Autorinnen und Gastbeiträge →

  • Zum EU-Wahlergebnis 2024.

    Fakten und Bewertungen zur Europawahl 2024 aus -Sicht:

    • In der gesamten Europaregion war die Wahlbeteiligung niedrig: Weder in Nord-/Ost- und Südtirol noch im Trentino hat die Hälfte der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Während in Nord-/Osttirol und auch in Südtirol die Kräfte der EVP (ÖVP/SVP) die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnten, war es im Trentino die EKR (FdI).
    • Je ein EU-Abgeordneter stammt aus Nord-, Ost- und Südtirol, aus dem Trentino kommt keiner.
    • In Südtirol lag die Wahlbeteiligung bei 49,6 Prozent — so niedrig wie nie zuvor.
    • Hier lag die SVP (47,0% +0,51im Vergleich zu 2019) vor Grünen und Linken (15,8% +6,32Vergleichswert: Summe aus Europa Verde und La Sinistra (2019)), FdI (12,4% +10,8) und Azione (6,9%). Es folgen PD (6,0% -0,5), Lega (3,3% -14,2), 5SB (2,1% -1,7), FI (1,9% +0,2) und weitere.
    • Herbert Dorfmann schaffte für die SVP mit 82.426 (-17.636) Vorzugsstimmen den Wiedereinzug ins Europaparlament. In Südtirol bekam er 72.057 Vorzugsstimmen (-15.434), im Trentino 8.116 (-146) und in Venetien einschließlich Souramont 1.971 (-1.654).
    • Trotz ihrer 29.651 Vorzugsstimmen3davon 24.029 in Südtirol verpasste Brigitte Foppa (Grüne) die Wahl hingegen relativ knapp. In keinem anderen Wahlkreis und in keiner Region des nordöstlichen Wahlkreises war das Bündnis aus Grünen und Linken auch nur annähernd so erfolgreich wie in Südtirol.
    • Nicht gewählt wurden auch Matteo Gazzini (FI, 2.499 Vorzugsstimmen) und Diego Nicolini (5SB, 2.642).
    • Das Wahlbündnis Azione, für das Paul Köllensperger (TK – 11.251 Vorzugsstimmen) angetreten war, scheiterte ebenso an der 4%-Hürde wie Alternativa Popolare mit Sabine Gruber (783).
    • In Summe kamen die Parteien, die in Rom regieren — also FdI, Lega und FI — in Südtirol auf 17,6% (-3,2). Fratelli d’Italia und Forza Italia konnten mit ihren Zugewinnen die schweren Verluste der Lega nicht auffangen.
    • In Souramont konnte die SVP nach Verlusten 2019 im Durchschnitt wieder etwas zulegen: In Fodom kam sie auf 40,2% (-0,4) und bleibt erste Partei, in Col auf 32,0% (+1,5 – zweite Partei), in Anpezo auf 10,3% (+3,3 – dritte Partei). An Herbert Dorfmann gingen hier insgesamt 337 Vorzugsstimmen.
    • In Nord-/Osttirol gewann die ÖVP (29,8%, -12,8) deutlich vor FPÖ (23,9%, +8,8) und SPÖ (18,0%, +2,5). Es folgen die Grünen (11,6%, -4,7), Neos (11,4%, +2,6), DNA (2,7%) und KPÖ (2,6%, +2,0). Die endgültige Wahlbeteiligung betrug 47,8 Prozent, das ist österreichweit der niedrigste Wert. Trotzdem entsendet das Bundesland wie bereits erwähnt zwei Mandatarinnen ins EU-Parlament: Sophia Kircher (ÖVP) und mit Gerald Hauser (FPÖ) erstmals einen Osttiroler.
