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Olympia 21.

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Pünktlich zu Olympia üben sich italienische Journalisten in ihrer Lieblingsdisziplin: Südtiroler Sportler auf Herz und Nieren testen, ob sie auch schön national gesinnt sind, die Trikolore schwenken, die Hymne beherrschen. Der rituelle Kniefall unserer Sportler – denen kaum anderes übrig bleibt – ist im 21. Jahrhundert der europäischen Einigung nicht mehr nur eine Frechheit, sondern auch ein absoluter Anachronismus. Da wird Menschen tatsächlich vorgeschrieben, einem Nationalstaat zu huldigen: Wo bleibt die Sportlichkeit? Wo der olympische Geist? Muss man, um an einem Sportereignis teilzunehmen, zwangsläufig patriotische Gefühle entwickeln, noch dazu, wenn man sich mit der Nation, für die man startet, nicht identifiziert?

Es ist langsam höchste Eisenbahn, dass sich unsere Landesregierung eine Alternative einfallen lässt, die für Sportler und Fans aller Sprachgruppen attraktiv ist. Möglicherweise ist ein autonomer Verband, der international antritt, die beste Antwort auf unsere politisch-soziale Situation. Wenigstens im Wintersport kann man sich auf ein derartiges Experiment mit großen Erfolgschancen einlassen, und anders als gemeinhin behauptet wird, dürfte dies wohl nicht am Geldmangel scheitern.

Selbstverständlich darf niemand gezwungen werden, für Südtirol an den Start zu gehen, und niemandem soll verboten werden, auch weiterhin für Italien zu konkurrieren. Dann allerdings freiwillig und bewusst – ohne zu verkrampften Glaubensbekenntnissen gezwungen zu werden, die die Pharse hinter diesem wenig belustigenden Schauspiel erst richtig in den Vordergrund stellen.

Bemerkung:

Nicht nur die Fußball- und Rugbynationen Schottland und Wales haben eigene Teams, obschon sie – noch nicht oder nicht mehr – souverän sind. Auch Katalonien kämpft seit Jahren mit schwankendem Erfolg um eine eigene Vertretung, vorrangig in seiner Königsdisziplin Hockey. Jedenfalls haben die Katalanen schon an einigen internationalen Tournieren mit eigenen Teams teilgenommen. Den Anschluss an diese Entwicklung nicht zu verlieren, sondern womöglich eine Allianz der Länder mit Anspruch auf autonome Mannschaften zu bilden, wäre eine realistische Herausforderung.

Die Debatte im Forum der VP.


Es freut zu sehen, dass auch linksgerichtete Italiener diesen Zirkus nicht mitmachen wollen: Link zu den entsprechenden Beiträgen im Blog von Silvano Bassetti. Das ist doch eine Diskussionsbasis!?


Links: BBC.

In den Kommentaren dieses Eintrags befinden sich zwei Briefe, die ich zu diesem Thema verfasst habe.

Cëla enghe: 01



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Comentârs

2 responses to “Olympia 21.”

  1. pérvasion avatar

    Höfliche Mitteilung an Herrn Marco Andreatta, Brixen, seines Zeichens Teamchef des Rodelnationalteams…

    Sehr geehrter Herr Andreatta,

    zuallererst möchte ich Ihnen und Ihren Schützlingen schon jetzt für den hervorragenden sportlichen Erfolg bei den olympischen Winterspielen gratulieren. Allerdings möchte ich Sie auch darauf hinweisen, dass Sie mit manchen Aussagen über die Identität der Südtiroler die Sensibilität von – größtenteils ebenfalls sportbegeisterten – Mitbürgern verletzen könnten. Ich ersuche Sie, als öffentliche Persönlichkeit nicht im Namen anderer zu sprechen; gerade als Südtiroler sollten Sie über die Wichtigkeit dieser besonderen Form der Rücksichtnahme Bescheid wissen, da viele Menschen, die den Südtiroler Sportlern die Daumen drücken, Ihre Ansichten nicht teilen. Um Missverständnissen vorzubeugen: Nichts liegt mir ferner, als Ihnen Ihre Meinung zu verbieten, die zum Besten zu geben ein Grundrecht aller Menschen ist. Wenn Sie sich als Italiener fühlen, dann verleihen Sie diesem Gefühl Ausdruck – eine pauschale Aussage, wonach »wir« Südtiroler »richtige« Italiener seien finde ich jedoch unangemessen, weil sie andere bevormundet.

    Ich wünsche Ihnen auch weiterhin viel sportlichen Erfolg und endlich mehr öffentliche Gelder für diese wunderbare Disziplin.

    Gesendet am 15.02.06

  2. pérvasion avatar

    …und an Herrn Durnwalder, Landeshauptmann von Südtirol:

    Sehr geehrter Herr Landeshauptmann,

    ich möchte Ihnen hiermit aufrichtig für Ihre klare und unmissverständliche Stellungnahme zum Versuch, unsere Sportler zu politischen Zwecken zu vereinnahmen, danken! Was bleibt von Sportlichkeit und olympischem Geist, wenn von Athleten ein »nationaler Kniefall« verlangt wird? Ich hoffe, dass sich bald eine endgültige Lösung zur Zufriedenheit aller findet, etwa die Gründung eines autonomen Verbandes für Athleten sämtlicher Sprachgruppen – zum Beispiel mit der Möglichkeit, dennoch für Italien an den Start zu gehen, um niemanden zu bevormunden. Dass Südtiroler weiterhin in nationalen Medien als angebliche Verräter vorgeführt werden, finde ich als liberaler, fortschrittlich gesinnter Europäer inakzeptabel.

    Gesendet am 16.02.06

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