Die Landtagswahl ist um, die Stimmen gezählt — jetzt gehts noch um die Vorzugsstimmen und um die genaue Sitzverteilung. Eine erste Einschätzung.
Die Wahl hat das politische Panorama durcheinandergewirbelt — vielleicht mehr als erwartet, aber noch immer weniger als von vielen erhofft.
- Die Südtiroler Volkspartei hat 5% ihres Wähleranteils eingebüßt und kann erstmals nicht die absolute Sitzmehrheit im Landtag aufrecht erhalten. Die Stimmenmehrheit hatte sie schon vor fünf Jahren verloren. Das etwas aufgesetzte Image der Neustart- und Erneuerungspartei konnte offenbar nicht viele Wählerinnen überzeugen, jedenfalls nicht genug, um die Skandale der letzten Legislaturperiode gänzlich in Vergessenheit geraten zu lassen.
- Am stärksten zulegen konnten im Vergleich zu 2008 die Grünen, dicht gefolgt von der Süd-Tiroler Freiheit. Doch während ersteren das dritte Mandat sicher ist, müssen zweitere noch bangen.
- Die Freiheitlichen legen zwar ebenfalls deutlich zu, können aber nicht den richtig großen Erfolg landen, während der PD klar unter den Erwartungen bleibt.
- Die Wählerinnen der italienischen Sprachgruppe haben sich offenbar massiv der Wahl enthalten, was vor allem mit der Zerstrittenheit und der mangelnden Glaubwürdigkeit des Rechtslagers erklärt wird. Vielleicht haben viele italienische Mitbürgerinnen aber auch die ewiggestrigen, moderner Parteien unwürdigen Positionen satt. Scelta Civica war eine Totgeburt.
- Der erklärte Faschist Donato Seppi fliegt als Ergebnis dieses Wahlverhaltens hoffentlich aus dem Landtag — gemeinsam mit seinem Gesinnungsgenossen Mauro Minniti. Eine überfällige Katharsis.
- Insgesamt dürften aber nur noch fünf Abgeordnete italienischer Muttersprache verbleiben. Die Sprachgemeinschaft ist also nur noch mit einem Siebtel bzw. 14,3% im Landesparlament vertreten und somit deutlich unterrepräsentiert.
- In der Landeshauptstadt überholt die SVP den PD um einen Hauch (vier Stimmen!) und wird dort somit, trotz Verlusten, erste Partei.
- Die Fünfsternebewegung entsendet mit Paul Köllensperger auf Anhieb einen Mandatar in den Landtag. Mit möglicherweise vier Einfrau/mannparteien (neben Köllensperger auch Elena Artioli, Andreas Pöder und Alessandro Urzì) bleibt es nach wie vor bei einem fragmentierten Gesamtbild. Vielleicht wäre es an der Zeit, an Gegenmaßnahmen zu denken, die — anders als D’Hondt — der Südtiroler Realität gerecht werden.
- Die Briefwahl ist nach wie vor mit vielen Fragezeichen versehen: Wie viele Briefe haben es nicht rechtzeitig nach Bozen geschafft? Was ist mit den Wahlzetteln, die angeblich noch in einem Mailänder Postzentrum sind und mitberücksichtigt werden sollten? Sogar die Möglichkeit eines Rekurses stand vorübergehend im Raum.
- Die ausgezählten Briefwahlstimmen zeigen: Am meisten profitierten die Grünen und die SVP von den sogenannten »Heimatfernen« und Auslandssüdtirolerinnen.
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