Das Toponomastikgesetz ist Realität. Es wurde kurz nach Mitternacht vom Südtiroler Landtag gutgeheißen und schafft die Grundlage für die amtliche Wiedereinführung der historischen Ortsnamen in Südtirol. Rund 90 Jahre sind vergangen, seit sie durch das faschistische Regime zum Zwecke der Assimilierung abgeschafft und verboten wurden. Rund 40 Jahre seit Inkrafttreten des zweiten Autonomiestatuts hat die Mehrheitspartei SVP benötigt, um diesen Schritt zu tun.
Sieht man sich die Größe des Wurfs an, fragt man sich unweigerlich, warum man dafür so lange gebraucht hat. Wesentliche Teile des Gesetzes wurden buchstäblich in letzter Minute radikal umgeschrieben, um sich die Zustimmung des Koalitionspartners PD zu sichern. Allerdings konnte kein einziger Oppositionsabgeordneter überzeugt werden, für den Entwurf zu stimmen.
Das gesamte Gesetz macht einen äußerst schlampigen und flickschusterhaften Eindruck. Es ist zudem sprachlich schlecht formuliert und derart vage, dass sich während der Artikeldebatte kein Abgeordneter sicher zu sein schien, welche konkreten Folgen die einzelnen Artikel haben würden.
Obwohl der Text nur die Rahmenbedingungen festlegen sollte, ist selbst dieses Unterfangen großteils misslungen. Es werden keinerlei Kriterien für die Erhebung, Festlegung, Beibehaltung oder Abschaffung von Ortsnamen festgelegt. Genausowenig wird auf irgendwelche sprachwissenschaftlichen, statistischen oder international anerkannten rechtlichen Prinzipien Bezug genommen. Völlig realitätsfremd scheint zudem, dass — als Folge eines Kompromisses — für die Ausarbeitung der Vorschläge plötzlich die Bezirksgemeinschaften zuständig sind, deren wichtigste Aufgabe bisher die Organisation der Abfallentsorgung war. Ein paritätisch besetzter Landesbeirat (mit zwei Vertretern pro Sprachgruppe) wird die Vorschläge begutachten und gegebenenfalls verabschieden.
Dass sich mit diesem Gesetz eine nennenswerte Verringerung der Erfindungen von Ettore Tolomei erreichen lässt, ist zu bezweifeln. Gemeinde- und sogar Fraktionsnamen wurden ohnehin ausgespart. Hans Heiss hat in seiner abschließenden Abstimmungerklärung lobend erklärt, die SVP sei sich bewusst geworden, dass man die italienischen (faschistischen) Ortsnamen nicht mehr abschaffen könne. Das bringt das Ergebnis wohl auf den Punkt.
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