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  • Galateo verklagt alles und jede.

    Wie die TAZ verständnisvoll und rechtfertigend berichtet, will Antifaschist Marco Galateo (FdI) nun jede verklagen, die nicht bei drei auf den Bäumen ist. Oder fast. An den Kragen gehen soll es nämlich all denen, die ihn oder seine Partei politikwissenschaftlich korrekt einordnen. Er möchte also verhindern, dass eine politische Kraft, die die Flamme auf Mussolinis Sarg im Symbol trägt und sich nie ausdrücklich vom Faschismus distanziert hat — bzw. ein Politiker, der mit der neofaschistischen CasaPound gemeinsame Sache gemacht, heiter mit der Rizinusölflasche gewedelt und einen Kreuzzug gegen Regenbogenflaggen geführt hat —, als das bezeichnet werden, was sie sind. Das ist verständlich. Wer möchte schon gerne als rechtsextrem, rassistisch oder homophob betitelt werden? Nicht zufällig bevorzugen es Rechtsextreme, Rassistinnen und Homophobe, sich selbst als »nicht rassistisch, aber…«, »nicht homophob, aber…« und »nicht minderheitenfeindlich, aber…« zu bezeichnen.

    Da werfe den ersten Stein, wer an Antifaschist Galateos Stelle nicht sofort die SLAPP-Klage zücken würde, um unliebsame Stimmen mundtot zu machen. Manchmal reicht ja auch schon die Drohung. Und genauso, wie man eine politikwissenschaftlich korrekte Einordnung wegprozessiert, kann man ja dann vielleicht auch gleich den menschgemachten Klimawandel, eine Pandemie oder andere wissenschaftliche Erkenntnisse wegslappen. Fürwahr, da stehen uns — dank SVP — spannende Jahre bevor!

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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  • FdI will Laufzeit von Dekreten verlängern.
    Autoritärer Umbau

    Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, versucht die rechtsrechte Regierungsmehrheit in Italien gerade, die Frist zur Umwandlung von Notverordnungen (Dekreten) um die Hälfte zu verlängern. Diese Reform wird zeitgleich mit jener zur Aufwertung der Rolle der Regierungschefin vorangetrieben und hat einen klar autoritären Beigeschmack. Dekrete gestatten es der Exekutivgewalt, sich in dringenden Not- und Krisenfällen über die Legislative hinwegzusetzen, wobei letztere in der Regel 60 Tage Zeit hat, die Maßnahmen zu prüfen und sie gegebenenfalls zu genehmigen. Oder aufzuheben. Historisch haben autoritäre Regimes, einschließlich des faschistischen und des nationalsozialistischen im vergangenen Jahrhundert, das Instrument der Notverordnung systematisch missbraucht, um ohne Einmischung der Parlamente weitreichende und folgenschwere Entscheidungen zu fassen.

    In Deutschland gibt es die Notverordnung aus diesem Grund heute gar nicht mehr. Anders in Italien, wo Dekrete zum politischen Tagesgeschäft zählen und — wortwörtlich — ohne Not erlassen werden. Schon jetzt zählt die Regierung von Giorgia Meloni (FdI) zu jenen, die die meisten Notverordnungen pro Monat erlassen haben, sodass das Parlament mit ihrer Überprüfung kaum hinterher kommt. Anstatt daraus den Schluss zu ziehen, dass der Missbrauch dieser für Notfälle gedachten Maßnahme reduziert werden sollte, will die Mehrheit die Unwandlungsfrist von heute 60 Tagen um 50% auf 90 Tage verlängern. Oppositionsparteien fürchten, dass sich die Debatten dann noch weiter in die Länge ziehen werden und das Parlament noch mehr Zeit als ohnehin schon mit der Prüfung von Notverordnungen verbringen könnte. Für die eigentliche parlamentarische Arbeit bliebe dann noch weniger Zeit.

