Auf die Technokratenregierung von Mario Monti, die ihr Heilsversprechen nicht einlösen konnte, sollte laut Prognosen eine starke politische, eine Mittelinksregierung folgen. Nur das exakte Ausmaß des Wahlsiegs schien noch ungeklärt, Bersani aber hätte sich den Sessel des Regierungschefs nur abholen brauchen — eigentlich, denn die Italiener entschieden anders: Sie schenkten einem unkaputtbaren Berlusconi derart viel Zustimmung, dass der PD und seine Partner keine klare Mehrheit erringen konnten. Ein anderes Wahlgesetz hätte daran wenig geändert.
Man darf es sich auf der Zunge zergehen lassen: Ein Mann, der sein Land in den Ruin getrieben und der Lächerlichkeit preisgegeben, Prostitution von Minderjährigen gefördert und den Faschismus verherrlicht hat, verhilft seiner zerstrittenen Partei zu einer atemberaubenden Aufholjagd, die es ihr gestattet, mit dem sicher geglaubten Wahlsieger gleichzuziehen. Dass Grillos Bewegung genau jetzt, wo Mittelinks »am Zug« gewesen wäre, ein explosionsartiges Wachstum erlebte, das vor allem dem Bündnis von Bersani Schaden zufügte, ist kein mildernder, sondern ein erschwerender Umstand: Offensichtlich konnte Mittelinks die Wähler wieder nicht davon überzeugen, ein besseres Programm zu haben, als der rechte Widersacher.
Und heute stehen wir nach Tagen erfolgloser Sondierungen vor einem neuerlichen Tiefpunkt italienischer Politik: Die Technokraten geben das Zepter einem Rat der Weisen in die Hand, den Staatspräsident Napolitano aus Hilflosigkeit erfinden musste. Bald sind auch die Steigerungsformen aufgebraucht: Techniker, Experten, Weisen, beim nächsten Mal müssen es möglicherweise Selige sein. Die Krise folgt auf die Krise folgt auf die Krise, ein durchwegs politisches Phänomen, das die wirtschaftliche Schieflage erst richtig akut werden lässt.
Nun also wieder: Der Rat der Weisen, zusammengesetzt aus alten und abgenutzten, ausschließlich männlichen Vertretern aus Politik und Institutionen, soll es richten. Dabei könnte selbst ein Blinder kaum übersehen, dass das bloß ein weiterer Fetzen auf dem Fleckenteppich staatlicher Misswirtschaft ist, die seit bald zwei Jahrzehnten einen Ausnahmezustand an den nächsten reiht.
Eine Regierung, die diesem Gremium entspringt, wird nichts anderes verursachen, als wachsende Unzufriedenheit mit der Politik und sinkende Sympathiewerte für die Demokratie. Selbst wenn während dieses Übergangs vom Übergang zum Übergang notwendige Reformen beschlossen werden könnten, bleibt die Frage wohl nur, ob die Wähler zu Grillo oder doch wieder in Scharen zu Berlusconi überlaufen werden. Und: Wer von beiden im Zweifelsfall das geringere Übel ist.
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