Neuer Erfolg für den Prontuario: Nach den vehementen Kampagnen der letzten Jahre hat der AVS begonnen, auch für Bezeichnungen kleinster Orte auf das Fälschungswerk zurückzugreifen. Damit kehren toponomastische Erfindungen zurück, die — zumindest von der Wanderbeschilderung — zum Teil schon seit Jahrzehnten verschwunden waren. Rund hundert Jahre, nachdem sie von Ettore Tolomei zum Zwecke der Assimilierung ersonnen wurden, erfahren sie somit im autonomen Südtirol eine zweite Blüte.
Dem AVS ist hierfür kein Vorwurf zu machen. Es ist nicht Sache eines privaten Vereins, Probleme der Politik zu lösen. Und die war in 40 Jahren seit Inkrafttreten des zweiten Autonomiestatuts (und in drei Jahren seit dem Wiederaufflammen der Diskussion durch nationalistisch motivierte Vereine und Medien) außerstande, eine brauchbare Lösung anzubieten. Trotz durchgehend absoluter Mehrheit im Landesparlament ist sogar die historische Toponomastik bis heute ohne rechtliches Fundament geblieben.
Nun wird also auch Tolomeis Mikrotoponomastik neue Verbreitung erlangen: Zuerst wird sie bekannt gemacht und in wenigen Jahren soll dann (geht es nach den Vorstellungen der SVP) ihre Bekanntheit als Grundlage für die Beibehaltung erhoben werden.
Das ist genauso sinnvoll, wie die nur sich selbst rechtfertigende, im luftleeren Raum schwebende Logik, die zur Aufrechterhaltung aller von Tolomei erfundenen Gemeindenamen führen soll: Landeshauptmann Luis Durnwalder hat schon mehrmals verkündet, sie müssten erhalten bleiben, weil sie bereits von Regionalgesetzen »festgestellt« worden seien. Bringen wir es auf den Punkt: Die Gemeindenamen sind in den Regionalgesetzen enthalten, weil sie (von nach wie vor gültigen faschistischen Dekreten) vorgeschrieben sind. Und jetzt sollen sie beibehalten werden, weil sie in den Regionalgesetzen enthalten sind. Die Logik ist sagenhaft.
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