    Das wäre durchaus im Interesse der Rechten, denen die Exekutive nicht stark genug sein kann und die die Parlamente oft als überflüssige Debattierclubs empfinden. Gemeinsam mit der geplanten Aufwertung der Regierungschefin wäre die Laufzeitverlängerung von Notverordnungen ein klarer Schritt in Richtung des autoritären Umbaus der staatlichen Grundordnung.

    Cëla enghe: 01 02 || 01



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  • Was wurde eigentlich aus… der Vollautonomie?
    Offenes Eingeständnis des Scheiterns der SVP

    Konsequent gehen wir den erfolgreichen Weg der Autonomie hin zur Vollautonomie weiter.

    aus dem SVP-Wahlprogramm 2013 “Gutes bewahren. Neues wagen.”

    Wer kann sich noch an das Jahr 2013 erinnern? Es war das Jahr der Vollautonomie. Sowohl bei den Parlamentswahlen als auch bei den Landtagswahlen propagierte die SVP dieses Konzept, das genaugenommen eine weitreichende, innerstaatliche Teilautonomie beschreibt. Es war wohl eine Reaktion auf die damalige freiheitliche Idee des “Freistaates” (vulgo unabhängiger, souveräner Staat) und der STF-Forderung nach Selbstbestimmung. Auch im Wahlprogramm 2018 “Stabil. Stark. Südtirol!” findet sich ein Verweis auf dieses Ziel:

    Um Südtirol politisch, kulturell, wirtschaftlich und sozial eine dynamische Weiterentwicklung, vor allem auch im Interesse der Jugend zu ermöglichen, soll die Autonomie unseres Landes zu einer Vollautonomie ausgebaut werden.

    Durchsucht man jedoch das Wahlprogramm 2023 “Arbeiten für Südtirol”, so findet man das Wort “Vollautonomie” genau 0 mal. Versenkt. Stattdessen wird nun die mögliche Koalition mit den postfaschistischen FdI einzig und allein damit gerechtfertigt, dass dadurch in den vergangenen Jahr(zehnt)en verlorengegangene Kompetenzen zurückgeholt werden könnten. Aha? Heißt das also, dass in den letzten zehn Jahren statt dem vollmundig in zwei Wahlprogrammen versprochenen Ausbau der Autonomie hin zur Vollautonomie das Gegenteil stattgefunden hat? Oder wie darf man das sonst verstehen?

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08 09



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  • Quite strange Excuses.

    Auf Salto sind mindestens zwei Beiträge über die erste No-Excuses-Demo vom 7. Dezember erschienen, in denen mehrere Zweifel gestreut oder Kritikpunkte geäußert wurden, auf die ich hier — ausdrücklich nicht im Namen der Organisatorinnen — eingehen möchte.

    In seinem Beitrag vom 8. Dezember schreibt Valentino Liberto:

    Molti dei partecipanti si chiedono però il senso della fiaccolata nell’invito alla manifestazione, che ricorda un po’ proprio il marciare tipico della destra.

    – Valentino Liberto

    In der Einladung war nicht von einem »Fackelzug«, sondern von einem »Kerzenmarsch« die Rede. In den vorbereiteten Diskussionen wurde sogar klar darauf hingewiesen und besprochen, dass es sich um Kerzen und nicht um Fackeln handeln sollte, weshalb zum Beispiel hier auf die Ankündigung um den ausdrücklichen Hinweis »keine Fackeln« erweitert wurde. Sollte in einer offiziellen Einladung zur Demo irgendetwas zu einem »Fackelzug« gestanden haben, wäre das ein grobes Versehen, doch ich habe bis heute nichts dergleichen gefunden. Und ehrlich gesagt habe ich bei der Demo auch keine einzige Fackel gesehen.

    Dass es bei der zweiten Kundgebung keine Kerzen mehr geben wird, war intern übrigens ebenfalls bereits vorab besprochen worden. Im Idealfall soll sich jede Demo von der vorhergehenden unterscheiden.