    • Im Trentino lag die Wahlbeteiligung bei 44,7 Prozent. FdI wurde erste Partei, es folgen PD und Lega.4die ausgegrauten Punkte bedürfen noch einer Aktualisierung
    • Auch auf Ebene der Region (Südtirol-Trentino) lag die SVP (26,5%) vorn und konnte FdI auf Abstand (19,6%) halten.5die ausgegrauten Punkte bedürfen noch einer Aktualisierung
    • Europaweit war in Belgien (89,8%), Luxemburg (82,3%) und Malta (73,0%) die Wahlbeteiligung am höchsten, in Kroatien (21,3%), Litauen (28,4%) und Bulgarien (33,79) am niedrigsten. Auf Unionsebene machten 51,0% von ihrem Wahlrecht Gebrauch — höher war der Anteil zuletzt im fernen 1994 (56,7%).
    • In einem von 705 auf 720 Mitglieder vergrößerten EU-Parlament errang die EVP 186 Mandate (+106im Vergleich zur Zusammensetzung des Parlaments am Ende der vorherigen Legislatur). An S&D gingen 135 (-4), an Renew 79 (-23) und an Grüne/EFA 53 (-18) Sitze. Die rechtsradikalen und rechtsextremen Fraktionen EKR (73 Sitze, +4) und ID (58 Sitze, +9) konnten zwar zulegen, blieben aber unter den Erwartungen. Die Linken haben 36 Abgeordnete (-1) und fraktionslos sind vorerst 45 (-17). Zu berücksichtigen ist, dass 55 neue Mitglieder (darunter die der AfD) keiner Fraktion des scheidenden Parlaments angehören und dass sich die neuen Fraktionen erst konstituieren müssen.
    • In Österreich lag die FPÖ mit 25,4 Prozent (+8,2) erstmals bei einer bundesweiten Wahl in Führung. Die ÖVP kam nur noch auf 24,5 Prozent (-10,1) und die SPÖ auf 23,3 Prozent (-0,7). Die Grünen schafften 11,1 Prozent (-3,0), Neos 10,1 Prozent (+1,7) und die KPÖ 3,0 Prozent.
    • In Deutschland sollen die Unionsparteien klar vor der AfD liegen, die somit die zweitstärkste Kraft wäre.7die ausgegrauten Punkte bedürfen noch einer Aktualisierung
    • Ersten Hochrechnungen zufolge soll die CSU in Bayern auf 38,5 Prozent abgestürzt sein. Die Grünen kämen an zweiter Stelle, dicht gefolgt von der AfD.8die ausgegrauten Punkte bedürfen noch einer Aktualisierung
    • In Katalonien sagen Hochrechnungen dem PSC einen Wahlsieg vor ERC, PP und JxC voraus. Somit lägen dort zwei linke Parteien vorn.9die ausgegrauten Punkte bedürfen noch einer Aktualisierung
    • Amtliche Ergebnisse durften am Sonntag in allen EU-Ländern erst ab 23:00 Uhr veröffentlicht werden, nachdem die Wahllokale auch im letzten EU-Mitgliedsstaat (Italien) geschlossen wurden.

