Viel wurde während der letzten Tage darüber geschrieben, warum Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP), selbst wenn er nichts von den Vorgängen in der Causa SEL gewusst haben sollte, die politische Verantwortung für die gesamte Angelegenheit zu übernehmen habe.
Mit fast allen diesbezüglich vorgebrachten Argumenten kann, muss man einverstanden sein. Der Landeshauptmann hat die wichtigsten personellen Entscheidungen, bei der Ernennung von LR Michl Laimer angefangen, selbst getroffen, und hatte in der gesamten Angelegenheit die Richtlinienkompetenz. Da ist es politisch (nicht juristisch!) vorerst zweitrangig, ob er von den illegalen Manipulationen gewusst hat oder nicht.
ff-Herausgeber Kurt Zimmermann, der zu dieser Angelegenheit einen hervorragenden Leitartikel verfasst hat — den sich selbst die Dolomiten zueigen gemacht haben —, kommt jedoch zum Schluss, Durnwalder müsse nicht unbedingt zurücktreten. Für so viel Demut fehle ihm jegliches Gespür, er müsse aber »hinstehen«.
Gerade die Notwendigkeit, »hinzustehen«, macht aber offensichtlich, warum Durnwalder und seine gesamte Regierung zum Wohle der Allgemeinheit sehr wohl zurücktreten müssen. Das Schauspiel hat ja schon begonnen: In der Bestrebung, noch größeren Schaden von der Regierungspartei SVP abzuwenden, spricht Elmar Pichler-Rolle, seines Zeichens Fraktionsvorsitzender im Landtag, schon davon, der gesamte Skandal sei auf dem Mist des Durnwalder-Systems gewachsen. Andere Sektoren der Partei, zumal die Vinschger Bürgermeister, hätten ja gegen die Energiepolitik der Landesregierung opponiert. Und auch die Junge Generation hat zuletzt einen Frontalangriff auf die Landesregierung gestartet.
All diese Entwicklungen sind durchaus legitim und nachvollziehbar. Eine Regierung und eine Landtagsmehrheit, die vorwiegend in eigener Sache, mit Schuldzuweisungen und Verdächtigungen beschäftigt sind, kann sich Südtirol aber nicht leisten. Das ist grundsätzlich nicht im Interesse des Landes, doch es wiegt derzeit noch um ein Vielfaches schwerer, weil gleich drei äußerst schwere Krisen bewältigt werden müssen:
- Der wirtschaftliche Notstand;
- die bislang schwerste Krise der Autonomie durch ihre fortwährende Missachtung durch den Staat;
- und, eben: der erste größere Skandal auf Landesebene.
Um diese seit vielen Jahren besorgniserregendste Gesamtlage zu meistern und eine nachhaltige Zukunftsstrategie auf den Weg zu bringen, benötigen wir eine handlungsfähige und ausschließlich dem Wohl des Landes zugewandte Regierung. Wenn die SVP nicht nur ihren kurzfristigen Wahlerfolg im Sinn hat (weil sie vielleicht hofft, dass vieles bis 2013 ausgestanden und vergessen ist), sondern die Geschicke unseres Landes, muss sie diese in ihrer Gesamtheit angeschlagene Regierung besser heute als morgen in den Ruhestand schicken.
Scrì na resposta