In einem Faktencheck des Profil zum ORF-Sommergespräch mit SPÖ-Chef Andreas Babler geht es unter anderem um den Ärztinnenmangel, den es in Österreich — ganz ohne Proporz und Zweisprachigkeitspflicht — ebenfalls gibt. Dabei kommt unter anderem Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS) zu Wort, der empfiehlt, das Medizinstudium künftig nur noch für jene kostenlos zu halten, die anschließend auch tatsächlich dem österreichischen Gesundheitssystem zur Verfügung stehen.
Lösen könnte man das über eine Studiengebühr – und nur wer sich verpflichtet, nach der Promotion in Österreich als Arzt oder Ärztin zu arbeiten, kriegt ein Stipendium.
– Thomas Czypionka im Profil
Damit, so die Überlegung, könnte die Zahl der Ärztinnen im Land erhöht werden, ohne neue Studienplätze schaffen zu müssen, die laut österreichischem Rechnungshof übrigens mehr als eine halbe Million Euro kosten — pro Ausgebildeter.
Südtirolerinnen sind in Österreich bekanntlich inländischen Studierenden gleichgestellt, wenn sie die Matura an einer deutschen oder ladinischen Schule abgelegt haben — ein nicht zu unterschätzender Beitrag zum Minderheitenschutz. Mit Wien sollte aber rechtzeitig ausgehandelt werden, dass die Gleichbehandlung auch aufrecht bleibt, falls ein Modell umgesetzt wird, wie es Czypionka vorschlägt.
Dass Österreich Maßnahmen ergreifen wird, um sein Gesundheitssystem zu schützen, scheint derzeit fast unausweichlich. Medizinstudentinnen sollten jedoch auch dann von etwaigen Studiengebühren befreit werden, wenn sie sich dazu verpflichten, in Südtirol zu arbeiten.
Für die Ausgestaltung dieser Gleichstellung bieten sich freilich unterschiedliche Modelle an. So könnte zum Beispiel allen Studierenden an österreichischen Medizinfakultäten grundsätzlich angeboten werden, sich zur Arbeit in einem der beiden Länder (Österreich + Südtirol) zu verpflichten. Oder aber Studierenden aus Österreich und Südtirol wird nur angeboten, sich zur Arbeit im jeweiligen Heimatland zu verpflichten, um von der Studiengebühr befreit zu werden.
Dazwischen gäbe es theoretisch noch weitere Möglichkeiten: Südtirolerinnen, die sich für Österreich als Arbeitsort entscheiden, könnten zum Beispiel ein geringeres Stipendium erhalten als die, die sich ausdrücklich zur Rückkehr nach Südtirol verpflichten.
Ähnliche Regelungen hat das Land Südtirol ja bereits für die eigenen Stipendien eingeführt. Doch falls sich Österreich für ein System entscheidet, wie es Czypionka vorschwebt, könnte das für Südtirol sehr schnell zur Katastrophe oder zu einem deutlichen Gewinn (tertium non datur) werden — je nachdem ob wir es schaffen, Teil der Lösung zu werden.
Nicht zuletzt könnte die Einführung eines derartigen Systems ein wichtiger Beitrag dazu sein, den Ärztinnenmangel auch in Südtirol abzumildern, ohne immer wieder nur den Minderheitenschutz zurückzuschrauben.