Autorinnen und Gastbeiträge →

  • Geflüchtete: Verantwortung übernehmen!

    Wir — und da meine ich speziell auch uns Südtirolerinnen — müssen in der internationalen Geflüchtetenfrage deutlich mehr Verantwortung übernehmen. Das wissen wir spätestens, seit sich Nord-/Ost- und Südtiroler Grüne am Brenner getroffen und im Anschluss auch in Südtirol über die teils unbürokratische Hilfe im nördlichen Landesteil berichtet haben. Das Bundesland nimmt achtmal so viele Geflüchtete (2.000) auf, wie Südtirol (250). Deshalb ist auch der Vorstoß der Landesregierung zu begrüßen, am Brenner endlich zumindest eine Anlaufstelle zu errichten, wo sich Geflüchtete, die nicht nach Österreich einreisen dürfen, vorübergehend wärmen, waschen und bei einer warmen Mahlzeit erholen können. Das reicht aber nicht.

    Darüberhinaus brauchen wir endlich eine gesamteuropäische Flüchtlings- und Einwanderungspolitik, die in Bezug auf die Asylsuchenden auch eine gerechte Verteilung des humanitären Aufwands sicherstellt. In der Bundesrepublik Deutschland wird dies intern über den sogenannten Königssteiner Schlüssel geregelt, der die Verantwortung der unterschiedlichen Bundesländer festlegt.

    Die deutschen Wissenschafter Steffen Angerendt, Marcus Engler und Jan Schneider haben für die deutsche Stiftung Wissenschaft und Politik erstmals einen diesbezüglichen Vorschlag auf gesamteuropäischer (Staaten-)Ebene ausgearbeitet, der zahlreiche Faktoren (wie Bevölkerungszahl, Fläche, Wirtschaftskraft, Arbeitslosigkeit etc.) berücksichtigt. Damit könnte das Dublin-System überwunden werden, wonach immer der Staat der Ersteinreise für die Unterbringung von Geflüchteten zuständig ist.

    Als Simulation wurde der so festgelegte Schlüssel auf die zwischen 2008 und 2012 in der EU gestellten Asylanträge angewandt, wodurch sich zeigte, dass in diesem Zeitraum nur acht Mitgliedstaaten mehr Geflüchtete aufgenommen hatten, als ihnen aufgrund der Berechnung als gerechte (Mindest-)Anzahl zugeordnet wurden.

    Flüchtlinge: Gerechte Verteilung.

    So nahm Schweden mehr als dreieinhalb, Griechenland immerhin noch über doppelt so viele Geflüchtete auf, wie von den Fachleuten um Professor Angerendt angedacht. Und während auch Österreich seine Quote massiv übererfüllt, kommen Deutschland und Italien noch nicht einmal auf die Mindestanzahl. Rumänien, Spanien oder die baltischen Republiken erfüllen ihre »Verpflichtung« fast gar nicht.

    Natürlich ist schwer zu beurteilen, ob die dem Schlüssel zugrundeliegende Berechnung gerecht ist — doch den Ansatz unter Berücksichtigung vielfältiger Faktoren sollten die EU und die leider noch immer federführenden Nationalstaaten ernst nehmen. Auf dieser Grundlage könnte der beschämende Kampf einzelner Staaten gegen ihre menschenrechtlichen Pflichten vielleicht gestoppt werden.

    Siehe auch: 01 || 01 02 03 04



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  • Generalstreik.
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    Autor:a

    ai

    |

    11 Comentârs → on Generalstreik.
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    Herr Ebner, sind Streiks überhaupt noch ein probates Mittel um etwas zu erreichen oder gibt es noch Alternativen?

    Da könnte man eine Gegenfrage stellen, welche andere Möglichkeiten haben Arbeitnehmer, um ihre Forderungen durchzusetzen? Es gibt in einer Demokratie eben nur die Möglichkeit eines Streiks. Ich glaube in sämtlichen anderen europäischen Demokratien wird es so gehandhabt. Andere Möglichkeiten sehe ich eigentlich keine.

