Rund dreißig katalanische Richter und Staatsanwälte, Beamte des spanischen Staates, haben sich mit einem Manifest an die Öffentlichkeit gewandt: Sie stellen darin fest, dass ein Selbstbestimmungsreferendum auch in Spanien nicht illegal sein könne. Politisch wollten sie sich einer Einmischung enthalten, doch aus juristischer Sicht sähen sie sich dazu veranlasst, der weit verbreiteten Auffassung, dass die spanische Verfassung eine Abstimmung über eine Zukunft des Landes verbiete, zu widersprechen. Zwar sehe der Wortlaut des Verfassungstextes — wie in Italien — die Unteilbarkeit des Staates vor, das Grundgesetz beziehe sich jedoch in seinen Grundprinzipien ausdrücklich auch auf die allgemeinen Menschenrechte, die die Selbstbestimmung einschließen. Aus juristischer Sicht sei es nicht ausreichend, sich nur in Grundzügen auf die Menschenrechte zu beziehen und diese nach eigenem Gutdünken in nationales Recht zu gießen — auch das politische Handeln müsse vom Prinzip geleitet werden, die Ausübung eines Menschenrechts zu ermöglichen. Die Verfassung sei nicht nur als »sakraler Text« zu betrachten, sondern als dynamischer und lebendiger Bestandteil des Rechts. Ausdrücklich beziehen sich die katalanischen Richter und Staatsanwälte auf den Entscheid des kanadischen Verfassungsgerichts, das in Zusammenhang mit den Unabhängigkeitbestrebungen Québecs grundsätzlich befunden hatte, dass das Selbstbestimmungsrecht nicht nur im Fall von gewaltsamer Besetzung und Unterdrückung zur Anwendung komme.
Die nationale Andersartigkeit, die seinerzeit eine Autonomie für Katalonien im spanischen Staatsverband gerechtfertigt habe, sowie der weitverbreitete Wunsch der Bevölkerung, eine Abstimmung abzuhalten, seien wichtige Voraussetzungen für die Anerkennung des Rechts auf Selbstbestimmung.
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