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  • Sinner und die kolonialistischen Konsumentenschützerinnen.

    Auch in Italien gibt es Vereine mit spezifischen Tätigkeitsbereichen: Gesundheit, Soziales, Sport, Schutz von Konsumentinnen oder Umwelt — um nur einige zu nennen. Doch eine Kompetenz scheint übergreifend zu sein, der Nationalismus und die koloniale Pöbelei gegen nationale Minderheiten (vgl. 01 02 03 04).

    So kommt es auch, dass jetzt die Konsumentinnenvereinigung Codacons, eine der größten des Landes, die Stimme erhebt, weil der Südtiroler Tennisspieler und derzeitige Weltranglistenzweite Jannik Sinner beschlossen hat, dieses Jahr nicht am Davis Cup teilzunehmen.

    In einer Individualsportart wie dem Tennis stellt das Turnier die große Ausnahme dar, weil es auf Nationalmannschaften ausgelegt ist.

    Der Codacons fordert nun, Sinner alle öffentlichen Ehrungen zu entziehen, da seine Entscheidung »ein Schlag ins Gesicht Italiens« sei.

    Regelmäßig müssen Sportlerinnen aus Südtirol Italianitätsbeweise abliefern und werden auch von Politik, Medien und Institutionen identitär vereinnahmt. Diesmal sah sich zum Beispiel auch Bruno Vespa, Moderator des öffentlich-rechtlichen italienischen Fernsehens, dazu veranlasst, Sinner wegen seiner Davis-Absage anzugreifen.

    Sinner selbst übrigens soll sich in Wien — freiwillig oder nicht — indes als Italiener bezeichnet haben.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 || 01 02



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  • Ausbildung von Land und Uni ohne Deutsch.
    Minorisierung

    Wie die Freie Universität Bozen (FUB) mitteilt, werde der Masterstudiengang Fire Safety Engineering (FSE) die Ausbildung von Technikerinnen für das neu eingeführte Brandschutzregister des Landes Südtirol unterstützen.

    Ausschnitt unibzmagazine

    Arianna Villotti, Direktorin des Landesamts für Brandverhütung in der Agentur für Bevölkerungsschutz, betont laut der Mitteilung, dass mit der Partnerschaft zwischen Land und FUB die Ausbildung im Bereich der Brandschutztechnik gestärkt werden soll. Und der Dekan der Fakultät für Ingenieurswissenschaften, Andrea Gasparella, bezeichnet die Zusammenarbeit mit dem Land als »entscheidenden Baustein«, um »Forschung, Lehre und Berufspraxis miteinander zu verbinden und Kompetenzen und Anforderungen an unsere Gegebenheiten anzupassen«.

    Und in welcher Sprache findet eine Ausbildung statt, die in Kooperation zwischen dem dreisprachigen Land Südtirol und der dreisprachigen Universität in Bozen durchgeführt wird? Richtig: Auf Italienisch und Englisch, wie die offizielle Beschreibung auf der Website der Universität verrät.

    Zusammenfassende Beschreibung des Masterstudiengangs FSE (Quelle: FUB-Website)

    Angekündigt wurde die Kooperation beim Symposion NextFSE – Fire Safety Entineering am 17. Oktober im Noi Techpark. Die von der FUB, dem Noi-Techpark und agorà organisierte Veranstaltung, bei der auch Arianna Villotti referierte, war — wie auch die gesamte Website des Events — einsprachig italienisch.

    NextFSE-Website (Ausschnitt)

    Da Villotti über das neue Landesgesetz referierte und auch die einschlägige Ausbildung in Zusammenarbeit mit dem Land durchgeführt wird, stellt sich mir die Frage, warum die deutsche Sprache so systematisch marginalisiert wird.

    Umgekehrt wäre eine ähnliche Ausgrenzung der italienischen Sprach(grupp)e wohl kaum möglich und vorstellbar.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08



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  • Angeblich geringste Armutsgefährdung in Europa.

    In Südtirol sind nur 6,6 Prozent der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdet, ein Wert, der in keiner anderen Region der EU so niedrig ist. Diese von Eurostat veröffentlichte veröffentlichte Erkenntnis klingt ebenso gut, wie sie leider falsch und irreführend ist. Das europäische Statistikinstitut bemisst die Armutsgefährdung nämlich am staatsweiten Median des verfügbaren Äquivalenteinkommens. Einkommen, die nach Sozialtransfers unter 60 Prozent dieses staatsweiten Wertes liegen, gelten als armutsgefährdet.

