Arenys de Munt ist die Gemeinde, die als erste ein inoffizielles Referendum zur Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien abgehalten hat. Seit Spanien von einer rechtskonservativen Regierung unter Mariano Rajoy (PP) geführt wird, haben auch die Delegierten des Zentralstaats (mit den italienischen Präfekten vergleichbar, wenngleich bei weitem nicht so mächtig) in Katalonien eine härtere Gangart eingelegt: In den meisten Gemeinden des Landes weht am Rathaus nur die katalanische Flagge (Senyera), die eigentlich vorgeschriebene spanische Flagge ist vielerorts seit Jahrzehnten verschwunden, ganz egal, ob der Bürgermeister ein Sozialist, Republikaner, Grüner oder Christdemokrat ist. Die Delegierten des Zentralstaats haben nun, offensichtlich auf Drängen der neuen Regierung, damit begonnen, Gemeinden anzuschreiben und dazu aufzufordern, ihren Pflichten gegenüber der Staatsflagge nachzukommen. Der Bürgermeister von Sant Pere de Torelló hat den Vetretern des spanischen Staates geantwortet, seine Gemeinde könne aufgrund der Krise und der Sparmaßnahmen Rajoys leider keine neue Flagge kaufen. In Arenys de Munt besinnt man sich stattdessen auf die mittlerweile zur Tradition gewordene direkte Demokratie: Die Gemeindebevölkerung soll sich in einer — diesmal amtlichen — Abstimmung dazu äußern, ob an ihrem Rathaus die spanische Flagge wehen soll, oder nicht. Das Ergebnis ist leicht vorhersehbar. Natürlich kann der Zentralstaat im Zweifelsfall sein Recht gerichtlich durchsetzen, die katalanischen Gemeinden bauen durch ihren Widerstand jedoch nicht vernachlässigbaren Druck auf, der es den Delegierten politisch schwer machen wird, die aufoktroyierte gesetzliche Verpflichtung flächendeckend durchzusetzen.
Arenys de Munt zum Zweiten.
Autor:a
ai
Comentârs
3 responses to “Arenys de Munt zum Zweiten.”
-
Publiché
Während es scheinbar in Katalonien normal ist, dass man sich gegen spanische Symbole wehrt, nimmt man in Südtirol alles in Kauf (siehe Bericht in der heutigen Dolomiten über die zahmen Kommentare der Parlamentarier zwecks Hymne und Fahnen). Das mag schon auch auf den massiven nationalistischen Druck zurückzuführen sein, den wir Südtiroler in bestimmten Bereichen von Seiten Italiens ausgesetzt sind, sollte aber keine Ausrede sein, denn genau diesen Druck könnte man auch anprangern.
Allerdings muss man hier wieder die großen Unterschiede betonen. Katalonien wäre eigentlich geschichtlich viel mehr an Spanien gebunden als Südtirol zu Italien, und trotzdem macht man dort massiv Werbung für die Eigenständigkeit.
Auch in Aosta, das geschichtlich eng mit Italien und besonders dem ital. Adelsgeschlecht verbunden ist, gibt es nur französische Namen. Oder das Elsass, das immer wieder hergenommen wird um zu zeigen wie gut es uns hier doch geht. Neulich war eine Horrormeldung in den “Dolomiten”, wonach die letzte deutschsprachige Zeitung dort geschlossen worden wäre. Heute schreibt ein Elsässer einen Leserbrief an die “Dolomiten”-Redaktion und entlarvt die falsche Information. Er schreibt, dass es die Zeitung nach wie vor gibt und dass man Elsass mit Südtirol nicht vergleichen kann, da das Elsass ewig schon bei Frankreich ist, die Elsässer keine deutschen Staatsbürger sein wollen und dass kaum Ortsnamen ins französische übersetzt wurden.
Soviel zur politischen Mündigkeit und Information im Lande Südtirol…denn wer in Südtirol weiß diese Sachen? -
Publiché
P.S.: Noch eine Frage an dich pérvasion. Da du ja ein ausgesprochener Katalonien-Kenner bist (ich glaube mich zu erninner dass du mal geschrieben hast selbst öfters dort gewesen zu sein oder sogar dort gelebt zu haben) , hätte ich gern gewusst ob es dort auch so martialistische Aufmärsche des spanischen Militärs gibt wie bei uns in diesem Jahr vom italienischen Heer geplant (heutige Ausgabe der “Alto Adige” spricht von minimal 250.000 Menschen)?
-
Publiché
Vorausgeschickt, dass es sich beim Alpiniaufmarsch nicht um eine offizielle Veranstaltung des Heeres handelt, ist mir keine auch nur ähnliche Veranstaltung in Katalonien bekannt. Ich denke auch nicht, dass die Organisatoren dort mit institutioneller Unterstützung rechnen könnten, aber das sind Mutmaßungen.
Ich war mehrmals in Katalonien und lese seit Jahren fast täglich katalanische Medien im Netz, aber ich habe nie dort gelebt. Vielmehr war zwei Jahre lang Madrid meine Heimatstadt.
Scrì na resposta