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  • Unrealistische Herkunftsangabe tritt in Kraft.

    Die italienische Zentralregierung hat das Südtiroler Landesgesetz zur verpflichtenden Herkunftsangabe bei Lebensmitteln in der Gastronomie nicht vor dem Verfassungsgericht angefochten. Es war von Manfred Vallazza (SVP) vorgelegt und unter anderem von den Grünen unterstützt worden, während es vom HGV bekämpft wurde.

    Im Vorfeld war gewarnt worden, dass Südtirol nicht die Zuständigkeit habe, derartige Bestimmungen zu erlassen. Doch nicht zum ersten Mal beweist sich, dass das, was als unmöglich, unzulässig und unrealistisch bezeichnet wird, letztendlich trotzdem eintreten kann.

    Einem Bericht der TAZ vom März zufolge hatten sowohl Brüssel als auch Rom bereits vor Genehmigung des Entwurfs durch den Landtag (mit 22 zu 3 Stimmen bei 4 Enthaltungen) ihre grundsätzliche Zustimmung signalisiert.

    Im August wird das Gesetz, gegen das HGV und hds nach wie vor Sturm laufen, im Interesse der Südtirolerinnen in Kraft treten. Einer Apollis-Umfrage zufolge befürworteten 92% der Befragten eine solche Kennzeichnungspflicht.

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  • Deutscher Boulevard vs. Südtiroler “Qualität”.
    Persönlichkeitsrechte und Schwarze Chronik

    Unlängst kam es im Belluno zu einem schrecklichen Zwischenfall. Eine Frau aus Bayern ist Berichten zufolge (Anm.: die Tiroler Tageszeitung berichtet mustergültig über dieses Ereignis) mit ihrem Auto in eine Gruppe Fußgänger gerast und hat dabei drei Menschen getötet.

    So wird in deutschen und Südtiroler Medien darüber berichtet:

    Unkenntlichmachung von mir

    In ihrer Sensationsgier überschreiten Südtiroler »Qualitätsmedien« regelmäßig und skrupellos ethische Grenzen und befördern private, die Persönlichkeitsrechte der involvierten Personen tangierende Details zutage, die weit über eine adäquate Sachberichterstattung und das Informationsrecht der Allgemeinheit hinausgehen. Soweit ich das beobachten konnte, ist das Magazin ff das einzige Medium hierzulande, das sich nicht an derartig primitiven Formen des Sensationsjournalismus beteiligt. Die anderen machen offenbar — mit tatkräftiger Unterstützung der Einsatzkräfte, die bereitwillig private Details der involvierten Personen preisgeben — mit. Ganz nach dem Motto »Tote bringen Quote«. Es ist echt widerlich.

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  • Das Problemtier vom Bauernbund.

    Im Umgang mit den neofaschistischen Fratelli d’Italia lauten die Maximen des Südtiroler Bauernbunds (SBB) »radikale Beliebigkeit« und »radikaler Opportunismus«. Einen anderen Schluss lässt das heute in der TAZ erschienene Interview mit SBB-Obmann Leo Tiefenthaler gar nicht zu. Nicht bloß die Südtirolautonomie, sondern selbst die Demokratie und die Menschenwürde müssen eben hintanstehen, wenn eine Partei der Südtiroler Bauernschaft verspricht, die Entnahme von Bären und Wölfen zu erleichtern.

    Das Getöse der Fratelli gegen die Autonomie ist dem Obmann wurscht, denn bewertet würden nur »die Tatsachen« — und ohnehin sehe er »überhaupt keine Gefahr, dass [die Autonomie] beschnitten wird.« Doch eine Glaskugel habe er natürlich nicht, womit die Hände in Unschuld gewaschen wären.

    Bei Wolf und Bär sind Tiefenthaler Tatsachen aber weniger wichtig, da reichen ihm offenbar vage Ankündigungen, um Minister Francesco Lollobrigida (FdI) den roten Teppich auszurollen. Und gleichzeitig die Augen vor den Gefahren zu verschließen.

