Und trotzdem: Bis heute sind sich Ministerien und Polizeiorgane offenbar nicht einig, wie mit Fahrern Parkern umzugehen sei, die sich der Gebührenpflicht entziehen — das übliche Problem mit der Rechtssicherheit im Staate. Angeblich wurde nun aber festgelegt, dass jenen, die mit abgelaufenem Ticket parken, kein Knöllchen mehr ausgestellt werden darf. Stattdessen beschränkt sich die Strafe Maßnahme fortan darauf, die geprellte Gebühr nachzuzahlen, eine an Absurdität kaum zu überbietende Regelung: Als Schlaumeier kann man also künftig immer nur die Mindestparkgebühr entrichten und hoffnungsvoll darauf warten, dass man nicht erwischt wird. Wenn doch, zahlt man einfach die ohnehin fällige Gebühr nach, bestraft wird man nicht. Das geht auf Kosten der Ehrlichen.
Allein der Gemeinde Bozen gehen durch diese saloppe Entscheidung aus Rom offenbar mehrere hunderttausend Euro an bereits ausgestellten Strafgebühren verloren, künftige Ausfälle durch vorprogrammierte Schlaumeierei noch gar nicht berücksichtigt. Anders als die (im internationalen Vergleich einzigartige) Blitzerregelung setzt die neue Art der freizügigen Parkraumbewirtschaftung wenigstens keine Menschenleben auf’s Spiel — dafür unter anderem die Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Nahverkehrs: In Südtirols Zügen wird neulich per Durchsage gewarnt, nicht abgestempelte Fahrscheine würden mit bis zu 200 Euro Bußgeld belegt. Während der Autofahrer gehätschelt wird, wird dem Bahnkunden also die volle Härte eines drakonischen Rechtssystems angedroht. Wo (außer der Rechtssicherheit) die Verhältnismäßigkeit bleibt, darüber darf gerätselt werden.
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