Autorinnen und Gastbeiträge →

  • Seilbahnabstimmung (und Zuständigkeit).

    Das große Ärgernis

    Die Bürgerinnen der Gemeinde Brixen haben demnächst (am 21. September) die Gelegenheit, über die Anbindung der Stadt an den Hausberg Plose zu befinden. Leider sind die Antwortmöglichkeiten derlei gewählt, dass ein eindeutiges Ergebnis kaum zu erwarten ist:

    Für welches Projekt zur direkten Anbindung des Plosebergs an die Stadt soll sich die Gemeinde Brixen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten einsetzen? (nur eine der Möglichkeiten ankreuzen)

    • Für die Realisierung einer Seilbahnverbindung vom Bahnhof Brixen zur Talstation der Umlaufbahn St. Andrä
    • Für die Einrichtung einer verbesserten Busverbindung zwischen Stadt und Talstation der Umlaufbahn in St. Andrä
    • Die heutige Situation soll beibehalten werden

    Mit erheblicher Wahrscheinlichkeit wird es nur eine relative und keine absolute Mehrheit für eine der drei Optionen geben. Wenn etwa die Seilbahnverbindung 38% der Stimmen auf sich vereinen würde, die Beibehaltung der heutigen Situation 33% und die verbesserte Busverbindung 28% — wer kann dann sagen, ob die Befürworter der Busverbindung nicht lieber gar nichts machen würden (33%+28%=61%), als die Seilbahn zu bauen? Mit den geeigneten Antwortmöglichkeiten kann man Gegner und Befürworter stets so auseinanderdividieren, dass möglichst das erhoffte Ergebnis erzielt wird. Doch so werden die direkte Mitbestimmung ad absurdum geführt und die Demokratieverdrossenheit gefördert — als Demokrat kann man, egal wie man zur Sachfrage steht, über eine derartige Vorgehensweise nur enttäuscht den Kopf schütteln.

    Das erfreuliche Detail

    Lediglich in der Fragestellung ist ein erfreuliches Detail enthalten, das in den unscheinbaren Worten »im Rahmen ihrer Zuständigkeiten« zu verorten ist. In Südtirol scheint sich allmählich die Einsicht durchzusetzen, dass die Bürgerinnen auch dann zu Wort kommen sollen, wenn die Zuständigkeitsfrage (wie in Mals) nicht endgültig geklärt oder (wie in Brixen) nicht ganz eindeutig ist. Denn selbst, wenn der Wunsch der Bevölkerung nicht unmittelbar umgesetzt werden kann, ergibt sich daraus ein klarer politischer und gesellschaftlicher Auftrag: Wenn also Mals auch schlussendlich nicht die rechtliche Möglichkeit haben sollte, (gewisse) Pestizide zu verbieten, ist — wie ich beschrieben hatte — zumindest die Gemeindepolitik dazu angehalten, durch entsprechende Maßnahmen, Anreize und Förderung für die möglichst weitgehende Umsetzung des Abstimmungsergebnisses zu sorgen. Sie kann außerdem gegenüber denen, in deren Zuständigkeitsbereich ein Pestizidverbot fallen würde, politischen Druck ausüben.

    Ähnlich ist übrigens das Land Südtirol vorgegangen, um der Verbreitung von Spielhallen Einhalt zu gebieten: Obschon das Glücksspiel leider nicht in den Zuständigkeitsbereich der »Vorzeigeautonomie« fällt, wurden raumordnerische Zuständigkeiten genutzt, um durch strenge Abstandsregelungen (von Schulen, Krankenhäusern etc.) Neueröffnungen fast flächendeckend unmöglich zu machen.

    In Brixen handelt es sich hingegen um Zuständigkeiten, die man sich (in der Raumordnung, im Nahverkehr…) mit dem Land teilt. Zwar ist klar, dass eine Abstimmung auf Gemeindeebene für das Land nicht bindend wäre, doch indem die Gemeinde nach einem entsprechenden Abstimmungsergebnis »im Rahmen ihrer Zuständigkeiten« für die Beibehaltung des bestehenden Zustand verteidigen müsste, wären wichtige Weichenstellungen vorgegeben. Außerdem würde sich der politische Druck, der durch eine Abstimmung entsteht, auch auf das Land auswirken.

    Die von vorgeschlagene Abstimmung über die Unabhängigkeit Südtirols folgt ähnlichen Prinzipien: Indem man das Ergebnis durch eine geeignete Fragestellung auf den Zuständigkeitsbereich des Landes beschränken würde, würde sich aus einem positivem Votum zwar keine unmittelbare Erlangung der Unabhängigkeit ergeben. Andererseits erginge dann an das Land ein unmissverständlicher Auftrag, im Rahmen seiner Kompetenzen für die Loslösung vom Nationalstaat zu arbeiten.

