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Südtiroler Unternehmer bekämpft katalanische Unabhängigkeit.

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ai

Südtiroler Selbstbestimmungsgegner sind an Verbissenheit kaum zu übertreffen — das ist jedenfalls ein Eindruck, dessen man sich manchmal nicht erwehren kann.

Eine wenig schmeichelhafte Angelegenheit, die während der vergangenen Tage durch Spanien ging, könnte man als Bestätigung hierfür interpretieren. Kürzlich war in Katalonien eine ominöse Erklärung aufgetaucht, in der sich »deutschsprachige Unternehmer« öffentlich gegen die Unabhängigkeit des Landes aussprachen und der Region nichts weniger als »verheerende Folgen« in Aussicht stellten, falls sie sich von Spanien ablöste. Die meisten der angeblichen Unterstützer der Deklaration wollten offenbar nicht namentlich genannt werden, der Kreis deutschsprachiger Führungskräfte (kdf) mit Sitz in Barcelona distanzierte sich unverzüglich von der plumpen Einflussnahme. Mit vollem Namen firmierte aber unter wenigen anderen Erwin Rauhe, Vorstandschef von BASF in Spanien und: gebürtiger Südtiroler. Auf letzteres wurde in katalanischen Medien ausdrücklich hingewiesen.

Ob Rauhe den Fauxpas seiner Südtiroler Herkunft zu verdanken hat, ist freilich unklar. Sehr schnell musste er jedenfalls zur Kenntnis nehmen, dass dunkle Drohungen, wie sie hierzulande üblich sind, in anderen Ländern nicht zwangsläufig komplizenhaftes Schulterklopfen zur Folge haben. Stattdessen sah sich die Fa. BASF dazu veranlasst, Medien gegenüber ihr Unbehagen über die Einflussnahme zum Ausdruck zu bringen und sich direkt bei der katalanischen Regierung zu entschuldigen. Gegenüber demokratischen Entscheiden wie dem in Katalonien anstehenden Selbstbestimmungsreferendum wolle man sich selbstverständlich neutral verhalten.

In Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Verunsicherung und Bedrohung, die mit dem katalanischen Unabhängigkeitsprozess in Verbindung gebracht werden sollen, gibt es übrigens interessante Daten: Im ersten Halbjahr 2013 (aktuellste verfügbare Daten) konnte Katalonien 42% mehr ausländische Investitionen anziehen, als im Vorjahr. Damit lag das Land, während die Selbstbestimmungsdebatte bereits voll in Gange war, europaweit an zweiter Stelle. Dies veranlasste den linken katalanischen Abgeordneten Alfred Bosch (ERC) vor einiger Zeit dazu, einen sarkastischen Tweet abzusetzen: Noch etwas mehr Sezessionismus, dann könnte man den ersten Platz anstreben — zum Leidwesen derer, die eine demokratische Abstimmung mit wirtschaftlichem Ruin gleichsetzen möchten.



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Comentârs

9 responses to “Südtiroler Unternehmer bekämpft katalanische Unabhängigkeit.”

  1. Flo avatar
    Flo

    Er kann nichts dafür, denn er ist höchstwahrscheinlich SVP Mitglied…

  2. anonym avatar
    anonym

    Mit solch unverbersserlichen Fanaten haben wir hier doch auch schon Bekanntschaft gemacht ;)

    Schön zu sehen aber, wie sich die BASF entschuldigt und distanziert hat. Keine Spur von wegen die Unternehmen sind gegen die Unabhängigkeit. Die Firmen wollen es sich mit niemandem verscherzen und sie wissen ganz genau, dass nichts so heiss gegessen wird wie es gekocht wird. Und sie passen sich den Veränderungen schneller und besser an, als es den Unionisten lieb sein kann. Im Gegenteil, man sieht nicht nur die Gefahren sondern auch die Vorteile die sich bieten würden.
    An einen Rausschmiss aus der EU scheinen die Unternehmen jedenfalls nicht ernsthaft zu glauben.