    Dabei würde es reichen, nicht zwei Glasaugen zu haben, um zu erkennen, dass die rechtsrechte Regierungsmehrheit seit dem ersten Tag das Zusammenleben gefährdet: indem sie bewusst den Tod von Menschen in Kauf nimmt, gegen Queere hetzt, Kinder entrechtet, Umverteilung von unten nach oben vorantreibt, den öffentlichen Rundfunk gleichschaltet, von Umvolkung schwafelt, die Schutzfunktion Österreichs in Frage stellt, die Italienerinnen als Minderheit darstellt, Südtirolattentäter mit den Terroristinnen der 70er und 80er in einen Topf wirft, den Unterschied zwischen Faschismus und Antifaschismus verwischt; Folter erleichtern, Fremdwörter verbieten oder Klimaaktivistinnen statt Umweltzerstörung kriminalisieren will. Ganz ehrlich: Wohin diese Reise geht, versteht man auch ohne Hellseherei.

    Aber das kann den Bauernbundobmann offenbar nicht aus der Fassung bringen. Denn:

    Unsere Aufgabe ist es, unseren Mitgliedern gute Voraussetzungen zu schaffen, um ihre Betriebe zu bewirtschaften.

    – Leo Tiefenthaler, TAZ, 12. Juli 2023

    Für dieses übergeordnete Ziel lohnt es sich zweifellos, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die freiheitlich-demokratische Grundordnung aufs Spiel zu setzen.

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  • Wasser: Zuständigkeit verscherbelt?

    Die Südtiroler Grünen weisen darauf hin, dass die Landesregierung die Hoheit über die Gewässernutzung und die Trinkwasserversorgung dem Zentralstaat ausgeliefert habe. Das entsprechende Einvernehmensprotokoll zwischen der italienischen Regulierungsbehörde ARERA und dem Land Südtirol vom 24. Februar 2023 sei ein strategischer Fehler und gar ein Verstoß gegen das Autonomiestatut, schreiben die Anwälte Felix von Wohlgemuth und Rudi Benedikter in einer Aussendung.

    Mit diesem Schritt seien die Südtiroler Gemeinden und Trinkwasserkonsortien entmachtet worden. ARERA sei laut Einigung zwar dazu angehalten, mit dem Land zu verhandeln, könne sich letztendlich aber bei fehlendem Konsens einfach und unmittelbar über allfällige Südtiroler Bedenken hinwegsetzen. Dann bliebe nur noch der aufwändige Gang vor das (traditionell zentralistisch ausgerichtete) italienische Verfassungsgericht.

    Trentiner Gemeinden dagegen

    Der Südtiroler Rat der Gemeinden habe dem Einvernehmen zwar vorab zugestimmt, so die Grünen, doch die Kommunen im benachbarten Trentino hätten sich einem solchen Vorhaben vehement und einstimmig widersetzt.

    Insbesondere wandte der Trentiner Rat der Lokalautonomien in seiner offiziellen Stellungnahme ein, dass das geplante Einvernehmensprotokoll

    • die Beteiligung der Lokalkörperschaften an den vorgesehenen Verhandlungen mit der Regulierungsbehörde weder sichere noch vorsehe;
    • die Anwendung von ARERA-Verfügungen im Trentino selbst dann ermöglichen würde, wenn sie mit dem Autonomiestatut und den einschlägigen Durchführungsbestimmungen in Widerspruch stehen;
    • so kurze Fristen für die Übermittlung von Unterlagen und Auskünften an die Regulierungsbehörde vorsehe, dass sie für viele Gemeinden schwer einzuhalten seien.

    Nach eingehender Debatte, so der Trentiner Rat der Lokalautonomien, sei das Gremium zum Schluss gelangt, dass es nicht opportun erscheine, in Bezug auf autonome Zuständigkeiten gefährliche Wege zu beschreiten und einen Mechanismus einzuführen, der die Verhandlungsposition der Lokalkörperschaften gegenüber staatlichen Institutionen und Behörden wie ARERA schwächen könnte.