    In ihrer Sendung Valentinǝ (Folge 7) kommen Valentino Liberto und Valentina Gianera bei Radio Tandem auf das Thema zurück. Sie bezeichnen die geplante Koalition in der Anmoderation als

    coalizione di destra, o centrodestra, se si considera la presenza di Angelo Gennaccaro

    – Valentino Liberto

    Transkription von mir

    womit sie die SVP offenbar bereits als rechte Kraft einstufen, weiter rechts als La Civica jedenfalls, die angeblich als einzige die Verankerung in der Mitte gewährleistet.

    Valentina Gianera sagt ferner:

    la manifestazione sembrava davvero essere contro la coalizione con Fratelli d’Italia e non la coalizione con la destra anche tedesca, perché i Freiheitlichen nel discorso non erano molto presenti, anche se anche loro, di loro volta, hanno delle posizioni razziste, omofobe, discriminanti […]

    – Valentina Gianera

    Transkription von mir

    und Valentino Liberto hatte schon in seinem Salto-Beitrag geschrieben:

    Nel mirino c’è soprattutto la scelta storica di fare entrare in Giunta provinciale “i postfascisti” di Fratelli d’Italia — meno tematizzato è invece l’ingresso in maggioranza dei Freiheitlichen, anch’essi con all’attivo numerose prese di posizione molto lontane dal sentimento “antifascista” della piazza di ieri.

    – Valentino Liberto

    Die Veranstaltungen richten sich gegen die beabsichtigte Koalition in ihrer Gesamtheit und speziell gegen die Komponenten FdI, Uniti/Lega und F. Wenn sich aber hauptsächlich ein Widerstand gegen FdI herauskristallisiert, hat das aus meiner Sicht gute Gründe. Allein schon weil die angepeilte Koalition von vielen mit der Notwendigkeit gerechtfertigt wird, den (zweifelhaften) Wählerwillen der italienischen Sprachgruppe zu berücksichtigen und die Autonomie »mit Rom« wiederherzustellen, stehen unweigerlich FdI und Uniti/Lega im Fokus der Aufmerksamkeit. Die Freiheitlichen sind, zumindest indirekt und in der öffentlichen Wahrnehmung, im Schlepptau der italienischen Recht(sextrem)en in die Koalitionsverhandlungen gekommen, da bekanntlich ein »deutscher« Partner nötig ist. Andere Parteien als die Freiheitlichen sind speziell mit FdI schwerer kompatibel. Dies macht die Freiheitlichen nicht »ungefährlicher«, doch um die SVP von einer Koalition mit den Rechten abzubringen, ist eine gewisse Fokalisierung auf FdI und Uniti/Lega zielführender. Ohne FdI und Uniti/Lega keine Koalition mit den Freiheitlichen, was aber umgekehrt nicht in gleichem Maße gilt.

    Nicht zuletzt existieren auch innerhalb der Rechten Nuancen und Abstufungen, wobei FdI mit seinen Positionen zum Faschismus und den nach wie vor vorhandenen politischen Überschneidungen (vgl. 01 02 03 04 05) im Vergleich zum Bündnis Uniti/Lega und zu den Freiheitlichen recht unzweifelhaft in einer eigenen Liga spielt. Auf das Thema Autonomiefreundlichkeit, wo ein Alessandro Urzì alles andere als ein unbeschriebenes Blatt ist, muss ich wohl gar nicht erst eingehen.

    Äußerst skurril wird es aber spätestens, wenn es heißt:

    Poi c’è un’altra curiosità, ovvero il fatto che sembra quasi che l’SVP rappresenti proprio il Sudtirolo in questo, no? Perché la comunicazione della manifestazione, o almeno per come l’ho letta io, era molto sul fatto che il Lånd o Südtirol adesso prende una piega… koaliert con i Fratelli d’Italia. Quindi come se l’SVP effettivamente rappresentasse il Sudtirolo, cosa che in parte forse fa, però sicuramente non tutto il Sudtirolo…