  3. Knickerbocker avatar
    Knickerbocker

    Barroso: Schottland hätte kaum Chancen auf EU-Beitritt

    http://www.tt.com/politik/europapolitik/7933064-91/barroso-schottland-h%C3%A4tte-kaum-chancen-auf-eu-beitritt.csp

    Einem eventuellen EU-Beitritt müssten alle anderen Mitgliedsstaaten zustimmen – also auch Großbritannien. Ein Beitritt wäre für Barroso “extrem schwierig, wenn nicht sogar unmöglich”.

    Könnte das auch heißen:
    Einem eventuellen EU-Beitritt der Republik Südtirols müssten alle anderen Mitgliedsstaaten zustimmen – also auch Italien. Ein Beitritt wäre für Barroso “extrem schwierig, wenn nicht sogar unmöglich”.

    Und
    Einem eventuellen EU-Beitritt der Republik Katalonien müssten alle anderen Mitgliedsstaaten zustimmen – also auch Spanien. Ein Beitritt wäre für Barroso “extrem schwierig, wenn nicht sogar unmöglich”.

    1. Flo avatar
      Flo

      Barroso nimmt eh keiner mehr wichtig und seine Tage sind sowieso gezählt.

      Abgesehen davon ist dieses nicht mehr in die EU aufgenommen werden heutzutage auch kein wirkliches Schreckensgespenst mehr und hunderte andere Einschätzungen zu diesen Thema hat Pérvasion ja schon gepostet.

      Und wenns wirklich hart auf hart kommen sollte, schließen wir einfach den Brenner, denn wir sind ja nicht in der EU und können auf den freien Warentransport pfeifen. Dann kann Italien ja schauen, ob sie sich lange einem Beitritt Südtirol verschließen…

      PS: Eine interessante Grafik in der NZZ zu den verschiedenen Alpenquerenden Transportströmen gefunden. Brenner macht ca. 30% davon aus…
      http://images.nzz.ch/app.php/eos/v2/image/view/643/-/text/inset/dccad345/1.18243025.1392319362.jpg

      1. pérvasion avatar

        Hier nur einige Beispiele für Knickerbocker: [1] [2] [3] [4] [5] [6]

    2. pérvasion avatar

      Bei Anne Will hatte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn (zum Thema »Masseneinwanderung«) vor wenigen Tagen gesagt, die EU müsse eine Union der Bürger und nicht nur eine der Waren und des Geldes sein. Wäre die EU eine Union der Bürger, wenn die Bürger nicht über ihre staatliche Zugehörigkeit entscheiden dürften? Die Frage beantwortet sich also m.M.n. quasi »selbsterfüllend«: Wenn Länder wie Katalonien oder Schottland aus der EU fliegen, ist die EU wohl auch nicht jene Union, deren Teil man sein möchte.

  4. Steffl avatar
    Steffl

    Das scheint mir kein Zufall zu sein, denn auch in Südtirol selbst sind deutschsprachige Südtiroler die größten Gegner der Unabhängigkeit.

    1. Knickerbocker avatar
      Knickerbocker

      Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.

      (Marie von Ebner-Eschenbach)

  5. niwo avatar
    niwo

    Sehr schnell musste er jedenfalls zur Kenntnis nehmen, dass dunkle Drohungen, wie sie hierzulande üblich sind, in anderen Ländern nicht zwangsläufig komplizenhaftes Schulterklopfen zur Folge haben.

    Ach der arme Herr Rauhe. In Südtirol würden ihm ähnliche Aussagen eine prominente, positive Berichterstattung in beinahe allen Medien, von wertkonservativ bis zu den selbsterklärten progressiven Medien, bringen.
    In Katalonien muss sein Konzern schnell für ihn zurückrudern. Da läuft augenscheinlich wohl einiges falsch in unserem Land. Ohne Verschwörungstheorien zu bedienen, aber mit Argumenten läßt sich die gebetsmühlenhafte Ablehnung einer ergebnisoffenen Diskussion über die Zukunft unseres Landes schon lange nicht mehr begründen. Was steckt tatsächlich hinter der breiten medialen, vielfach subtilen Front gegen die Selbstbestimmung? Ist auch dies Teil des Systems Südtirol?

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