    Verlorene Trinkwasserhoheit

    Die Grünen sehen nicht nur die Gefahr der Beschneidung autonomer Zuständigkeiten und des Vorrangs zentralstaatlicher Interessen, sondern in der Folge auch konkret das Risiko eines Ausverkaufs sowie steigender Trinkwasserpreise.

    Sie fordern die Gemeinden auf, gegen etwaige Einmischungen von ARERA unverzüglich rechtlich vorzugehen. Von der Landespolitik erwarten sie, dass sie mit der Regulierungsbehörde eine Revision des Einvernehmensprotokolls vornimmt, die mit dem Autonomiestatut konform ist.

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  • DG: Post-Geldautomaten auf Deutsch.

    Die ostbelgische Zeitung Grenzecho berichtet, dass die Geldautomaten der belgischen Post (bpost) eine Zeit lang nicht mehr in deutscher Sprache verfügbar waren. Beim Ombudsdienst der Deutschsprachigen Gemeinschaft (DG) seien deshalb in wenigen Monaten mehrere Meldungen eingegangen, die an die Beschwerdestelle der Postbank weitergeleitet worden seien. Nun sei die Bedienung in deutscher Sprache wiederhergestellt worden.

    Bildschirmausschnitt: Grenzecho

    Zum Vergleich: In Südtirol — Vorzeigeautonomie — waren die Geldautomaten der Post (Postamat) nie in deutscher Sprache bedienbar und sind es auch heute nicht. So wie viele andere Dienstleistungen der Post und ihrer Bank nur auf Italienisch (und höchstens noch auf Englisch) verfügbar sind. Auch Beschwerden bringen meist wenig.

    Cëla enghe: 01 02 03 | 04 05 || 01



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  • Anerkennung: Schockierte Psychologinnen.

    Vor wenigen Wochen ist auf Salto ein Beitrag über die Anerkennung beruflicher Qualifikationen erschienen. Demnach sei es (auch) für Psychologinnen und -therapeutinnen, wenn sie im EU-Ausland studiert haben, sehr umständlich, ihren Studienabschluss in Italien anerkennen zu lassen. Zusätzlich zur Anerkennung seien ferner ein einjähriges, meist schlecht oder unbezahltes Praktikum1die Rede ist von 0-800€ monatlich sowie das Ablegen einer Staatsprüfung vorgesehen.

    Für Rückkehrerinnen sei dieses langwierige und finanziell belastende Verfahren nicht attraktiv, berichtet Salto unter Bezugnahme auf einen Brief, den sechs Psychologinnen im Februar an LH Arno Kompatscher (SVP) geschickt haben.

    Ausdrücklich wird in dem Beitrag darauf hingewiesen, dass die EU-Richtlinie, die die Anerkennung in der gesamten Union regelt, von Italien (wieder einmal) deutlich restriktiver gehandhabt werde als von anderen Ländern, etwa Deutschland. Trotz Bologna-Reform würden in Italien außerdem auch weiterhin Studieninhalte miteinander verglichen.

    Lediglich österreichische Abschlüsse könnten — direkt über die Universität Bozen — »vergleichsweise problemlos« abgewickelt werden.

    In ihrem Brief weisen die »schockierten und verärgerten« Psychologinnen auf den Personalmangel hin, berufen sich auf die europäische Berufs- und Niederlassungsfreiheit und bitten den Landeshauptmann, sich für die Änderung des Anerkennungsverfahrens einzusetzen. Eventuelle Aufholprüfungen müssten in deutscher Sprache möglich gemacht werden, fordern sie.

    Bislang werden in Südtirol, um freie Stellen zu besetzen, vor allem Proporz und Zweisprachigkeitspflicht aufgeweicht. Im psychologischen Bereich, wo Kommunikation besonders wichtig ist, kann dies außerordentlich negative Folgen haben. Gleichzeitig werden durch den üblichen italienischen Bürokratismus (und Nationalismus) unnötig verfügbare Ressourcen verschwendet.