    Alfred Ebner (AGB) im Morgentelefon von Rai Südtirol anlässlich des Generalstreiks am 12.12.14

    Als Pendler frage ich mich schon lange, was mit diesen Streiks bezweckt wird und wer eigenlich die Leidtragenden sind. Sind das die politischen Entscheider oder die Kernklientel, die Arbeitnehmer?

    Ziemlich regelmäßig einmal im Monat müssen wir Pendler uns streikbedingt organisieren, häufig wissen selbst die Streikenden — sprich die Bediensteten — nicht, wieso eigentlich gestreikt wird. In Südtirol gibt es einen eigenen Streikfahrplan, der mit jedem Fahrplanwechsel veröffentlicht wird, wohl ziemlich einmalig in Europa.



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  • Bashing — ein Diskussionsvorschlag.

    Dieser Tage wurde mal wieder des Italienbashings bezichtigt, da sind manche in Südtirol offenbar sehr sensibel. Dass wir Südtirol- oder Österreichbashing betreiben, wurde hingegen noch nie behauptet.

    Vorausgeschickt sei, dass ich mir persönlich aus dem Bashing-Argument nicht wirklich viel mache — und trotzdem möchte ich hier eine Diskussion starten, zu deren Teilnahme ich all jene einlade, die Bashinggefahr orten. Spontan fallen mir ein: Christoph Moar, m.gruber, Benno (aka bzler), Christian Mair oder — warum nicht — Sabina. Aber es sind sicher noch einige mehr, die sich angesprochen fühlen können und die mir jetzt vielleicht nicht einfallen.

    Allein im letzten Jahr wurden in Italien Skandale aufgedeckt, die den Staat (und das verbliebene Vertrauen in ihn) in seinen Grundfesten erschüttern. In Südtirol wird und wurde darüber kaum berichtet, als ob uns das alles nicht beträfe. Doch zumindest solange wir Teil dieses Staates sind — im Kontext der EU jedoch natürlich auch darüber hinaus — geht uns das alles sehr wohl etwas an und sollte uns auch sorgen.

    Konkret denke ich unter anderem an

    • die Ermittlungen zu den Verhandlungen zwischen Staat und Mafia, die das Verhältnis zwischen Italien und organisiertem Verbrechen haben verschwimmen lassen, noch weiter, als es ohnehin durch personelle Überlappungen und private Kontaktaufnahmen verschwommen war;
    • den Mose-Skandal, in den neben Ex-Ministern und anderen Politikern auch die Führungsspitze der Finanzpolizei verwickelt war;
    • den jüngsten »Mafia-Capitale-Skandal«, in dessen Zuge der neofaschistische Ex-Bürgermeister von Rom wahrscheinlich genauso in mafiöse bzw. mafiaähnliche Machenschaften involviert war, wie Vertreter der gegenwärtigen PD-Stadtregierung. Die mafiöse Struktur soll gar schon Teile der römischen Präfektur (also des Innenministeriums) in der Hand gehabt haben.

    Dass dies alles in keinem Verhältnis zum SEL-Skandal oder gar zum sogenannten Rentenskandal steht, dürfte hoffentlich unumstritten sein.

    Meine Frage nun: Wie darf (und wie sollte) ein die Unabhängigkeit befürwortendes Blog wie eurer Meinung nach diese Themen — auch und gerade aus Südtiroler Sicht — behandeln? Sollte es sie überhaupt behandeln und warum (nicht)? Ich danke im Voraus für eure Rückmeldung.



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  • Wissen schafft!
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    War das Thema Selbstbestimmung traditionell die ausschließliche Domäne der die deutsche Sprachgruppe repräsentierenden Süd-Tiroler Freiheit, so gibt es seit einigen Jahren Tendenzen in die Richtung eines territorialen Verständnisses dieser Option.

