Darüber, dass das aktuelle Südtiroler Schulsystem — etwa im Vergleich zum katalanischen — ungeeignet erscheint, neue Mitbürgerinnen in eine mehrsprachige Gesellschaft zu integrieren, wurde hier bereits geschrieben. Jetzt sorgt auch noch eine Broschüre für Aufmerksamkeit, die laut Tageszeitung A. Adige im Eisacktal verteilt werden soll: Das Faltblatt, welches Zugewanderten die Orientierung in ihrer neuen Heimat erleichtern soll, empfiehlt angeblich nicht, die Kinder in der Sprache ihrer neuen gesellschaftlichen Umgebung einzuschulen, sondern in jener Landessprache, die die Eltern am besten beherrschen.
Damit wird der abflauenden Praxis, Migrantinnen in italienische Schulen »abzuschieben«, neuer Auftrieb verliehen: Italienisch verfügt als Staatssprache — besonders bei Zugewanderten, die die besondere Situation unseres Landes (noch) nicht kennen — ohnehin über größere Attraktivität. Viele von ihnen wandern zudem aus Italien ein, manche bereiten sich bereits in ihrem Herkunftsland aus dem Bewusstsein, »nach Italien« zu kommen, sprachlich einseitig auf ihr neues Umfeld in Südtirol vor. Hinzu kommt erschwerend, dass der Staat durch seine Weigerung, bei der Verleihung von Aufenthaltsgenehmigungen auch Deutsch- und Ladinischkenntnisse angemessen zu berücksichtigen, bereits die Gleichstellung der Sprachen unterminiert — und somit eine klare Hierarchie zum Nachteil der minoritären Sprachen schafft.
Anstatt dieser Dynamik durch Ausgleichsmaßnahmen entgegenzuwirken, wird sie durch derart dümmliche Empfehlungen auch noch verstärkt. Der Integration besonders in den Dörfern wird schwerer Schaden zugefügt: Da vielerorts gar keine italienischen Schulen existieren, ist zu erwarten, dass künftig Kinder in die Städte gekarrt werden, nur um in der Sprache unterwiesen zu werden, die ihre Eltern besser verstehen. Der Kontakt mit Gleichaltrigen vor Ort bleibt auf der Strecke.
Zum Vergleich: Broschüre aus Katalonien.
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