    Zeitgleich mit der EU-Wahl fand in Leifers die Bürgermeisterstichwahl statt, die Giovanni Seppi (SVP, 58,1%) gegen Claudia Furlani (Uniti/FdI/Lega, 41,9%) klar für sich entscheiden konnte. Damit hat die Stadt erstmals seit den 1960er Jahren wieder einen Bürgermeister deutscher Muttersprache.

    Siehe auch: 01 02

    • 1
      im Vergleich zu 2019
    • 2
      Vergleichswert: Summe aus Europa Verde und La Sinistra (2019)
    • 3
      davon 24.029 in Südtirol
    • 4
      die ausgegrauten Punkte bedürfen noch einer Aktualisierung
    • 5
      die ausgegrauten Punkte bedürfen noch einer Aktualisierung
    • 6
      im Vergleich zur Zusammensetzung des Parlaments am Ende der vorherigen Legislatur
    • 7
      die ausgegrauten Punkte bedürfen noch einer Aktualisierung
    • 8
      die ausgegrauten Punkte bedürfen noch einer Aktualisierung
    • 9
      die ausgegrauten Punkte bedürfen noch einer Aktualisierung


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  • Antisemitische Aktion in Bozen.

    Die schwerst antisemitische Aktion, die Ende letzten Jahres von der neofaschistischen CasaPound (CPI) in Padua und Görz durchgeführt wurde, hat nun in Bozen Nachahmung gefunden: In unmittelbarer Nähe zu den sogenannten Stolpersteinen des Künstlers Gunter Demnig, die auch in Südtirol auf die systematische Verfolgung und Ermordung von Juden erinnern, haben unbekannte Hetzerinnen kleine Tontafeln gleicher Größe auf den Boden geklebt, auf denen in italienischer Sprache folgendes aberwitzige Geschwafel zu lesen ist:

    Hier betrauern wir den Tod von
    PALÄSTINENSISCHEN
    Männern Frauen und Kindern
    Seit 1948 Opfer von
    Genozid und Verfolgung
    13.000
    durch BOMBEN und HUNGER
    gestorbene Kinder
    Wir hatten geschworen
    es nicht zu wiederholen

    Übersetzung von mir (Original anzeigen)

    Qui piangiamo la morte di
    Uomini Donne e Bambini
    PALESTINESI
    Vittime di Genocidio e
    Persecuzione dal 1948
    13.000
    Bambini morti di
    BOMBE e FAME
    Avevamo giurato
    di non ripetere

    Wieder einmal werden da:

    • einseitig nur die palästinensischen Opfer benannt und die jüdischen Opfer verschwiegen;
    • ein Genozid beschworen, der angeblich sogar seit 1948 anhalten soll und
    • auch im Text ein Zusammenhang mit dem Holocaust hergestellt.

    Durch die Nachbildung der Stolpersteine und die physische Nähe zu den Originalen im öffentlichen Raum ist die Wirkung unglaublich verstörend. Dabei handelt es sich beim eingravierten Text um eine brutale Aneinanderreihung von Lügen, grobschlächtigen Geschichtsverdrehungen, Holocaustverharmlosung, Nazi-Vergleichen und Antisemitismus — kurzum: um eine Schande für Bozen und um eine Schande für die Urheberinnen der Aktion.

    Ob auch hierzulande CPI hinter der Hetze steckt, ist indes unklar.

    Nachtrag vom 20. Juni 2024: Nach Auswertung von Videoaufnahmen beschuldigt die Polizei nun »anarchistische« Gruppierungen aus Bozen und Trient der Tat.

    Siehe auch: 01



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  • Zur geforderten Abschaffung des Regierungskommissariats.

    Gestern hat der Landtag einmal mehr für die Abschaffung des Regierungskommissariats und für den Übergang der Zuständigkeiten an den Landeshauptmann gestimmt. Zum Teil wohl auch vom absurden Verhalten der SVP ermuntert, heißt es nun in Zeitungsartikeln und Kommentaren im Netz unter anderem, dass:

    1. der Landtag gar nicht für die Abschaffung des Kommissariats zuständig und der Antrag deshalb reine Schaumschlägerei sei;
    2. im Falle der Abschaffung die Funktionen wennschon — wie in Aoûta/Aosta — an die Region und nicht an die beiden Länder übergehen würden;
    3. es letztendlich keinen Unterschied machen würde, ob die Funktionen des Präfekten ein staatlicher Beamter oder der Landeshauptmann ausübt.

    ad 1)