    Karl Kössler vom EuracInstitut für Föderalismus- und Regionalismusforschung schreibt in seinem Aufsatz “Autonomie – Ziel oder Zwischenlösung? Der Fall Südtirol” für das Potsdamer wissenschaftliche Journal “Welt Trends. Zeitschrift für internationale Politik” auch über .

    So betrachtet etwa auch eine sprachgruppenübergreifende Plattform für Selbstbestimmung, die sich “Brennerbasisdemokratie” (BBD) nennt, die bestehende Autonomie als unzulänglich.

    In der Folge zitiert Kössler einige Stellen aus dem (inzwischen überarbeiteten) -Manifest:

    [Die Autonomie] werde dem mehrsprachigen Charakter des Landes nicht mehr gerecht, stelle keine angemessene Grundlage für dessen künftige Entfaltung dar und fördere statt einer den besonderen Bedürfnissen Südtirols entsprechenden Politik “erstarrende Konflikte” (BBD-Manifest, Punkt 3). Daher solle das Ziel der Unabhängigkeit verfolgt werden, auf die das Land einen Anspruch habe, “sobald es die Mehrheit der Südtiroler wünscht” (Punkt 1). Als Südtiroler in diesem Sinne wird ausdrücklich “jeder in Südtirol ansässige Mensch” verstanden (Punkt 2).



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  • Übernahme Bahnstrecken »unrealistisch«.

    Von der Süd-Tiroler Freiheit (STF) wurde am 3.12.2014 im Südtiroler Landtag ein Antrag zur Übernahme der Südtiroler Bahninfrastruktur gestellt. Laut entsprechender Pressemitteilung des Landtages wurde der Antrag vertagt.

    Köllensperger (5SB) und Heiss (Grüne) äußerten Bedenken, dass man sich damit viele Kosten ins Land hole. Diese Befürchtung ist sicher richtig, es sollte aber eine Binsenweisheit sein, dass Selbstverwaltung mit Kosten verbunden ist. Allerdings könne die Schlussfolgerung wohl nicht die Fortschreibung des eingeschlagenen Weges sein. Südtirol wird vom Zentralstaat ausgenommen wie eine Weihnachtsgans und hofft, dass in Form von zentralstaatlichen Leistungen wieder ein Teil davon ins Land zurückfließt.

    Wenn wir Südtirol zukunftsfest machen wollen, muss der Ansatz aber grundlegend geändert werden: Südtirol übernimmt sämtliche vom Zentralstaat durchgeführten Dienste und erhält dafür die völlige Finanzhoheit.

    Was die Kosten betrifft, fehlen im Falle der Bahninfrastruktur wohl, wie auch sonst häufig der Fall, genaue Zahlen. Die Bahninfrastruktur wird mit Ausnahme der Vinschgerbahn von RFI (Rete Ferroviaria Italiana) geführt, die als Tochter der FS Holding zu 100% dem Zentralstaat gehört. RFI bekommt für jeden Zug, der über das Schienennetz fährt Trassengebühren. Die Trassengebühren alleine dürften kaum ausreichen um die ordentliche und außerordentliche Instandhaltung zu finanzieren. Es ist schwierig, hier belastbare Zahlen aufzutreiben. In der Schweiz beispielsweise dürfte der Deckungsbeitrag bei ca. 35% – 40% liegen. Der Rest läuft unter dem Kapitel Daseinsvorsorge, zu dem das Schienennetz wie auch das Straßennetz zählen.

