Die Problematik mit Navigationsgeräten und Internetdiensten wie Google Maps kennen wir bereits, doch im digitalen Zeitalter verbreiten sich sogenannte Ortungsdienste immer weiter. Selbst günstige Kompaktkameras wie die hier abgebildete Lumix von Panasonic sind mit GPS-Sensoren ausgestattet und halten auch nicht mehr nur die Koordinaten der Ortschaft fest, an der man sich befindet, sondern speichern mit dem Foto gleich die Ortsnamen als Metadaten mit. Dass dies in diesem Fall (genauso wie bei den meisten anderen Herstellern) die Erfindungen von Tolomei sind, verdanken wir einer seit Jahrzehnten unfähigen Landespolitik.
Als ich mich im Anschluss an die Toponomastikdiskussion in Kortsch gerade mit Brigitte Foppa unterhielt, hat sich ein Herr zu uns gesellt, der meinte, das Toponomastikproblem werde sich gerade in kleineren Ortschaften in den Tälern von alleine lösen: Da die Bevölkerung vor Ort die erfundene Mikrotoponomastik gar nicht kenne, werde diese de facto verschwinden, weil Ortsfremde bald merken würden, dass sie damit nicht weiterkommen.
Wenn wir uns mit solchen Ansichten mal nur nicht irren: Die explosionsartige Verbreitung von elektronischen Geräten, die nur Tolomeis Prontuario berücksichtigen, werden — meiner Prognose zufolge — immer massivere Auswirkungen auch auf die Realität haben (und nicht umgekehrt). Was vor Ort auf den Straßen- und Wanderschildern steht und welche Ortsnamen die Menschen in Südtirol benutzen, wird für die Wahrnehmung der Menschen immer weniger relevant. Schon jetzt müssen Touristiker auch deutschen Gästen (geschweige anderen) den italienischen Ortsnamen in den Reisekatalog schreiben, damit das Navigationsgerät weiß, wohin es gehen soll. Und auf den Fotos werden selbst kleinste Ortschaften nur noch »auf Tolomeisch« aufscheinen, sodass der Urlauber zu Hause nur noch weiß, dass dieses Foto in Snodres und jenes in Versciaco geschossen wurde. Will er dann noch den »historischen« Ortsnamen eruieren, muss er schon ein besonderes Interesse haben und womöglich eigens in einem Nachschlagewerk recherchieren.
Unsere Ortsnamen verkommen dann langsam, aber sicher — wie sagt man: schleichend! — zur lokalen Folklore mit eingeschränktem praktischem Wert (ähnlich wie andernorts dialektale Ortsbezeichnungen: Bèrghem für Bergamo). Stattdessen werden wir uns auf eine noch nie dagewesene, weil technisch unterstützte, Verbreitung von Tolomei gefasst machen müssen. Willkommen in Val di Vizze!
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