Vor wenigen Tagen wurde das staatliche Stabilitätsgesetz endgültig verabschiedet. Damit geht die primäre Gesetzgebungs- und Verwaltungsbefugnis zu Lokalfinanzen und Gemeindesteuern an das Land Südtirol über, wie Senator Karl Zeller (SVP) in einer Aussendung betont. Die Maßnahme bezeichnet er darin als eine der größten autonomiepolitischen Errungenschaften nach jahrelangem Stillstand. Eigentlich sollte es sich aber wohl um eine Selbstverständlichkeit handeln, dass zumindest die Lokalfinanzen in Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips lokal geregelt und verwaltet werden, und das nicht nur in autonomen Regionen.
Im Widerspruch zu dieser Nachricht steht jedoch die Anfechtung eines staatlichen Gesetzesdekrets, die der neu gewählte Landtag am 23. Dezember in seltener Einigkeit beschlossen hat: Mit 31 Ja-Stimmen (SVP, Grüne, STF, Freiheitliche) und einer Enthaltung wurde die Landesregierung beauftragt, am Verfassungsgericht gegen die massive Benachteiligung Südtiroler Gemeinden im Rahmen der IMU-Abschaffung zu klagen. Während die Gemeinden in Regionen mit Normalstatut für die entgangenen IMU-Einnahmen sogar Ausgleichszahlungen vom Staat bekommen, werden die Regionen mit Sonderstatut geradezu »gemolken«: Sie müssen nämlich umgekehrt soviel Geld an den Staat überweisen, wie der sich von der nunmehr abgeschafften IMU erwartet hätte. Wie im Landtag bemängelt wurde, ist dies nicht nur eine nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung — sie steht auch noch im Widerspruch zu Autonomiestatut und Mailänder Abkommen, womit also wieder ein Vertragsbruch vorliegt.
Senator Karl Zeller verlautbarte zu dieser Angelegenheit, man werde wohl auch diesmal wieder vom Verfassungsgericht Recht bekommen, der Staat werde jedoch — wie schon in ähnlichen Präzedenzfällen — die Gelder trotzdem nicht mehr zurückerstatten. Bei solch ausgeprägter Rechts- und Planungssicherheit fragt sich allerdings auch, welchen Wert eine Errungenschaft wie die eingangs erwähnte Zuständigkeit für die Lokalfinanzen haben kann. Wenn sogar »autonomiefreundliche« Regierungen schon zwanghaft Vertragsbrüche begehen, wenn Rom einfach Tatsachen schafft, die vom Verfassungsgericht de facto nur gerügt aber nicht rückgängig gemacht werden können, ist eigentlich gar keine Grundlage für Verhandlungen und Abkommen (einschließlich der Autonomie) mehr vorhanden.
Einen interessanten Vorschlag machte diesbezüglich der Landtagsabgeordnete Urzì: Um weitere Verfassungskonflikte zu vermeiden, solle man mit der Zentralregierung fortan präventiv verhandeln und ein Übereinkommen finden. Eine gute Idee: Anders ausgedrückt könnte man die Südtirol-Autonomie auch an Rom delegieren. Konflikte wird es dann sicher keine mehr geben und konsequenter wäre es allemal.
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