    • Richtig ist, dass der Landtag das Regierungskommissariat nicht eigenmächtig abschaffen kann, sonst gäbe es vermutlich schon lange keines mehr.
    • Selbstverständlich ist der Landtag aber dazu berechtigt, durch einen Begehrensantrag direkt Forderungen in Rom zu deponieren oder — wie im vorliegenden Fall — durch einen Beschlussantrag die Landesregierung damit zu beauftragen, mit Rom in entsprechende Verhandlungen zu treten.
    • Dabei handelt es sich um eine wichtige Funktion des Landtags, von der regelmäßig Gebrauch gemacht wird. Entsprechende Initiativen haben die meisten im Landtag vertretenen Parteien bereits ergriffen.
    • Auch im vorliegenden Fall bestreitet die SVP keineswegs, dass die Forderung der STF (im Sinne eines Auftrags an die Landesregierung, mit Rom in Verhandlungen zu treten) in die Zuständigkeit des Landtags fällt. Im Gegenteil: Die SVP hat ihren undemokratischen Abstimmungsboykott gerade damit begründet, dass sie sich weiterhin an einen früheren Antrag ähnlichen Inhalts gebunden fühle.
    • Zum Vergleich: Die Landesregierung ist auch nicht für die Wiederherstellung der Autonomie zuständig. Trotzdem — oder gerade deshalb — verhandelt der Landeshauptmann mit Rom darüber. Wenn die Forderung zur Wiederherstellung der Autonomie (oder zur Abschaffung des Regierungskommissariats) nicht von Südtirol ausgeht, wird das dafür zuständige Rom ziemlich sicher nicht entsprechend tätig werden. Und selbstverständlich ist ein Entscheid des Landesparlaments (wenn er nicht, wie in diesem Fall, von der angeblichen Autonomiepartei SVP boykottiert wird) eine solidere Grundlage für Verhandlungen mit Rom als die Forderung einer einzelnen Partei.

    ad 2)

    • Diese Behauptung ist — wie man so schön sagt — Bullshit. Das heutige Regierungskommissariat ist für Südtirol zuständig, Trient hat sein eigenes. Die Abschaffung des Bozner Regierungskommissariats wäre, wenn wir Aoûta/Aosta (wo es keine Provinzen gibt) als Vorbild betrachten, mit der Übertragung der entsprechenden Kompetenzen an den Landeshauptmann verbunden.
    • In der gestern vom Landtag genehmigten Vorlage ist die Forderung enthalten, dass die Zuständigkeiten auf das Land Südtirol übergehen sollen. Wer für den Antrag gestimmt hat, hat also ausdrücklich dies und nicht die Übertragung der Kompetenzen an die Region gefordert.

    ad 3)

    • Bei der Präfektin oder Regierungskommissärin handelt es sich um eine monokratische Institution, die aus einer von Rom ernannten Beamtin besteht, die in der Regel noch nicht einmal Deutsch versteht oder gar spricht. Weder existiert eine entsprechende Verpflichtung, noch gilt die Kenntnis der größten Landessprache als Vorzugskriterium bei der Ernennung. Meist ist die beauftragte Beamtin mit den Südtiroler Besonderheiten nicht vertraut und hat oft keine Sensibilität für die Mehrsprachigkeit im Lande. Das Amt ist Ausdruck eines äußerst zentralistischen Staatsverständnisses.
    • Der Landeshauptmann oder die Landeshauptfrau wird von den Südtirolerinnen demokratisch gewählt, ist in der Regel (und war bislang immer) mindestens zweisprachig und natürlich mit den Begebenheiten vor Ort bestens vertraut.
    • Während sich die Präfektin in erster Linie Rom loyal verbunden fühlt, ist dies bei einem Landeshauptmann oder einer Landeshauptfrau nicht der Fall. Präfektinnen haben, obschon nicht demokratisch gewählt, bei ihren Entscheidungen einen relativ großen Ermessensspielraum, den ein Landeshauptmann oder eine Landeshauptfrau zugunsten der Autonomie und im hauptsächlichen Interesse Südtirols (statt Roms) nutzen könnte. Er oder sie wäre dafür auch gegenüber der Südtiroler Bevölkerung rechenschaftspflichtig, die ihn oder sie abwählen (bzw. nicht wiederwählen) kann.
    • Obschon sie nicht demokratisch gewählt und gegenüber der Südtiroler Bevölkerung nicht rechenschaftspflichtig ist, ist die Präfektin mit einer Fülle von administrativen Zuständigkeiten (öffentliche Sicherheit, Einbürgerungen, Überwachung der Zwei-/Dreisprachigkeitspflicht etc.) ausgestattet, deren Übernahme eine deutliche Aufwertung der Südtirolautonomie bedeuten würde.
    • Nicht zuletzt ist die Präfektin Ausdruck des italienischen Staates, dem die Südtirolerinnen jeder einzelnen Sprachgruppe deutlich weniger vertrauen als dem Land Südtirol, wie neue Daten bestätigen. Insgesamt vertrauen dem Land 62%, dem Staat aber nur 26% der Südtirolerinnen.