    Jenes der Anerkennung von Studienabschlüssen und Berufsqualifikationen ist ein herausragendes Beispiel, wie Südtirol als unabhängiger Staat (in Anlehnung an andere EU-Länder) deutlich unbürokratischere Regelungen anwenden könnte — und als kleiner Staat im eigenen Interesse wohl auch müsste. Der Verbleib bei Italien bringt uns diesbezüglich einen klaren Standortnachteil, der der Professionalität, der Wahrung unserer Mehrsprachigkeit und den Rechten der Bevölkerung abträglich ist.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05

    • 1
      die Rede ist von 0-800€ monatlich


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  • Primariate: War es Hybris?

    In der ff vom 15. Juni (Nr. 24/23) wird Arzt und Gewerkschafter Ivano Simioni (BSK/VSK) in Bezug auf das Desaster mit den Primarernennungen wie folgt zitiert:

    Das Land Südtirol hat sich wohl überschätzt und geglaubt, eigene Gesetze schreiben zu können.

    – Dr. Ivano Simioni

    Eine solche Aussage wäre eher von der nationalistischen Anaao zu erwarten gewesen.

    Darüber hinaus ist die Feststellung aber auch von einer geradezu atemberaubenden Unschärfe: Erstens, weil sich das Verfassungsgericht, wie bereits beschrieben, solche Urteile aus den Fingern saugt. Und zweitens, weil das Land Südtirol aufgrund seiner (obschon immer enger werdenden) Autonomie sehr wohl eigene Gesetze schreiben kann — und darf.

    Dasselbe Verfassungsgericht, das die Ernennungen laut altem Verfahren (2017-21) für verfassungswidrig erklärt hat, hat gleichzeitig den aktuellen Modus ausdrücklich als verfassungskonform anerkannt.1s. Verfassungsgerichtsurteil Nr. 139/2022 – Punkt 5.4 Auch der beruht auf einem Landesgesetz.2DLH 29/2021 Folglich ist es nicht so, dass das Land nicht eigene Gesetze schreiben dürfte, wie Dr. Simioni suggeriert — sie müssen nur nach dem unvorhersehbaren Gusto der allmächtigen, wankelmütigen Verfassungsrichterinnen sein.

    Die Alternative wäre freilich, jeden autonomen Spielraum, der in vielen Bereichen Regelungen ermöglicht hat, die besser zu unserem Land mit seinen Besonderheiten passen, vorauseilend zu verwerfen und bevorzugt römische Gesetze anzuwenden. Das wäre dem Verfassungsgericht sicher recht und würde dem Land den Vorwurf der Selbstüberschätzung ersparen.

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  • Burschenschaftstreffen abgesagt.

    Dank und Anerkennung gebühren wohl in erster Linie der Antifa Meran, die als erste auf die geplante Tagung des rechtsextremen Dachverbandes Deutsche Burschenschaft in Algund hingewiesen hatte: Die Gemeindeverwaltung gab nun bekannt, die für die Nutzung des öffentlichen Thalguterhauses eingezahlte Kaution zurücküberwiesen und die Veranstaltung abgesagt zu haben.

    Zuerst hatte Bürgermeister Ulrich Gamper (SVP) noch tagelang herumlaviert und die Öffentlichkeit mit teils absurden Ausflüchten überrascht. Seine Stellvertreterin, Rechtsanwältin Alexandra Ganner (SVP), schien jedoch von Anfang an entschiedener gegen die Veranstaltung der Rechtsextremen vorgehen zu wollen.

    Das der neofaschistischen Regierung unterstehende Regierungskommissariat wollte dem Wunsch der Gemeinde, die umstrittene Tagung zu verbieten, offenbar nicht nachkommen. Also nahm man in Algund die Angelegenheit letztendlich selbst in die Hand und sorgte für die erfreuliche Nachricht: Die Deutsche Burschenschaft ist unerwünscht.

    Entscheidend mitverantwortlich für diesen Schritt soll der zivilgesellschaftliche Druck gewesen sein.

    Cëla enghe: 01 02 03 || 01



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