    Siehe auch: 01 || 01



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Wahrsagerei.
    Quotation

    In der Literatur Spaniens gibt es die Figur des Don Quixote, der gegen Windmühlen ankämpfen muss. So fühlen sich viele Katalanen mit etwas Sinn für Realität, während andere blauäugig immer noch von einem eigenen Staat träumen. Doch wenn der Zentralstaat selbst die Bestrebungen des so bevölkerungsreichen Landes nicht anerkennen will, dann wird es wohl eine Illusion bleiben.

    Artikel von Luis Mahlknecht, Dolomiten, 03.09.2014, Auszug

    Was ist das, wenn nicht Wahrsagerei? Wie kann man Menschen, die sich für ein politisch legitimes Ziel einsetzen, pauschal der Blauäugigkeit bezichtigen? Erst die Zukunft wird zeigen, was real sein wird und was nicht.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • BBD-Manifest neu.

    Nach bald zehn Jahren seit Gründung von haben wir unser Manifest einer grundlegenden Überarbeitung unterzogen. Die Neufassung berücksichtigt einerseits die inzwischen vollzogene inhaltliche Entwicklung und bringt andererseits ursprüngliche Ideen präziser auf den Punkt. Wie gewohnt ist das Manifest in der Menüleiste unter dem Blogtitel abrufbar. Zudem sind eine ladinische und eine englische Sprachversion in Vorbereitung.


    Nuovo manifesto

    Dopo quasi dieci anni dalla nascita di abbiamo riscritto il nostro manifesto. La nuova versione tiene conto dell’evoluzione dei contenuti e al contempo ha permesso di riformulare in maniera più precisa anche le idee originarie. Anche in futuro il manifesto rimane accessibile dalla barra menù sotto al titolo del blog, inoltre sono in preparazione una versione in lingua ladina e una in inglese.



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Euregio-Züge.

    Euregiozüge.

    Die Südtiroler Landesregierung teilt mit, dass die landeseigenen Flirt-Züge, die Südtirol mit dem Trentino, Nord- und Osttirol verbinden, ab dem kommenden Fahrplanwechsel mit dem Logo der Europaregion Tirol unterwegs sein werden. Das ist ein symbolischer Schritt, das Euregio-Projekt nach vielen Jahren endlich auch im Alltag sichtbarer zu machen. Schön wäre es, wenn dies kein einseitiges Vorgehen bliebe, sondern auch von den anderen Euregio-Ländern mitgetragen und auf den eigenen Zügen übernommen würde.

    Bild: Landespresseamt.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 || 01



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Geburtshilfe in Südtirol und Graubünden.

    Die Geburtsabteilungen der Krankenhäuser Sterzing, Schlanders und Innichen müssen demnächst wohl geschlossen werden, da sie neue staatliche Mindestanforderungen kaum erfüllen können und das »vorzeigeautonome« Land Südtirol offenbar nicht über die Zuständigkeiten verfügt, um sich über die römischen Kriterien hinwegzusetzen. Medienberichten zufolge sehen die Bedingungen folgendermaßen aus:

    • Geburtsabteilungen mit weniger als 500 Jahresgeburten müssen grundsätzlich geschlossen werden;
    • Geburtsabteilungen mit 500-1000 Jahresgeburten müssen rund um die Uhr die Anwesenheit von zwei Hebammen und die Öffnung des gynäkologischen Diensts sicherstellen;
    • Innerhalb des Krankenhauses muss 24h ein Anästhesiedienst verfügbar sein;
    • Für Notfälle muss rund um die Uhr ein Operationssaal bereitstehen;
    • Bildgebende Diagnostik und Bluttransfusionen müssen jederzeit durchgeführt werden können.

    Diesen Kriterien zufolge hätten die Geburtsabteilungen der Südtiroler Kleinkrankenhäuser keine Chance. Mitunter heißt es, die Nichterfüllung der strengen Auflagen könnte die Gesundheit von Mutter und Kind gefährden.