    Die Abschaffung des Regierungskommissariats und die Übertragung seiner Zuständigkeiten auf das Land Südtirol wäre also ein Beitrag zur Dezentralisierung, zur Demokratisierung, zur Accountability (Rechenschaftspflicht), zur Aufwertung der Autonomie und zur Steigerung des Vertrauens in die Institutionen, dessen Bedeutung kaum überschätzt werden kann.

    Siehe auch: 01 02 03



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  • Landtag wieder gegen Regierungskommissariat.

    Heute wurde im Südtiroler Landtag einmal mehr über einen Antrag (Nr. 7/23 der STF) abgestimmt, mit dem die Abschaffung des Regierungskommissariats gefordert und die Landesregierung beauftragt wird, in Verhandlungen mit der italienischen Regierung für die Umsetzung dieses Anliegens zu sorgen. Die Zuständigkeiten sollen analog zur Situation in Aosta an das Land Südtirol übergehen.

    Die Vorlage wurde mit 10 Stimmen bei 5 Enthaltungen angenommen, Gegenstimmen gab es bemerkenswerterweise gar keine.

    Insgesamt 19 Abgeordnete haben an der Abstimmung nicht teilgenommen, darunter die Team-K- und die SVP-Mandatarinnen. Die Volkspartei wollte damit vorgeblich »ein Zeichen setzen«, da der Landtag ähnlich lautende Anträge schon mehrmals verabschiedet habe und der entsprechende Auftrag noch immer gelte. Man könnte natürlich auch unterstellen, dass die SVP vor ihren Koalitionspartnerinnen der italienischen Recht(sextrem)en gekuscht hat.

    Wie dem auch sei: Das Landesparlament hat zum wiederholten Mal zum Ausdruck gebracht, dass eine große Mehrheit der Abgeordneten den Abzug des institutionalisierten römischen Wachhunds wünscht. Die SVP gab an, weiterhin »klar und deutlich hinter der beim letzten Mal geäußerten Meinung« — als sie für einen ähnlich lautenden Antrag gestimmt hatte — zu stehen. Eine gewisse Wankelmütigkeit muss man der sogenannten Sammelpartei jedoch attestieren.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 || 01



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  • Dorfmanns desaströse Umweltleistung.

    Die NRO Bloom hat die »ökologische Leistung« von Fraktionen und Abgeordneten des Europaparlaments in der zu Ende gehenden 9. Legislaturperiode (2019-2024) unter die Lupe genommen, indem sie 150 Abstimmungen zu umweltrelevanten Themen analysiert hat. Diese wiederum wurden vier Hauptbereichen (Umweltgerechtigkeit, Ozeane, Klima und Biodiversität) zugeordnet.