    Das mag in Staaten, wo die Einkommen einigermaßen homogen verteilt sind, noch recht gut funktionieren. In Italien, einem der Länder mit den größten regionalen Unterschieden in der gesamten EU, hat das aber wenig Sinn. Statistisch mag es durchaus zutreffen, dass in Südtirol nur wenige Prozent der Bevölkerung unter dem Schwellenwert liegen, der aufgrund des italienischen Medians berechnet wurde. Nur sagt dies auf Südtirol mit seinen viel höheren Lebenshaltungskosten bezogen nur sehr wenig aus. Möglicherweise sind Menschen hier auch mit 70 oder gar mit 80 Prozent des staatsweiten Äquivalenteinkommens noch armutsgefährdet — den genauen Wert müsste man erst berechnen.

    Die Kehrseite derselben Medaille — und vermutlich eine Bestätigung für das, was ich hier behaupte — ist übrigens die Tatsache, dass Kalabrien (48,8%) und Kampanien (43,5%) zu den drei europäischen Regionen mit der höchsten Armutsgefährdung gehören. Auch das liegt daran, dass Wirtschaftskraft und Einkommen in Italien äußerst ungleich zwischen Nord und Süd verteilt sind und die Lebenshaltungskosten ebenfalls regional sehr stark variieren. Wie im Fall von Südtirol ist es daher auch für ärmere Regionen im Süden irreführend, sie an einer staatsweit festgelegten Armutsgefährdungsschwelle zu messen. Mit der sozioökonomischen Realität vor Ort hat das dann relativ wenig zu tun.

    Natürlich schneidet Südtirol — am italienischen Wert gemessen — auch deutlich besser ab als etwa Nord- und Osttirol, die am höheren österreichischen Median gemessen werden.

    Cëla enghe: 01



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  • Paghe al minimo a spese del bilinguismo.
    Non solo Waltherpark

    Nella sua edizione odierna, il Corriere locale tematizza la mancanza di personale per i negozi del Waltherpark, fresco di apertura. L’articolo è intriso di disprezzo nei confronti della «gente» che sarebbe troppo pigra per lavorare, particolarmente nei weekend. E se ne meravigliano?

    «[…] La gente non ha voglia di fare niente, non ha voglia di lavorare» dichiara senza mezzi termini Alessandro, di Jack & Jones, che cerca ancora «almeno due persone part-time.»

    – Corriere

    Salvo poi però scoprire che a fronte di incassi d’oro le catene applicano il Contratto collettivo nazionale (Ccnl), cioè salari da fame — particolamente se relazionati al costo della vita in Sudtirolo.

    A dispetto delle Cassandre, la prima settimana di vita [di Waltherpark] ha generato introiti poderosi; il negozio Legami, rivela la responsabile Camelia, ha registrato 20.000 euro di incasso solo nel primo weekend.

    – Corriere

    E invece di alzare gli stipendi, molti rinunciano subito a cercare personale che sappia il tedesco, sacrificando il rispetto per i propri potenziali clienti al dio denaro.

    La necessità di dipendenti ha però reso flessibile quello che un tempo [quando?] era un paletto invalicabile. Per FootLocker il bilinguismo non è discriminante, «tanto la relazione con il cliente straniero è spesso in inglese».

    – Corriere

    Che il bilinguismo in Sudtirolo sia una questione di diritti per chi (maggioritariamente) ci abita, ormai sembra non sfiorare nemmeno più le menti di certe persone.

    Per Guess «l’attitudine [quella a farsi sfruttare?] è più importante della lingua». Anche da Miriade «il bilinguismo è difficile pretenderlo con l’attuale livello retributivo».

    – Corriere

    Il presidente americano Joe Biden qualche anno fa, a chi si lamentava di non trovare personale, senza giri di parole aveva detto: «pay them more!» Un’esortazione da allungare anche a certe catene — e non solo — operanti in Sudtirolo.

    Tutto questo comunque sembrerebbe confermare anche la mia tesi (per nulla scientifica) che laddove in Sudtirolo manchi il bi-/trilinguismo, ciò spesso e volentieri sia un sintomo di problemi più profondi come, in questo caso, la precarizzazione e lo sfruttamento del personale.

    Ed ecco anche perché sarebbe urgente che i diritti linguistici venissero definiti per legge, come in Catalogna o in Québec, in modo che non sia più possibile negarli al fine di massimizzare gli utili e riconoscere salari fin troppo bassi al proprio personale, come sta avvenendo.

    In generale comunque i salari da fame sono uno scotto — uno dei tanti, ma anche uno dei più impattanti — che paghiamo all’appartenenza di questa terra all’Italia.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06



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  • Rom gegen die Sexualbildung.

    Die rechtsrechte italienische Regierung plant die nächste autoritäre und rückwärtsgewandte Reform im Schulbereich. Nach der repressiven Neuregelung des Betragens, dem Verbot geschlechtergerechter Sprache und der Einführung von Nationalismus als Bildungsziel soll nun auch noch die Sexualbildung an Grund- und Mittelschulen verboten werden. Ein Abänderungsantrag der Lega, der im zuständigen Ausschuss des Parlaments genehmigt wurde, sieht vor, dass alles andere als die rein biologischen Aspekte der Sexualität erst in der Oberschule unterrichtet werden darf — und selbst dort nur mit Zustimmung der Eltern.

