Die Südtiroler Volkspartei hat entschieden, mit wem sie regieren möchte: Kommt es zu keiner Überraschung, wird bis Jahresbeginn das erste Kabinett des neuen Landeshauptmanns stehen, der den Koalitionspartner von seinem Vorgänger übernimmt. Nachdem die Volkspartei bei der jüngsten Wahl erstmals die absolute Mehrheit im Landtag verpasste, kommt sie mit dem PD, der nicht zulegen konnte, nur noch auf eine hauchdünne Mehrheit. Komfortabel (durch)regieren kann Kompatscher dann nicht.
Warum die Koalition bestätigt wurde, erschließt sich wohl nicht sosehr durch programmatische Übereinstimmung, wie mit der Position des PD auf zentralstaatlicher Ebene, wo er mit Enrico Letta die Regierungsspitze stellt. Mit zwischenparteilichen Abkommen hat sich die Volkspartei schon vor Monaten an den christlich-sozialen Moloch gebunden, der seit dem Wochenende unter der Führung von Matteo Renzi steht. Der Florentiner Bürgermeister war schon mehrmals durch scharf autonomiefeindliche Worte aufgefallen, doch auch auf Landesebene sind die Positionen der Partei mitunter weit von denen einer progressiven, autonomie- und minderheitenfreundlichen Kraft entfernt.
Nicht die 6,7% Wählergunst, die ihn mit zwei Landtagsabgeordneten zur fünften Fraktion im Landtag machen, verleihen dem PD die Legitimation, mit hochtrabenden Forderungen in Koalitionsverhandlungen zu treten, sondern die römische Regierungskonstellation. Das ist äußerst bedenklich, da der Zentralstaat solcherart indirekt in die »Landesebene« hineinregiert, wo er doch schon auf übergeordneter Ebene über zahlreiche Möglichkeiten verfügt, um Südtirol gefügig zu machen.
Mit Nachdruck wird so von einer Splitterpartei etwa die Schaffung einer mehrsprachigen Schule gefordert und forciert, obschon dies aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse längst nicht mehr als Voraussetzung für einen gelingenden Spracherwerb gilt — aber für den Fortbestand nationaler Minderheiten Risiken birgt. Da lässt sich der PD auch nicht von den schlechten PISA-Ergebnissen beirren, die die von ihm verwaltete italienische Schule kürzlich vorlegte.
Bedenklich ist auch, dass die Volkspartei die Koalition mit einem Partner fortsetzt, der:
- sich gegen die Gleichstellung von Deutsch und Italienisch, z.B. im Konsumentenschutz (bei der Produktetikettierung), ausspricht;
- sich dezidiert militaristisch gibt
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; - es ablehnt, für faschistische Straßennamen und Symbole eine dem 21. Jahrhundert angemessene Lösung zu suchen und stattdessen neue erschafft;
- seinen vertraglichen Verpflichtungen auf staatlicher Ebene nicht nachkommt;
- auch auf Landesebene die extremen Liberalisierungen von Mario Monti unterstützt hat;
- im Zweifelsfall für den Staat und gegen das Land entscheidet;
- während der letzten Legislaturperiode die extremistischen Vorstöße des CAI zur Reitalianisierung der Berge bis zur letzten Alm mitgetragen hat;
- den demokratischen Wunsch einer wachsenden Anzahl von Südtirolern, über die Zukunft dieses Landes frei entscheiden zu dürfen, in beleidigendem Ton lächerlich macht;
- Mario Montis Rekurs gegen das Landesortsnamensgesetz nicht zurückzieht;
- in anderen Regionen Italiens die Mehrsprachigkeit aktiv bekämpft — nämlich dort, wo von der Mehrsprachigkeit vor allem die Minderheitensprachen profitieren würden.
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