    • Von den 33 Abgeordneten, die die höchste Punkteanzahl (20 von 20 Punkten) erreichen, gehören 30 der Fraktion von Grünen mit EFA und drei der linken Fraktion an. Elf dieser Abgeordneten stammen aus Frankreich, sieben aus Deutschland und keine einzige aus Italien.
    • Das Ergebnis des Südtiroler Abgeordneten Herbert Dorfmann (SVP/EVP) fällt katastrophal aus: Im Bereich Umweltgerechtigkeit erreicht er 4,1 von 20 Punkten, bezüglich der Ozeane 6,1 von 20, beim Klima nur 1,0 von 20 und beim Thema Biodiversität 2,0 von 20. Damit reicht es bei der globalen Einstufung für gerade einmal 3,1 von 20 Punkten. Auf der siebenstufigen Farbskala, die von sattgrün bis sattrot reicht, landet Dorfmann damit auf der vorletzten Stufe: rot.
    • In jeder einzelnen Fraktion des EU-Parlaments gibt es Abgeordnete, die deutlich besser als Dorfmann abschneiden. In seiner eigenen, der EVP-Fraktion, kommt die bestgereihte Parlamentarierin (Sirpa Pietikäinen aus Finnland) auf global 18,9 Punkte, gefolgt von Caterina Chinnici (FI) mit 12,7 Punkten. Die höchste Wertung unter den Konservativen und Liberalen (EKR) erreicht die FdI-Abgeordnete Chiara Gemma mit 15,2 Punkten, bei Identität und Demokratie (ID) liegt der Däne Peter Kofod mit 9,1 Punkten vorn. Der beste FPÖler (Georg Mayer – 4,4 Punkte) und die beste AfDlerin (Christine Anderson – 4,1 Punkte) schneiden auch noch besser ab als Herbert Dorfmann.
    • Der zweite aus Südtirol stammende EU-Abgeordnete, Matteo Gazzini (FI, vomals Lega), schafft es mit einem globalen Ergebnis von 2,2 Punkten sogar, die miserable Performance von Dorfmann zu unterbieten und landet damit im sattroten Bereich.
    • Der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont (CSP) erreicht mit 10,1 Punkten den vierten Platz in der EVP, die katalanischen Separatistinnen Carles Puigdemont und Clara Ponsatì (beide JxC) erhalten jeweils 18,9 Punkte — und liegen damit sogar in der sattgrünen Spitzengruppe.
    • Im Durchschnitt erreichen die Fraktionen folgende Ergebnisse: Grüne/EFA 19,8 Punkte; Linke 19,0; S&D 16,6; Renew 11,9; EVP 3,8; ID 3,3 und EKR 2,5. Die fraktionslosen Mitglieder kommen im Mittel auf 11,4 von 20 Punkten. Damit schneidet nur eine Fraktion (die EKR, zu der unter anderem FdI gehört) im Durchschnitt noch schlechter ab als Herbert Dorfmann.

    Für die hoffentlich vielen Wählenden, denen Klima- und Umweltschutz am Herzen liegen, hat die SVP — die im Bündnis mit FI von Matteo Gazzini zur Europawahl antritt — also kein passendes Angebot. In Zeiten der Klimakatastrophe darf das einfach nicht sein.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05



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  • Das Erbe des Faschismus sichtbar machen?
    Veranstaltungshinweis

    Die Fakultät für Design und Künste der Freien Universität Bozen (FUB) führt ein interdisziplinäres Forschungsprojekt mit dem Titel Der Umgang mit Bozens faschistischem Erbe. Eine nachhaltige Auseinandersetzung mit dem widersprüchlichen Vermächtnis der Stadt durch, in dessen Rahmen die Seminarreihe

    Inhabited Dissonance. Bozen-Bolzano 1922-2024

    die erste öffentliche Veranstaltung darstellt. Um den Dialog zwischen historischer Forschung und künstlerischen Methoden zu fördern, nehmen an den drei geplanten Abenden je eine Wissenschaftlerin und eine Künstlerin teil:

    • On Fascism, Nature and Soil (5. Juni – Hörsaal D1.01, in englischer Sprache) – mit der Umwelthistorikerin Roberta Biasillo (Universität Utrecht) und der Künstlerin Ela Spalding.
    • Denkmäler und öffentlicher Raum (6. Juni – Hörsaal D1.02, in deutscher/italienischer Sprache mit Simultanübersetzung) – mit der Kunsthistorikerin Carmen Belmonte (Universität Roma Tre/Bibliotheca Hertziana) und dem Wiener Künstler Eduard Freudmann.
    • Antike Simulakren und Erinnerungskonflikte: Der Faschismus und die Geschichte (7. Juni – Hörsaal D1.02, in italienischer Sprache mit Simultanübersetzung) – mit der Zeithistorikerin Paola Salvatori (Scuola Normale Superiore) und dem Künstler Stefano Graziani.

