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  • Schule als Strafanstalt.

    Wochenlang hat sich halb Südtirol zum Thema Inklusion die Finger wund geschrieben. Und jetzt kommt aus Rom die Weisung, Schülerinnen mit schlechter Betragensnote durchfallen zu lassen. Das heißt: sie — statt mit und an ihnen zu arbeiten — für ihr Verhalten auch noch mit verlängertem Schulbesuch zu bestrafen, aus dem gewohnten Klassenverband zu nehmen, somit zu stigmatisieren und ein ganzes Jahr wiederholen zu lassen, auch wenn sie den Stoff bereits beherrschen.

    Als ob es Aufgabe der Schule wäre, Ordnungsamt zu spielen und als ob es ausgerechnet etwas bringen würde, verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche auszugrenzen und zu unnützer Wiederholung von Lernstoff — also Langeweile — zu verdonnern. So stellen sich die neofaschistischen Freunde der SVP wohl Schule vor: als eine Art Strafanstalt, an der Kinder mit Problemen möglichst lange verwahrt werden sollen. Bildungsminister Giuseppe Valditara (Lega) ist ja sogar ganz explizit der Meinung, dass Demütigungen sinnvoll seien.

    Vizelandeshauptmann Marco Galateo (FdI) will die reaktionären römischen Vorgaben eigenen Angaben zufolge unverzüglich in die Tat umsetzen. Während wir auf die Wiedereinführung der körperlichen Züchtigung wohl leider noch etwas warten müssen.

    Dankenswerterweise will Landesrat Philipp Achammer (SVP) bei diesem Schwachsinn nicht mitmachen. In der Hoffnung, dass die nur sekundäre bildungspolitische Befugnis ausreicht, sich der rückwärtsgewandten Neuerung aus Rom zu entziehen.

    Aber… zum Glück ist Südtirol Italien.

    Cëla enghe: 01 02 03



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  • Una serie di pregiudizi.
    «Brennero»

    La televisione pubblica italiana ha prodotto una nuova serie ambientata in Sudtirolo che non ha mancato di sollevare polemiche per il suo pressappochismo. In particolare, non solo non contribuisce a smorzare i pregiudizi di stampo nazionalista che aleggiano su questa terra, ma non ha nemmeno un effetto «neutro» — bensì a sua volta alimenta e attivamente conferma tutta la narrazione e gli atteggiamenti tossici del peggior colonialismo.

    Basti pensare che nella stessa presentazione della serie si afferma che chi arriva in Sudtirolo, per via dei cartelli scritti in tedesco, crede di essere in Germania. Questo è il pensiero nazionalista portato alle estreme conseguenze, in quanto oltre a non concepire una lingua diversa dall’italiano in una zona sotto giurisdizione dello stato italiano, associa il tedesco (solamente) alla Germania — e non all’Austria o alla Svizzera plurilingue, realtà molto più affini al Sudtirolo, ma non così chiaramente connotate in senso «nazionale».

    Inoltre, nella serie si corrobora anche l’opinione secondo cui «siamo in Italia» e quindi si parla italiano, se non altro nei rapporti con gli uffici pubblici. Non se ne esce.

    Ritenere tutto ciò di poca importanza potrebbe essere sciocco, anche a fronte del nazionalismo ormai dilagante e all’ignoranza diffusa sul Sudtirolo e sulle minoranze linguistiche in genere.

    È stato scritto che una fiction per definizione ha i suoi limiti, ma se questo è vero è vero anche che — per fare qualche esempio — fortunatamente oggi sarebbe difficile immaginare una serie che, a maggior ragione se prodotta da un’emittente pubblica, diffonda apertamente stereotipi e pregiudizi su una minoranza di tipo sessuale, sulle donne o sugli immigrati. O che dire di un bel film Western che ancora una volta esprimesse un’interpretazione razzista delle comunità indigene?

    Se poi la fiction fosse cofinanziata da un ente pubblico di riferimento della comunità diffamata, come nella fattispecie l’IDM, società pubblica sudtirolese, la cosa diventerebbe perfino grottesca.

    Ormai però, evidentemente, qui basta «vendere», a prescindere dalla sensibilità delle persone coinvolte. Nationalism sells.

    Tanto poi basterà riassegnare un incarichetto risolutivo.



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  • Hände weg von der Schule?