    Deshalb erhält RFI zusätzlich Zuwendungen vom Staat. In vielen Ländern, so auch in Italien, ist das Schienennetz unterfinanziert. Die Trassengebühren und staatlichen Zuwendungen reichen nicht aus, um den Bestand zu erhalten, geschweige denn größere Investitionen zu tätigen. Aus diesem Grund müssen Investitionen, die im Interesse des Regionalverkehrs liegen, vielfach von den Regionen selbst gestemmt werden. So auch in Südtirol. Südtirol finanziert die entsprechenden Investitionen im Pustertal und auf der Meraner Linie ohnehin. Das materielle Eigentum der vom Land sanierten Infrastrukturen verbleibt dann aber bei RFI. Auch diesbezüglich kursieren — wie so häufig, wenn es um Zuständigkeiten geht — verschiedene Darstellungen. Bestimmte Akteure behaupten z.B., dass zumindest teilweise die Bahnhofsgebäude, nicht die Bahnanlagen, auf der Pustertaler und der Meraner Linie materielles Eigentum des Landes wären. Konkrete Belege für diese These liegen mir nicht vor.

    Aufgrund der Vielfalt der Versionen bleibt auch zu bezweifeln, dass die Übernahme der Meraner Bahn, die das Land seit gefühlt 15 Jahren anstrebt, wirklich zu einem vollständigen Übergang des materiellen Eigentums an das Land Südtirol führt. Nur letzteres führt mittel- bis langfristig auch zur gewünschten qualitativen Verbesserung des Bahnverkehrs in der westlichen Landeshälfte. Die Kompetenzüberschneidung zwischen Land Südtirol als Besteller, RFI als Streckenbetreiber und Trenitalia als eng mit RFI verbandeltes Bahnunternehmen ist keine zukunftsweisende Allianz. So wird von Insidern hinter vorgehaltener Hand bestätigt, dass RFI wohl einige Türen wieder verschlossen hätte, wenn man den Vertrag mit Trenitalia nicht verlängert hätte.

    Während das Land Südtirol den Übergang der Meraner Linie zumindest bisher erfolglos verhandelt, erklärte LR Mussner zu den anderen Linien:

    Die Übernahme internationaler Strecken – dazu gehöre auch das Pustertal – sei aus realistischer Sicht nicht möglich.

    Trotz anscheinend nicht mehr existenten Grenzen — die Pustertaler Linie verbindet das Südtiroler Pustertal mit dem Osttiroler Pustertal und die Brennerbahn das Südtiroler Wipptal mit dem Nordtiroler Wipptal — spricht man von internationalen Strecken. Unabhängig davon sieht die SVP in gewohnt vorauseilendem Gehorsam ein »unrealistisches« Projekt, anstatt das eigene Handeln der Prämisse zu unterwerfen, was gesellschaftlich wünschenswert und sinnvoll ist.

    Aber anstatt visionäre Forderungen zu artikulieren und diese auch umzusetzen, bettelt man lieber in Rom um Brosamen und versteckt sich hinter juristischen Floskeln. Wie ist es sonst zu erklären, dass sowohl Alt-LH Durnwalder, als auch LH Kompatscher die Auffassung vertreten, dass die Riggertalschleife von RFI finanziert werden müsse, anstatt sie selber zu bauen und diese natürlich in Landeseigentum verbleibt und im Zuge des Baus gleich um die Übernahme der Pustertaler Bahn zu verhandeln? Wo ist denn hier der vollautonome Ansatz?

    Im Übrigen hätte man als Gegenleistung für die drei Milliarden, die man bei den Finanzverhandlungen in Rom verschenkt hat, zumindest das materielle Eigentum der Bahninfrastrukturen und der Staatsstraßen, die nur vom Land verwaltet werden, einhandeln können.



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  • Kronbichlers Zumutung.