    Da ich zwar von all diesen Dingen wenig Ahnung habe, aber an eine möglichst flächendeckend verfügbare Gesundheitsversorgung glaube und mich zudem nur ungern von Politikern und Medien auf den Arm nehmen lasse, habe ich mich in der näheren Umgebung nach der Existenz ähnlicher Vorgaben erkundigt, zum Beispiel im benachbarten Kanton Graubünden. Dabei wollte ich in Erfahrung bringen, welche Kriterien dort für Geburtsabteilungen gelten und wer für deren Festlegung zuständig ist — Bund oder Kanton. Die Antwort des zuständigen Amtsleiters im kantonalen Gesundheitsamt, Herrn Rudolf Leuthold, ließ nur wenige Stunden auf sich warten und fällt erstaunlich aus:

    • Anders als die angebliche Südtiroler Vorzeigeautonomie legt Graubünden die Anforderungen an Geburtshilfen selbst fest;
    • Mindestgeburtenanzahl gibt es gar keine (so wurden in der Geburtsabteilung in Scuol letztes Jahr weniger als 50 Geburten gezählt);
    • Ein Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe muss lediglich innerhalb 10 Minuten anwesend sein können;
    • Bei medizinischer Notwendigkeit muss auch die Anästhesie binnen 10 Minuten verfügbar sein;
    • Hebammendienst rund um die Uhr;
    • Ein Notkaiserschnitt muss in weniger als 15 Minuten ab Entscheid erfolgen können.
    • Der Kantonsarzt kann jedoch für Sondersituationen Abweichungen von den Vorgaben zulassen.

    Ob all diese Vorgaben aus Graubünden von den Südtiroler Kleinkrankenhäusern bereits erfüllt würden, entzieht sich meiner Kenntnis. Doch allein die Tatsache, dass der Kanton die Kriterien selbst festlegen kann, macht einen wesentlichen Unterschied aus. Dabei kann etwa die geographische und -morphologische Situation berücksichtigt werden; dichter besiedelte Kantone wie Bern sehen nämlich einer Internetrecherche zufolge (aus wirtschaftlichen Gründen!) sehr wohl Mindestgeburtenanzahlen vor. Insgesamt klingen die Anforderungen im benachbarten Kanton aber auch inhaltlich wesentlich pragmatischer und erfüllbarer, als die italienischen. Dabei kann man der Schweiz wohl kaum eine schlechte medizinische Qualität vorwerfen; mitunter muss man aber abwägen können, ob etwa unzumutbar lange Fahrtwege zum nächsten Krankenhaus wirklich geringere Gefahren bergen, als die Anwesenheit einer kleinen Einrichtung vor Ort. In einem zentralistisch ausgerichteten Land wie Italien werden jedoch — wie in diesem Fall — Großstädten wie Mailand und Rom, dem Flachland wie in der Poebene sowie dem Tiroler Gebirge mit seinen verästelten Tälern dieselben Maßstäbe angelegt. Nun fallen dieser Unlogik also nach den Bezirksgerichten möglicherweise auch die Geburtsabteilungen (wenn nicht die Kleinkrankenhäuser als solche) zum Opfer.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Migration ist kein Wasserhahn.

    Angesichts der meist polemischen Diskussionen über Migration und Integration sei auf ein Projekt der Abteilung JUFF des Amtes der Tiroler Landesregierung aufmerksam gemacht, das 2010/2011 unter dem Titel »VIELFALT daheim IN TIROL. Fakten – Kunst – Positionen zu Migration und Integration in Tirol« ins Leben gerufen wurde.

    Die künstlerische, wissenschaftliche und mitunter auch höchst menschliche Auseinandersetzung mit dem Thema und die Miteinbeziehung von Betroffenen, wirft ein sehr interessantes Licht auf das Phänomen. Hier wurde nicht — wie sonst in Sachen Integration oft üblich — über sondern mit Migranten gesprochen.

    deine fresseAusschnitt aus der Installation »Passport« von Franz Wassermann (2010)

    Informationen zum Projekt beim Amt der Tiroler Landesregierung.



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Das halbvolle Glas.
    Quotation

    The pessimist sees difficulty in every opportunity.
    The optimist sees the opportunity in every difficulty.

    — Sir Winston Churchill

    Die Spannungsfelder zwischen Bewahrung und Veränderung, Kulturpessimismus und Avantgarde, Realismus und Vision, Mauern und Brücken, Aussichtslosigkeit und Perspektiven bedürfen stetigen Ausgleichs. Sehen wir zu, dass die Bewahrer, Kulturpessimisten, Realisten, Maurer und Aussichtslosen nicht die Oberhand gewinnen.

    Hier ein kleiner Motivationsschub.

    Siehe auch: 01 02 03



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.

You are now leaving BBD

BBD provides links to web sites of other organizations in order to provide visitors with certain information. A link does not constitute an endorsement of content, viewpoint, policies, products or services of that web site. Once you link to another web site not maintained by BBD, you are subject to the terms and conditions of that web site, including but not limited to its privacy policy.

You will be redirected to

Click the link above to continue or CANCEL