    Im Leitartikel der aktuellen ff befasst sich Chefredakteur Georg Mair wieder mit der Bozner Goetheschule und der dort von der Direktorin geplanten sogenannten »Sonderklasse«. Nachdem sich das Wochenblatt selbst mehrere Wochen dem Thema gewidmet hat, fordert Mair nun aber: »Hände weg von der Schule!«

    Es sei vorausgeschickt, dass auch ich die Anfeindungen gegen Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner entsetzlich finde. Und zwar ganz egal, ob sie tatsächlich ein Disziplinarverfahren gegen die Direktorin der Goetheschule einleiten musste oder ob sie andere Möglichkeiten gehabt hätte — was ich nicht beurteilen kann.

    Doch warum Mair jetzt einfällt, dass mehr auf die Betroffenen (er nennt Lehrpersonen, Eltern, Kinder und Jugendliche) gehört werden sollte, erschließt sich mir nicht.

    Die wahren Fachleute sind die Lehrpersonen. Sie müssen in die Lage versetzt werden, ihre Arbeit gut zu machen, mit mehr Gehalt und mehr Personal. Hören wir also auf die Fachleute.

    – Georg Mair

    Solange es um die Entscheidung der Goethe-Direktorin ging, war Mair dieser Meinung ja ganz offensichtlich nicht. Haben nicht auch er und die ff in letzter Zeit immer wieder die »Expertise« der Direktorin und jener Lehrerinnen, die ihre Linie mittragen, in Frage gestellt? Völlig zu Recht übrigens, denn dieses Thema ist zu wichtig, als dass man es der öffentlichen Debatte und der politischen Auseinandersetzung entziehen könnte, wie der Chefredakteur nun plötzlich fordert.

    Weltweit wird in Demokratien über und um die Schule — im besten Sinn des Wortes: — gestritten, umso mehr in Minderheitenregionen.

    Wünschenswert wäre freilich, die Diskussion sachlich, mit Respekt und Besonnenheit zu führen, was in letzter Zeit tatsächlich meist nicht der Fall war. Das bedeutet auch, dass das Thema nicht für billige Wahlpropaganda missbraucht werden sollte. Es aber ganz der politischen Debatte zu entziehen wäre wohl übertrieben. Und falsch.

    Interessant finde ich übrigens auch folgenden Passus in Mairs Leitartikel:

    Und die Landesschuldirektorin wäre bestimmt heftigen Angriffen vonseiten der gleichen Leute ausgesetzt, würde sie die Einrichtung einer mehrsprachigen Klasse dulden.

    – Georg Mair

    Das stimmt vermutlich. Doch Hand aufs Herz: Was wäre los, wenn Falkensteiner ein Disziplinarverfahren gegen eine Direktorin eingeleitet hätte, die — eventuell trotz gegenteiliger Warnung — ein mehrsprachiges Schulmodell einführen wollte? Sind wir uns wirklich sicher, dass dann die, die (wie Mair) heute auf Falkensteiners Seite sind, weil sie ihre Linie auch inhaltlich teilen, sie nicht plötzlich scharf kritisieren (und womöglich gar ihren Rücktritt fordern) würden?

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06



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  • Erstsprachkenntnisse nach Sprachgruppe.

    Ende August hatte ich bereits die Zweitsprachkenntnisse der Südtirolerinnen in den vier Grundfertigkeiten (Lesen/Schreiben/Sprechen/Hören) thematisiert, wie sie aus einer einschlägigen Astat-Studie (s. Astat-Info 34/2024) hervorgegangen waren.

    Fazit: Es gibt anteilsmäßig erheblich mehr deutschsprachige Südtirolerinnen, die das höchste Kompetenzniveau in Italienisch erreichen als italienischsprachige Südtirolerinnen, die das höchste Kompetenzniveau in Deutsch angeben. Umgekehrt ist der Anteil derer, die in der Zweitsprache — wenn überhaupt — nur einzelne Wörter beherrschen, je nach Grundfertigkeit unter den Italienerinnen elf- bis zwanzig Mal (!) höher als unter den Deutschen.