    Aufklärung über Verhütung oder sexuell übertragbare Krankheiten und Vorbeugung etwa gegen sexualisierte Gewalt wären somit im Kindesalter ausgeschlossen. Eltern können dies selbst übernehmen, doch ohne Fachleute wird manches nicht zu schaffen sein.

    In einem Zeitalter, wo Kinder und Jugendliche dem Thema Sexualität allein schon wegen dem Internet so stark ausgesetzt sind wie wohl noch nie zuvor, wäre ein Verbot, wie es auch der (»demütigende«) Bildungsminister Giuseppe Valditara (Lega) unterstützt, eine regelrechte Katastrophe.

    Auch hier erweist sich aber: Rechtsradikale und Rechtsextreme zu wählen, bleibt nicht folgenlos.

    Der Südtiroler Schullandesrat Philipp Achammer (SVP) hat sich glücklicherweise klar gegen die geplante Maßnahme ausgesprochen und will alle Spielräume nutzen, um das allfällige Verbot in Südtirol zu übergehen. Ob die schwache Landesautonomie dies überhaupt zulässt, ist aber noch unklar.

    Klar ist jedenfalls, dass wieder einmal Energie aufgewendet werden muss, um etwas abzuwenden, was es so gar nicht gäbe, wenn wir unabhängig — oder tatsächlich autonom — wären. Dieser Aufwand wäre in die Frage, wie wir die Schule zukunftsfit machen können, wesentlich besser investiert als in die Verhinderung von Rückschritten.

    Zudem zeigt sich einmal mehr, dass die deutsche Schule in Südtirol sich nicht nur sprachlich von der italienischen unterscheidet. Der italienische Schullandesrat Marco Galateo von den neofaschistischen Fratelli d’Italia wird die römischen Vorgaben voraussichtlich sofort und gerne übernehmen, wie er es — sogar gegen den Willen des Landtags — schon beim Verbot der geschlechtergerechten Sprache gemacht hat.

    Von wegen »Glück«, dass Südtirol Italien sei.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10



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  • Eine Topographie der Minorisierung.
    Südtirol

    In Anlehnung an die Topographie des Grauens (TdG), die ich vor einigen Jahren erstellt und seitdem immer wieder ergänzt hatte, habe ich nun als Parallelprojekt zu eine weitere interaktive Karte angelegt, die auch Orte der Minorisierung (sowie der Kolonialisierung, Assimilierung, Unterwerfung, Anbiederung, Kommerzialisierung und des Ausverkaufs) in Südtirol — insbesondere zu Lasten der deutschen und der ladinischen Minderheit — zusammenfassen soll.

    Mein Hauptziel ist, einen (geo-)graphischen Überblick zu schaffen, um Tendenzen besser veranschaulichen zu können, aber auch um den Zugriff auf bestimmte Themen aus einer anderen Perspektive zu ermöglichen. Zusammenhänge und Entwicklungen erschließen sich manchmal besser, wenn sie räumlich erfasst werden können.

    Vollbildanzeige

    Dabei stellen manche der verzeichneten Orte Bezüge zu bereits erschienenen -Beiträgen her. Wo dies der Fall ist, führen Links vom Kartenelement zum jeweiligen Artikel. Umgekehrt leiten Verknüpfungen, mit einem speziellen Symbol () gekennzeichnet, fortan auch direkt von den Artikeln zu den eventuell relevanten Karteneinträgen.

    Manche in der Topographie der Minorisierung verzeichnete Orte benötigen meiner Ansicht nach keiner weiteren Befassung in einem Beitrag. Vielmehr tragen sie dazu bei, das Bild einer allgemeinen Tendenz zu vervollständigen. Deshalb ist mir auch wichtig festzuhalten, dass nicht jeder enthaltene Punkt — für sich allein — notwendigerweise problematisch ist. Manche sind es mehr, andere werden nur in der Gesamtschau zum Problem.

    Korrekturhinweise, Anregungen, Ergänzungsvorschläge und Kritik können gerne direkt unter diesem Eintrag in den Kommentaren oder via E-Mail (an bbd[at]brennerbasisdemokratie.eu) an- und vorgebracht werden. Dies ist sogar ausdrücklich erwünscht und erleichtert mir die Arbeit.

    Im Augenblick befindet sich die Karte selbstverständlich noch in den Kinderschuhen und ist daher keineswegs als auch nur einigermaßen vollständig zu betrachten.

    Cëla enghe: 01



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