Der Co-Vorsitzende der Grünen, Felix von Wohlgemuth, hat auf Facebook und Salto ein Statement gegen die unsägliche Paktelei der SVP mit den Rechtsextremen veröffentlicht. Obschon er darin vordergründig gegen den Deal und die beabsichtigte Koalition wettert, hinterfragt er auch ganz grundsätzlich die Notwendigkeit eines Autonomieausbaus — beziehungsweise der Wiederherstellung der Standards, die wir 1992 schon einmal hatten. Es ist leider immer dasselbe: Fordern Rechte die Selbstbestimmung, sind die Grünen reflexhaft dagegen, obwohl es sich dabei eigentlich um ein urlinkes Konzept handelt. Dann geben sich die Südtiroler Grünen plötzlich demonstrativ als Autonomiepatriotinnen, obwohl sie doch stets gegen wesentliche Mechanismen waren, die mit ihr einher gehen. Fordern aber Rechte die Wiederherstellung der Autonomie — oder stellen Rechte sie in Aussicht —, behaupten die Grünen plötzlich, wir hätten ohnehin genug Autonomie und seien eh außerstande, sie ordentlich zu nutzen. Für die meisten Themen, die von Wohlgemuth auflistet (Lebenshaltungskosten, Kaufkraftverlust, leistbarer Wohnraum, Wartezeiten im Gesundheitswesen, fehlende Arbeitskräfte, aber auch Raumordnung und Personalwesen) ist das Land entweder nicht primär zuständig oder hat im Rahmen des Zentralstaats nur marginale Einflussmöglichkeiten. Wo es diese Möglichkeiten hat, mag die SVP zwar zu wenig sozial agiert haben, aber fast durchwegs besser, als das über Jahrzehnte von Rechts regierte Italien. Darin liegt auch das Paradoxon: Wenn die Kompetenzen nicht nach Südtirol geholt werden, überlassen wir sie eben den Melonis und Salvinis, was wohl auch keine Idealvorstellung der Grünen sein dürfte.
Das Kind mit dem Bade
Warum schaffen wir es nicht endlich zu sagen: Kein noch so guter Autonomieausbau ist es wert, die Neofaschistinnen an die Macht zu holen und salonfähig zu machen und die Demokratie zu gefährden. So viel Differenzierung wird doch nicht zu viel verlangt sein! Reflexhaft gegen die Autonomie und ihren Ausbau bzw. ihre Wiederherstellung zu wettern, nutzt nur der SVP, die sich wieder einmal als deren einzige wahre Hüterin darstellen kann.
Zu sagen, wir bräuchten nicht mehr demokratische Selbstverwaltung, weil wir eh zu schlecht dafür sind, ist übrigens ein in Ansätzen »imperialistisches« Argument. Damit hätte man nämlich auch für die Beibehaltung so mancher Kolonie argumentieren können, denn besser ein erfahrener und gütiger — mitunter gar ein schlechter — Kolonialherr als eine unerfahrene und unfähige Eigenregierung.
Cëla enghe: 01
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