    Im heutigen A. Adige ist ein Interview mit dem Alpinipreisträger und angeblichen Autonomiepatrioten Florian Kronbichler (Grüne/SEL) erschienen. Einige Aussagen verdienen eine klare Stellungnahme aus -Sicht:

    1. Die SVP, so der Abgeordnete, stelle in Rom zu hohe Ansprüche und setze somit unsere Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Doch um welche Glaubwürdigkeit geht es hier? Verwechselt Kronbichler Glaubwürdigkeit mit Unterwürfigkeit? Im Autonomievergleich haben wir erst kürzlich gezeigt, wie sehr unsere Selbstverwaltung eine Aufwertung vertragen könnte. Ähnliches sagt schon seit Jahren Sozialforscher und Autonomieexperte Thomas Benedikter, der mit Sicherheit kein Sezessionist ist.
    2. Als Beispiel für überzogene Forderungen nennt Kronbichler den Vorstoß der SVP, einen von fünf Verfassungsrichtern, die vom Parlament ernannt werden, den Sprachminderheiten vorzubehalten. Flor legt nahe, dass Karl Zeller damit einen Posten für sich selbst schaffen möchte. Doch man muss die beiden Ebenen trennen: Die Autonomie beschränkt sich bislang auf Exekutive und Legislative, während sie in der Judikative so gut wie inexistent ist. Natürlich muss die Judikative (genauso wie übrigens die beiden anderen Gewalten) unabhängig sein, doch im Falle des Verfassungsgerichts erfolgt die Bestellung der Richter ausschließlich auf zentralstaatlicher Ebene. Angesichts der interpretatorischen Freiheit und der (nicht nur) daraus erwachsenden fast uneingeschränkten Macht, die das Gericht auch zulasten der Autonomien ausübt, wäre ein kleines autonomistisch-föderalistisches Gegengewicht mehr als nötig. Die Unterstellung, Karl Zeller schaffe hiermit ein Amt für sich selbst, ist schwerwiegend und sicher nicht ganz von der Hand zu weisen, sollte aber das inhaltliche Urteil über die Forderung nicht beeinflussen.
    3. Flor kündigt an, dass er einen Abänderungsantrag von Michaela Biancofiore mittragen werde, mit dem die Ansässigkeitsklausel von vier Jahren abgeschafft werden soll. Dies hatten wir bereits kommentiert und kritisiert.
    4. Die SVP, so Kronbichler, schließe Parlament und Landtag zu oft von wichtigen Entscheidungen aus. Dieser Kritik können wir uns vollinhaltlich anschließen — letztes Beispiel: Das Finanzabkommen, das vor dem Parlament in Rom geheimgehalten werden soll und in dessen Verhandlung und Annahme der Landtag nur marginal eingebunden war.
    5. Der Parlamentarier beklagt, dass man stets als Faschist hingestellt werde, wenn man es wagt, die Italiener in Südtirol als [ethnische] Minderheit zu bezeichnen. Auch hier schließen wir uns an. Es ist ein Unding, jemanden als Faschisten zu verunglimpfen, der eigentlich nur ein Ignorant ist —denn die Italiener in Südtirol sind keiner anerkannten Definition zufolge eine ethnische Minderheit, wiewohl sie hierzulande in der zahlenmäßigen Unterzahl sind. Laut Europäischer Charta der Regional- oder Minderheitensprachen etwa sind

      “Regional- oder Minderheitensprachen” Sprachen,
      i. die herkömmlicherweise in einem bestimmten Gebiet eines Staates von Angehörigen dieses Staates gebraucht werden, die eine Gruppe bilden, deren Zahl kleiner ist als die der übrigen Bevölkerung des Staates, und
      ii. die sich von der (den) Amtssprache(n) dieses Staates unterscheiden;
      iii. [und] umfaßt weder Dialekte der Amtssprache(n) des Staates noch die Sprachen von Zuwanderern;

      (Hervorhebungen von mir.)
      Dass die Italienerinnen in Südtirol keine ethnische Minderheit sind, hat nichts mit Bosheit oder mit Benachteiligung zu tun, sondern mit dem nationalstaatlichen Prinzip (das sie zum Teil der nationalen Mehrheit macht) und mit international üblichen Definitionen.