    Alle Veranstaltungen finden von 18.30 Uhr bis 20.00 Uhr am Campus Bozen statt. Nähere Informationen gibt es hier.

    Siehe auch: 01 02 03 04



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  • Besser kein Einvernehmen als dieses.

    Salto-Chefredakteur Fabio Gobbato und Elena Mancini haben mit Alessandro Urzì von den neofaschistischen Fratelli d’Italia ein Interview geführt, in dessen Verlauf sie den soeben bestätigten Vorsitzenden der Sechserkommission mit Verweis auf Aussagen von Francesco Palermo und Karl Zeller (SVP) regelrecht dazu drängen, von wichtigen Teilen des Autonomieausbaus Abstand zu nehmen.

    Interessanterweise behaupten sie sogar, dass die detaillierte Aufzählung der Landeszuständigkeiten im Statut angeblich einer Entmachtung des Verfassungsgerichts entspreche, was aber Palermo so nicht gesagt hat. Seine Kritik galt hauptsächlich der Aufwertung der Durchführungsbestimmungen, eine Maßnahme, die Südtirol seiner Meinung nach quasi in ein »gallisches Dorf« verwandeln würde — ein Vergleich, den ich für eine Autonomie als herabwürdigend empfinde.

    Mir ist auch völlig schleierhaft, warum es plötzlich schlimm sein sollte, die Zuständigkeiten im Autonomiestatut (also in der Landesverfassung) zu verschriftlichen. Müsste die Festlegung der Autonomie nicht eine durch unf durch politische Angelegenheit und der Gang zum Verfassungsgericht (VG) eine absolute Ausnahme sein, auf die nur dann zurückgegriffen wird, wenn die Interpretation von Normen oder die Aufteilung der Zuständigkeiten unklar (bzw. strittig) ist?

    Palermo selbst hatte jedenfalls vor einiger Zeit für möglichst detaillierte Formulierungen plädiert, um die enorme Anzahl an Streitfällen vor dem VG zu reduzieren und dessen Kreativität bei der Einschränkung autonomer Befugnisse einen Riegel vorzuschieben.

    In dem Interview mit Urzì ist aber meiner Meinung nach vor allem dieser Passus von Bedeutung:

    Kann man sich […] vorstellen, dass das Parlament über alles Gesetze erlassen kann, außer über ein Thema [die Autonomie, Anm.]? Also muss für das Einvernehmen eine möglichst elastische Definition gefunden werden, die die objektiven Interessen der im Land vertetenen Gruppen, also auch das unterschiedliche Gewicht der Sprachgruppen, berücksichtigt. Ich denke zum Beispiel daran, was bereits unter bestimmten Voraussetzungen für die nach Sprachgruppen getrennte Abstimmung [im Landtag/Regionalrat1vgl. Art. 56 des Autonomiestatuts] vorgesehen ist, weil dies die Sprachgruppen explizit als konstituierende Gruppen des Autonomiesystems anerkennt. Etwas zu ersinnen, das das Einvernehmen auch auf diese Ebene bringt, kann fundiert und vernünftig sein. Bislang wurde betont, dass in dieser Angelegenheit eine einfache Mehrheit nicht ausreichen kann, sondern eine »sehr« qualifizierte Mehrheit nötig ist, die die Einbindung von Landtagsabgeordneten mehrerer Sprachgruppen bedarf. Das ist ein Thema, das die Verfassungsordnung betrifft, die Souveränität des Parlaments und wird natürlich eines der wichtigsten Themen sein, die am politischen Verhandlungstisch zu diskutieren sind. So wie der Text vom Landeshauptmann vorgelegt wurde, unterstellt er alles dem ausschließlichen Willen einer einzigen, nämlich der mehrheitlichen [= der deutschen, Anm.] Sprachgruppe, weshalb ich denke, dass er überarbeitet werden muss.