    Wenn wir nun auf der Grundlage derselben Studie noch die Erstsprachkenntnisse betrachten, sehen wir, dass diese unter den Deutschsprachigen geringer ausgeprägt sind als unter den Italienischsprachigen:

    Während in Bezug auf das Hören 99 Prozent der Deutschsprachigen angeben, in Deutsch alles zu verstehen, sinkt dieser Wert beim Lesen auf 94 Prozent. Beim Sprechen ordnen sich nur noch 91 Prozent der höchsten Kompetenzstufe zu, beim Schreiben gar nur 85 Prozent. Fünfzehn von hundert deutschsprachigen Südtirolerinnen geben also an, die eigene Erstsprache nicht so gut zu beherrschen, dass sie sich darin schriftlich ohne Einschränkungen ausdrücken könnten.

    Der Vergleich mit den italienischsprachigen Südtirolerinnen fällt eindeutig aus: Zwar liegen sie beim Hörverständnis (99 Prozent: »alles«) mit den Deutschsprachigen gleichauf, in allen anderen Grundfertigkeiten ist aber der Anteil der, die sich der höchsten Kompetenzstufe (»alles«) zuordnen, bei den Italienerinnen höher. Den geringsten Wert erzielen auch die Italienischsprachigen beim Schreiben, wo 6 Prozent nur die zweithöchste Kompetenzstufe (»Zusammenhänge«) erreichen — doch bei den Deutschsprachigen ist der Anteil (15 Prozent) über doppelt so hoch.1genauer gesagt: zweieinhalb Mal so hoch

    In den Grundfertigkeiten Lesen, Sprechen und Hören ist der Anteil derer, die das höchste Niveau in ihrer Erstsprache nicht erreichen, unter den Italienerinnen so gering, dass die jeweiligen Werte nicht mit hinreichender Genauigkeit ermittelt werden konnten, während dies bei den Deutschsprachigen nur beim Hörverständnis der Fall ist.

    Cëla enghe: 01 02 03 04

    • 1
      genauer gesagt: zweieinhalb Mal so hoch


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  • Die FPÖ und das Nazi-Begräbnis.

    Am Freitag wurde Walter Sucher, früherer FPÖ-Politiker und ‘Alter Herr’ der Burschenschaft Olympia, in Wien zu Grabe getragen. Mit dabei: mehrere FPÖ-Kandidaten der heutigen Nationalratswahl (einschließlich des Wiener Landeslistenführers Harald Stefan), der Nationalratsabgeordnete Martin Graf oder Ibiza-Einzelfall Johann Gudenus. Wie ein Video beweist, wurde bei der Trauerfeier Und wenn alle untreu werden, das »Treuelied« der Verbrecherorganisation SS angestimmt. Es ist zwar nicht zu erkennen, ob die FPÖler mitgesungen haben, doch niemand hat das Lied zum Anlass genommen, die Veranstaltung zu verlassen oder sich auch nur nachträglich ausdrücklich davon zu distanzieren. Stattdessen spricht die Kickl-Partei allen Ernstes von einer »Pietätlosigkeit«, weil der schockierende Vorfall thematisiert wurde — und nicht etwa, weil ein Nazilied angestimmt wurde.

    Die Jüdische HochschülerInnenschaft hat gegen die Teilnehmenden Anzeige erstattet, die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Wiederbetätigung eingeleitet.

    Im Vorfeld der Nationalratswahl hatte auch die STF, die — wenn es um den italienischen Faschismus geht — immer wieder Antifaschismus heuchelt, zur Wahl der Kickl’schen Kellernazis aufgerufen. Vielleicht hat ja wenigstens sie etwas zum SS-Lied zu sagen? Achso… wohl eher nicht.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06



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  • Proporz und Zweisprachigkeit aufgeweicht.
    Sechserkommission

    Während sich die Wiederherstellung der Autonomie verzögert, schreitet die Außerkraftsetzung von Minderheitenschutzrechten beständig voran. Jetzt hat die Sechserkommission unter dem Vorsitz von Rechtsaußen Alessandro Urzì (FdI) mit Zustimmung der SVP beschlossen, den Proporz und die Zweisprachigkeitsbestimmungen (vgl. 01) für befristete staatliche Stellen außer Kraft zu setzen, weil angeblich nicht genügend Personal gefunden wird.

    So werden zu Lasten der Minderheiten regelmäßig Schutzregelungen geändert oder aufgehoben, ohne dies — wenigstens teilweise — mit anderen Maßnahmen zu kompensieren und ohne im Gegenzug einen echten Autonomieausbau zu forcieren. Strukturelle Änderungen, um die Attraktivität von öffentlichen Stellen gerade auch für Deutsch- und Ladinischsprachige zu erhöhen, scheinen auch nicht ergriffen zu werden, weil es bequemer (und wohl auch genehmer) ist, immer und immer wieder den Minderheitenschutz aufzuweichen.

