[Den] Unabhängigkeitsbestrebungen hält [Richard Theiner] entgegen: “Wir wollen so viel Selbständigkeit wie möglich – aber im Rahmen Italiens.” Der Parteichef macht davon nur eine Ausnahme: “Wenn Italien zerfällt, etwa in einen Norden und einen Süden, dann wird die SVP die erste sein, die die Selbstbestimmung ausruft.”
Die Bedingungen der SVP für die Selbstbestimmung werden immer krasser. Noch vor vier Jahren hatte der damalige Landeshauptmann die Missachtung der Autonomie für ausreichend befunden:
In Sachen Selbstbestimmung betonte Durnwalder, dass das Recht darauf jedem Volk zustehe. “Sie jetzt aber zu verlangen, wäre nicht im Sinne der Autonomie”, so der Landeshauptmann. Vielmehr werde man sie dann einfordern, wenn der Staat die Vertragsbedingungen breche, auf denen der Schutz der Minderheiten in Südtirol fußt. “Und es besteht derzeit nicht der geringste Zweifel daran, dass Italien diese Bedingungen einhält”, so Durnwalder […]
Da Regierungschef Monti auch nach Auffassung Theiners bereits vertragsbrüchig geworden war, musste nun also die Messlatte angehoben werden, um nicht konsequente Schritte setzen zu müssen. Selbstbestimmung gibt’s jetzt eben nur noch, wenn Italien gar nicht mehr existiert. Ironisch wäre ja, wenn sich Italien auflöste und nur noch Südtirol (bei) Italien bliebe — doch Herrn Theiner wäre auch das noch zuzutrauen.
Übrigens: Die Wortwahl »Selbstbestimmung ausrufen« deutet darauf hin, dass der SVP-Obmann nicht weiß, wovon er spricht. Denn die Selbstbestimmung ruft man nicht, man übt sie aus. Ausrufen kann man die Unabhängigkeit — aber es ist ja schon ein Klassiker der Südtiroler Begriffsunschärfen, dass Selbstbestimmung (Prozess) und Unabhängigkeit (ein mögliches Ziel des Prozesses) miteinander verwechselt werden. Für den Chef der stärksten Partei im Lande trotzdem kein gutes Zeugnis.
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