Eine Antwort auf die Aussendung der »Initiative für mehr Demokratie« zur selbstverwalteten Volksbefragung der Süd-Tiroler Freiheit.
von Sigmund Kripp*
Südtirol ist nicht freiwillig bei Italien. Italien hat auch in seinen demokratischen Jahren nicht unbedingt bewiesen, dass es Südtirol im Sinne dessen angestammter Bevölkerung regieren will. Erst internationaler Druck hat zu einem Ausgleich und zu einer relativen Befriedung geführt. Diese andauernde »Notlage« hat zur dominanten Position der SVP geführt. Diese hat dies auch ausgenutzt. Deshalb haben wir die — auch von »Dirdem« kritisierte — mangelhafte Demokratieentwicklung in Südtirol, die man als friedliche Apartheid bezeichnen kann. In und aus dieser Situation wird nie eine wirkliche Beteiligung der Bevölkerung erreicht werden.
Dass Nationalstaaten ein überholtes Modell sind, sehe ich auch. Ein Europa der Regionen wäre die Alternative. Nur werden sich die Nationalstaaten mittelfristig nicht abschalten lassen. Daher ist — ganz speziell für Südtirol — die Bildung eines neuen Staates eine interessante Variante. Die Bevölkerung kann sich eine auf die spezielle Situation ausgerichtete Verfassung geben. Die Sezession Südtirols führt deshalb nicht automatisch zu anderen Staatenbildungen, weil andere Regionen diese Probleme eben nicht haben! Alle Grenzänderungen der letzten zwei Jahrzehnte in Europa (außer jene von Slowenien) gingen friedlich über die Bühne und entstanden im Konsens. Warum sollte das bei uns nicht möglich sein? Italien hat da gar nichts mehr mitzureden! Es ist ein von Menschen gemachtes Konstrukt — also kann es auch von Menschen verändert werden! Keine Grenze ist heilig! Gerade von der Initiative für driekte Demokratie erwarte ich mir eine größere Offenheit auch für diese Fragestellung. Und nicht sofort diese reflexhafte Ablehnung des gesamten Gedankens.
*) Sigmund Kripp ist Mitglied des Grünen Rates.
Scrì na resposta