    – Alessandro Urzì

    Übersetzung von mir (Original anzeigen)

    D’altro canto si può immaginare che il Parlamento possa legiferare su tutto tranne che su un aspetto? Ecco che allora forse va prevista una definizione di intesa la più elastica possibile, che tenga conto degli interessi oggettivi delle rappresentanze sul territorio, e quindi anche dei diversi pesi dei gruppi linguistici. Penso ad esempio a quanto già previsto in certe circostanze per il voto separato per gruppi linguistici perché riconosce esplicitamente i gruppi linguistici come gruppi costituenti del sistema dell’autonomia. Immaginare qualcosa che proietti l’intesa anche in questa dimensione può avere una sua fondatezza e ragionevolezza. Finora se ne è parlato evidenziando che in questa materia non può bastare una maggioranza semplice, ma serve una maggioranza “molto” qualificata che preveda la partecipazione dei consiglieri di più gruppi linguistici. Questo è un tema che riguarda l’assetto costituzionale, la sovranità del Parlamento, e ovviamente sarà uno dei principali temi da discutere al tavolo politico. Il testo così come è stato presentato dal Presidente subordina il tutto alla volontà esclusiva di un gruppo linguistico, quello maggioritario, e quindi credo vada rivisto.

    – Alessandro Urzì

    Was Urzì also vorschwebt, ist die Interpretation des Einvernehmens als ein reines Vetorecht — mit möglichst hohen Hürden. Insbesondere wäre dann, um bei einer einseitigen Abänderung des Autonomiestatuts tatsächlich ein Veto einlegen zu können, die Zustimmung der Abgeordneten aller Sprachgruppen (zumindest aber der deutschen und der italienischen) nötig.

    Wenn das so käme, wäre es aus Sicht des Minderheitenschutzes geradezu eine Perversion des Einvernehmensgrundsatzes: eine Mehrheit der politischen Vertreterinnen der italienischen Sprachgruppe in Südtirol hätte es dann in der Hand, Änderungen am Autonomiestatut zu gestatten (bzw. nicht zu untersagen), die der italienische Staat gegebenenfalls einseitig durchsetzen möchte. Die Vertreterinnen der staatlichen Mehrheitsbevölkerung in Südtirol hätten ein Vetorecht über das Vetorecht des Landes — womit auf gesamtstaatlicher und auf Südtiroler Seite in letzter Instanz alle Macht bei der Titularnation läge. Wenn wir berücksichtigen, dass die Autonomie als solche dem Schutz der deutschen und der ladinischen Minderheit im fremdnationalen Staat dient und dass vom Vetorecht des Landes insbesondere auch Minderheitenschutzbestimmungen betroffen sein könnten, ist das Ansinnen von Urzì (das aber auch von Palermo gefordert wurde) regelrecht perfide. Wir brauchen uns nur vor Augen zu führen, wie autonomie- und insbesondere minderheitenfeindlich rechte und linke Parteien des italienischen Spektrums in Südtirol sehr oft sind, um ihre Unterstützung beim allfälligen Einsatz der Einvernehmensklausel als reine Illusion zu entlarven.

    Wer tatsächlich gedacht hatte, der ultranationalistische Wolf habe sich mehr als nur einen Schafspelz umgelegt, wird wohl enttäuscht sein. Eine derartige Regelung wäre aber nicht nur kein Fort-, sondern ein klarer Rückschritt: Im Zweifel könnte der Zentralstaat dann behaupten, über das Einvernehmen zu verfügen, auch wenn eigentlich bloß kein Veto zustande gekommen ist, weil die Vertreterinnen der Titularnation im Landtag es verhindert haben.

    Siehe auch: 01

    • 1
      vgl. Art. 56 des Autonomiestatuts


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