Eigentlich gehört die Raumordnung zu den Kernbereichen, in denen das Land Südtirol über primäre Gesetzgebungsbefugnisse verfügt. Eigentlich. Denn nun hat das italienische Verfassungsgericht erstmals eine Bestimmung des Landesraumordnungsgesetzes außer Kraft gesetzt und den Vorrang der staatlichen Bestimmung verfügt. Konkret geht es um die Einhaltung des Mindestgebäudeabstands von 10 Metern, für welchen das Land — genauso wie zahlreiche andere europäische Staaten und Regionen — einige Ausnahmen festgelegt hatte. Durch das Urteil wird nun vor allem den unerlässlichen Bestrebungen, die energetische Sanierung alter Bausubstanz zu ermöglichen, ein Riegel vorgeschoben: Da bestehende Gebäude in den meisten Fällen schon an der Grenze der Baurechtsflächen stehen, um sie optimal auszunutzen, muss für die Anbringung eines zusätzlichen Vollwärmeschutzes (Dämmung) die Unterschreitung der Mindestabstände um einige Zentimeter gewährt werden. Nach dem soeben verkündeten Urteil ist das aber nicht mehr möglich.
Nachtrag: Spannend wird auch, wie jetzt Gerichte entscheiden, wenn Bürger ihre Nachbarn anzeigen, weil sie in Anwendung der Landesgesetze zu nah an ihr Haus gebaut haben. Wird es Freisprüche geben, weil das Verfassungsgericht die Norm erst später außer Kraft gesetzt hat? Oder werden wir erleben, dass in Einzelfällen sogar die Dämmung wieder abgetragen werden muss? In jedem Fall lässt die Rechtssicherheit grüßen.
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