    Auch ohne diese Aufweichung hat der italienische Staat den Minderheitenschutz schon systematisch unterwandert und ad absurdum geführt. Jahrzehnte nach Einführung des Sprachgruppenproporzes sind anteilsmäßig viel zu viele staatliche Stellen von Angehörigen der italienischen Sprachgruppe besetzt, während die Lokalverwaltungen gezeigt haben, dass es möglich ist, das angepeilte Verhältnis ziemlich genau zu erreichen. Das deutet darauf hin, dass der Wille, die Vorgaben einzuhalten, beim Staat nie wirklich bestanden hat.

    Dies hat sich stets auch auf die Einhaltung des Rechts auf Gebrauch der Muttersprache ausgewirkt — und zwar einseitig zu Lasten der Bürgerinnen deutscher und ladinischer Sprache.

    Um mehr deutsch- und ladinischsprachige Bürgerinnen in den Staatsdienst zu locken, müsste ein explizit minderheitenfreundliches Arbeitsumfeld geschaffen werden, zum Beispiel auch mit der tatsächlichen Möglichkeit, zumindest Deutsch als gleichwertige Arbeitssprache zu etablieren, wie dies vom Gesetz1DPR Nr. 574/1988, Art. 11 eigentlich vorgesehen wäre. Außerdem müssten deutsch- und ladinischsprachige Mitarbeitende entsprechend wertgeschätzt (und nicht diskriminiert) werden.

    Jetzt bekommt der Staat stattdessen für die langjährige Benachteiligung der Minderheiten den offiziellen Segen — auch von der SVP. Das Ergebnis dieser gescheiterten Politik lässt sich an den Zahlen (01 02 03) klar ablesen. Und schon stehen die nächsten Schutzmaßnahmen auf der Abschussliste von Urzì.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06

    • 1
      DPR Nr. 574/1988, Art. 11


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  • Partizipation und Ohnmacht.
    Quotation

    Im Anschluss an die Landtagswahl in Brandenburg wurde am Sonntag Abend bei Caren Miosga (ARD) über die Ergebnisse der Wahlen im Osten — Sachsen, Thüringen und Brandenburg — diskutiert, unter anderem mit dem früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck.

    Gegen Ende der Sendung wurden dabei auch Formen der demokratischen Mitbestimmung als Möglichkeit besprochen, Menschen wieder stärker ins politische Leben einzubinden:

    Ich glaube […] nicht, dass wir in ein Zeitalter der Renaissance der alten Parteiendemokratie zurückkommen, wo das ganz normal war, dass man in eine Partei geht […]. Und da müssen wir schon darüber nachdenken, was sind andere Möglichkeiten der Partizipation — auch jenseits der Parteien. Ich bin immer für Bürgerräte oder Bürgerforen, aber es können auch Dialogformate sein; dass man durchs Land geht und die Leute beteiligt. Es darf natürlich nicht nur eine Beteiligungsillusion sein, sondern es müssen Möglichkeiten […] des Mitwirkens [sein], wo man wirklich auch Selbstwirksamkeitserfahrungen macht, die einem woanders versagt sind.

    Steffen Mau, Soziologe und Professor an der Humbold-Universität zu Berlin

    [D]as Entscheidende scheint mir doch zu sein, [es wurde] ja auch die Selbstwirksamkeit erwähnt, dass es sich dann natürlich auch selbstwirksam anfühlen muss. Also man muss auch Erfolge feiern dürfen in diesen Selbstwirksamkeitserfahrungen. Und wenn dann die Empfehlungen des Bürgerrates dankend bei einem Pressetermin mit schicken Fotos entgegengenommen und dann in die Schublade gelegt werden, dann ist das so ziemlich die größte Ohnmachtserfahrung, die man machen kann — wenn jemand sich über Wochen intensiv in einem solchen Format engagiert hat.

    Julia Reuschenbach, Politikwissenschaftlerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin

    Auszüge – Transkription von mir

    Ich gebe zu, dass ich kurz an den Südtirolkonvent denken musste.

    Cëla enghe: 01 02 03



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