    – Valentina Gianera

    Transkription von mir

    Richtig erkannt, die Kundgebung richtet sich, wie auch einschlägige Appelle (vgl. 01), logischerweise an die SVP. Das geht auch gar nicht anders — und hat rein gar nichts damit zu tun, dass die SVP »das Land« wäre und Südtirol in seiner Gesamtheit repräsentiere, sondern damit, dass die Volkspartei trotz erneuter Einbußen die Wahlen gewonnen hat. Aufgrund ihrer Stärke entscheidet sie, mit welchen der willigen Partner sie koaliert. Wenn nach der Wahl Vertreterinnen sämtlicher Parteien zu Sondierungsgesprächen zum SVP-Sitz gepilgert sind, liegt das genau daran. Dies nicht zu erkennen bedarf schon zumindest einer kleinen Portion Unredlichkeit, wie ich finde.

    Und weiter:

    Tra l’altro, altra notazione: ovviamente esponenti dell’SVP, tranne Andreas Unterkircher, che, sappiamo, è entrato nell’SVP qualche tempo fa e adesso è uscito […] poi sono usciti vari altri esponenti SVP, è uscito Seehauser junior, diciamo, è uscito Pürgstaller, ex sindaco di Bressanone, però appunto ieri c’era solo Unterkircher alla manifestazione. Quindi non è una manifestazione di protesta interna alla Südtiroler Volkspartei e sappiamo che anche all’interno dell’elettorato dell’SVP non c’è più questo pregiudizio così forte verso Fratelli d’Italia, e quindi, insomma, ci sono una serie di problematicità legate a cosa è diventata l’SVP — tra l’altro, aperta parentesi, anche dentro l’SVP ci sono stati esponenti con esternazioni razziste, quindi se vogliamo la stessa SVP a sua volta ha cominciato a incarnare valori forse diversi da quelli che incarnava un tempo —, perciò ecco anch’io un po’ ho detto: mah, forse questa preghiera, quasi supplica, soprattutto a Kompatscher, di cambiare idea, dato che c’erano queste aspettative, lo vedo forse come un leggero segno di debolezza anche del fronte che è sceso in piazza. Perché de facto è sceso in piazza il fronte di persone che orbita attorno alla sinistra o al centrosinistra socialliberale del Sudtirolo.

    – Valentino Liberto

    Transkription von mir

    • Stimmt, die Kundgebung war keine parteiinterne Angelegenheit der SVP. Sie war an keinem Zeitpunkt so geplant und mir ist schleierhaft, inwiefern dies eine Schwäche sein sollte. Ob Südtirol von einer nach weit rechts offenen Koalition regiert wird oder nicht, geht uns alle an.
    • Woher will man wissen, ob die Vorbehalte der SVP-Wählenden gegenüber (einer Koalition mit) FdI größer oder weniger groß sind? Gibt es hierzu Daten? Mir sind keine bekannt.
    • Rassistische Äußerungen mag es auch in der SVP gegeben haben, doch die SVP ist — anders als FdI, Uniti/Lega und Freiheitliche — mit Sicherheit keine konstitutiv und programmatisch rassistische Partei. Sie diesbezüglich auch nur in die Nähe der Rechtsparteien rücken zu wollen, entbehrt jeglicher Grundlage und verharmlost die Rechten. Im Gegenteil ist mein subjektiver Eindruck sogar, dass die Volkspartei wennschon früher rassistischer war, als noch Exponenten wie Pahl und Atz in prominenter Position vertreten waren.
    • Mit Sicherheit war bei der Kundgebung die Linke stark repräsentiert. Doch wie will man die allgemeine Gesinnung der Teilnehmenden feststellen bzw. wissen, was sie am 22. Oktober gewählt haben? Ich für meinen Teil habe — wie schon hier beschrieben — mehrere Personen erkannt, die ich »der politischen Mitte und den Liberalen, wenn nicht gar den Konservativen zuordnen würde.«

    Antifaschismus ist jedenfalls eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

    Cëla enghe: 01 02



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