    6. Kronbichler bedauert, dass es nach wie vor als Beschimpfung empfunden werde, wenn wir als privilegiert bezeichnet werden. Anstatt sich unkritisch dem zentralistischen Mainstream anzuschließen, sollte der Alpinipreisträger vielleicht die Rede von Union-Valdôtaine-Chef Ennio Pastoret lesen, der gute Gründe nennt, warum Autonomien nicht Privilegien sind.
    7. Wenn alle Regionen so behandelt würden, wie Südtirol, hätte der Staat keine Existenzberechtigung mehr, da der wichtigste Zweck eines Staates die Umverteilung sei. Mal davon abgesehen, dass Südtirol nicht die Aufgabe hat, dem italienischen Staat eine Existenzberechtigung zu liefern, ist gerade der finanzielle Beitrag, den wir während der letzten Jahre geleistet haben, jenseits von gut und böse. Soeben hat die SVP im Alleingang beschlossen, dem Staat weitere Milliarden (!) zu schenken. Hinzuzufügen wäre, dass der italienische Staat seit seiner Gründung und bis heute gerade in der territorialen Umverteilung völlig versagt und stattdessen eine Situation der Abhängigkeit und Ungleichheit (zwischen Nord und Süd) zementiert hat, die weltweit ihresgleichen sucht.
    8. Zuletzt noch die aus -Sicht empörendste Aussage, nämlich, dass die grundlegende Motivation der Selbstbestimmungsbewegungen immer »legistisch-egoistisch« sei. Ich möchte ihn hiermit dazu herausfordern, dies am Beispiel von zu belegen.


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  • Aosta+Selbstbestimmung.
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    Andere Länder, andere Bewertung der politischen Lage in Italien und Europa. Offenbar teilt der langjährige politische Partner der SVP gegenüber Rom, die Union Valdôtaine, die Einschätzung von Zeller und Konsorten nicht, was den Zustand von Autonomie und Dezentralisierung, aber auch die Selbstbestimmungstendenzen in Europa betrifft, wie einige Auszüge aus der beachtlichen Rede des UV-Vorsitzenden Ennio Pastoret am diesjährigen Parteikongress zeigen:

    Monti, Letta und die derzeit amtierende Regierung haben zu einem bisher ungekannten Kampf gegen die Autonomien geführt. Die Regionen sind mittlerweile die Sparbüchsen des Staates, der dort das Geld abholt, wenn er es braucht.

    Und der Staat, der den Regionen und Autonomien Moralpredigen hält, verschuldet sich selbst immer weiter. Letzthin wurden Steuersenkungen angekündigt. Doch in Wirklichkeit wurden den Regionen und Gemeinden Gelder weggenommen und ihre Ressourcen gekürzt. Die Lokalkörperschaften waren gezwungen, Dienstleistungen zu streichen, und die Bürger [waren gezwungen], noch mehr zu zahlen, um sie aufrecht zu erhalten.

    Angesichts dieser Haltung ist es wichtig, eine gemeinsame Anstrengung zu unternehmen, um gegen unhaltbare und ungerechte Forderungen Widerstand zu leisten.

    Dies ist der Grund, warum wir unsere Bereitschaft angekündigt haben, mit den anderen politischen Kräften in einen Dialog zu treten — denn nur mit einer breiteren politischen Basis ist es möglich, im Umgang mit Rom stärker zu werden.

    Das Europa der Völker, das wir befürworten, ist vielmehr ein Europa der Märkte, der Finanzen und der Banken geworden. Die EU selbst ist es, die Schottland und Katalonien im Zuge ihrer Referenden am stärksten gedroht hat.

    Und dies, weil sich während der kommenden Jahre der Drang nach Autonomie verstärkt zeigen wird, den der [europäische] Integrationsprozess bis heute versteckt und heruntergespielt hat.

