Wenige Tage später, als ursprünglich erwartet, einigte sich am heutigen Dienstagabend der bisherige und zukünftige katalanische Präsident Artur Mas (CiU) mit Oriol Junqueras (ERC) auf einen gemeinsamen Regierungsvertrag. Die neue CiU-Regierung unter Mas kann also voraussichtlich bereits am Donnerstag vereidigt werden, wesentlich früher als der vom Gesetz vorgesehene späteste Termin vom 4. Jänner 2013. Bereits am Wochenende hatte ERC die Bereitschaft signalisiert, die Regierungsbildung in jedem Fall zu unterstützen, auch wenn bis dahin noch kein Vertrag zwischen beiden Parteien unterzeichnet sein sollte.
Die linke ERC und die Zentrumspartei CiU haben nach den vorgezogenen Neuwahlen vom 25. November gemeinsam eine Mehrheit von 71 der 135 Sitze im katalanischen Parlament. Beide Parteien waren mit dem Vorschlag an die Wähler herangetreten, innerhalb der nun beginnenden Legislaturperiode ein Referendum über Verbleib oder Loslösung von Spanien abzuhalten. Unterstützung für dieses Vorhaben dürfen sich Mas und Junqueras auch von den Grünen (ICV), der Candidatura d’Unitat Popular (CUP) und gegebenenfalls von den Sozialisten (PSC) erwarten.
Das Abkommen, auf welches sich ERC und CiU nun einigen konnten, sieht einen genauen Zeitplan für die Selbstbestimmung vor, der 2014 als spätesten Zeitpunkt für die Abstimmung nennt. Während der ersten Sitzung des neu gewählten Parlaments werden die Abgeordneten beider Parteien eine »Souveränitätserklärung des katalanischen Volkes« verabschieden, deren Zweck es ist, dem demokratischen Recht der Wähler, über die Zukunft Kataloniens abstimmen zu dürfen, symbolisch Nachdruck zu verleihen. Bis spätestens Dezember 2013 wird die neue Regierung sich dann mit der Forderung an Madrid wenden, das Referendum zu ermöglichen. Der gesamte Prozess wird von einem eigens zu gründenden Rat begleitet.
Sollte Madrid das Referendum nicht ermöglichen, werden sowohl ein Alleingang nach einer noch zu schaffenden katalanischen Rechtsgrundlage, als auch die Internationalisierung der Selbstbestimmungsfrage in Betracht gezogen. Eine Verzögerung über das Jahr 2014 hinaus soll nur stattfinden können, wenn dies von beiden Parteien vereinbart wird. Mit diesem Punkt sichert sich die traditionell unabhängigkeitswillige Linkspartei ERC gegenüber der erst kürzlich auf Unabhängigkeitskurs geschwenkten CiU ab. Im Vertrag ist auch von der Notwendigkeit die Rede, eine breite gesellschaftliche Basis für den Weg in die Eigenstaatlichkeit zu schaffen.
Weitere wichtige Punkte der Vereinbarung beziehen sich vor allem auf die Wirtschafts- und Steuerpolitik, wo ERC einen deutlich sozialeren Umgang mit der Krisenbewältigung (stärkere Besteuerung der Reichen, Erleichterungen für die Bedürftigsten, katalanische Bankensteuer und einiges mehr) durchsetzen konnte.
Die Regierung wird ausschließlich von CiU besetzt, ERC wird sie von außen unterstützen. Es handelt sich um die erste Zusammenarbeit zwischen den beiden katalanistischen Parteien.
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