    Europa weiß das und wird auch weiterhin versuchen, Drohungen auszusprechen und alles zum Schweigen zu bringen. Werden wir uns damit abfinden oder haben wir noch ein wenig Elan, um unsere Prinzipien nicht zu vergessen und sie laut und deutlich zu verteidigen?

    Werden wir noch um den Erhalt unserer Sprachen kämpfen? Sicher, einige sagen uns: ”il francese lo parla solo più una minimissima parte dei valdostani”. Sehr schlecht! Das heißt, dass das Autonomiestatut, das unsere Kulturen und Sprachen verteidigen sollte, versagt hat und ein Betrug war.

    Doch dieser Refrain kommt, wir wissen es, von jenen die gegen uns sind, gegen Aosta, gegen unsere Kultur. Sie freuen sich darüber, anstatt es zu bedauern.

    [Viele] Menschen vergessen, dass die Autonomie nicht eine Ansammlung von Privilegien ist, sondern das Recht, für sich selbst verantwortlich zu sein.

    Autonomie bedeutet, die Möglichkeit zu haben, der Allgemeinheit selbstverantwortlich nützliche und notwendige Dienste anzubieten.

    Es ist das Bewusstsein dieses Unterschieds, das zur Grundlage unseres Handelns werden muss. Wir hören immer nur, dass die Sonderregionen privilegiert sind.

    Sogar hier bei uns gibt es Leute, die uns mit diesem Blödsinn den Kopf waschen wollen.

    Wir haben ihnen über Jahre zugehört, als sie sagten, wir seien privilegiert. Sie wünschen sich, dass diese Privilegien abgestellt werden. Weil wir sie nicht verdienen. Und wir haben sie reden und uns sogar von diesem Diskurs täuschen lassen.

    Die Wahl liegt nur bei uns! Einzig und allein bei uns! Es liegt an uns zu beweisen, dass wir uns keine Privilegien erwarten, sondern Rücksicht für unsere Rechte.

    Dem italienischen Staat und der Europäischen Union müssen wir die Kraft unseres Willens und unseres autonomistischen Bewusstseins entgegenhalten, eines lebendigen Willens, unser Recht auf Eigenregierung und die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips im Sinne eines vollständigen Föderalismus, an den wir glauben, zu erhalten. Doch diese Aussagen sind bedeutungslos, solange sie Aussagen bleiben.

    Sie müssen sich in unserem politischen Handeln wiederfinden.

    Unabhängigkeit und Selbstbestimmung sind für uns kein Tabu und keine Blasphemie. Sie beinhalten unumgängliche Prinzipien, die wir nicht verschweigen dürfen. Für uns sind die Unabhängigkeitswünsche von Schottland, Katalonien und im Schweizer Jura legitim.

    Gleichermaßen legitim werden dieselben Freiheits- und Unabhängigkeitsbestrebungen auch sein, wenn sie von anderen Bevölkerungen auf Grundlage der von uns mitgetragenen Prinzipien zum Ausdruck gebracht werden.

    Staaten existieren aufgrund einer gemeinsamen Inklusion und nicht aufgrund von Zwängen und arroganten Verpflichtungen.

    England hat Schottland die Abhaltung eines Unabhängigkeitsreferendums gestattet und hat in der Folge akzeptiert, neue Formen der Autonomie auszuhandeln. Das nennt man Demokratie. Das ist die Achtung des Verhältnisses zwischen Staat und Autonomie. In Italien, in Spanien und anderswo ist dies noch nicht so.

    Wir stellen unsere Zugehörigkeit zu Italien nicht in Frage. Doch es ist der Staat, der unsere Inklusion und unsere Existenz in Frage stellt. Er stellt die Regionen in Frage, indem er sie finanziell erwürgt und hat besonders die Autonomien ins Fadenkreuz genommen. Wie lange noch werden die Aostaner den Kopf einziehen und all dies akzeptieren?

    Übersetzung aus dem Französischen und Hervorhebungen:

    Siehe auch: 01 02 03 04



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