→→ Autorinnen →→ Gastbeiträge →→

  • Antifaschistische Maturantinnen.

    Bei der Auszeichnung der besten Maturantinnen des Landes (2022/23), die gestern Nachmittag stattgefunden hat, haben zwei der Geehrten ein äußerst couragiertes Zeichen gegen die aktuellen Koalitionsverhandlungen gesetzt: Raphael Lloyd und Marina Dragà trugen in Anwesenheit von LH Arno Kompatscher (SVP) ein T-Shirt mit der Aufschrift Kein Platz für Faschisten. Der Inhalt der Botschaft sollte in einer Demokratie eigentlich selbstverständlich sein, hat aber im gegenwärtigen politischen Kontext ein besonderes Gewicht.

    Bildquelle: No Excuses

    Wenn man der beharrlichen Absicht des Landeshauptmanns und seiner Partei, eine Koalition mit Recht(sextrem)en zu bilden, etwas Positives abgewinnen kann, dann tatsächlich dies: Die Südtiroler Zivilgesellschaft, insbesondere auch die jungen Menschen im Land, haben ein starkes Lebenszeichen von sich gegeben und all jene überrascht, die so etwas in Südtirol nicht für möglich gehalten hätten — einschließlich der SVP. Von wegen Politikverdrossenheit.

    Ganz tolle Aktion!

    Cëla enghe: 01 02 03 04



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Völlig bedeutungslose Präambel.
    Quotation

    Diese links-grünen Demonstranten und Briefeschreiber, wie gesagt, die setzen natürlich der SVP und vor allem dem Landeshauptmann zu, weil sie ihn beeinflussen wollen, aber am Verhandlungstisch spielen diese Themen, die von diesen Leuten angesprochen werden, überhaupt keine Rolle.

    [Die] Präambel ist natürlich für die SVP wichtig, aus meiner Sicht ist es völlig bedeutungslos. Aus meiner Sicht zählen nur die konkreten Arbeitspunkte.

    Otto Mahlknecht, Co-Verhandlungsführer der Freiheitlichen bei den Koalitionsgesprächen, Mittagsmagazin, Rai Südtirol, 29. Dezember – Transkription von mir

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01 02 03



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Die illiberalen Rechtsautoritären und ihre Helfer.

    Der Spiegel hat mit dem Politologen Thomas Biebricher und mit dem Historiker Thomas Schlemmer ein Interview über den Erfolg rechtsautoritärer Parteien und die Rolle der Konservativen geführt. Demnach zeichne die radikalen Rechten insbesondere ein illiberaler Zug, also die Überhöhung der Mehrheit und die Verachtung der (politischen) Minderheit aus. Ferner auch der Wunsch, alte Ordnungen zu restaurieren: Familien, Geschlechterhierarchien sowie die Rolle von Nation oder Religion. Laut Biebricher sei eine monolithische, einheitliche Vorstellung von Staatlichkeit entscheidend.

    Das korrespondiert mit einer illiberalen Vorstellung von Gesellschaft, die alle Abweichungen kleinhalten will, etwa die LGBTQ-Community. Es führt auch zu einem Misstrauen gegen Gewaltenteilung, Pluralismus, eine unabhängige Justiz. Ich spreche deshalb von »rechtem Autoritarismus«.

    – Thomas Biebricher

    Er weist darauf hin, dass neue autoritäre Regimes die Demokratie häufig gar nicht abschaffen und nur die Spielregeln so verändern, dass sie selbst einen systematischen Vorteil haben. International hält denn Schlemmer einen schrittweisen Umbau der Demokratie »unter Ausschaltung der Rechte von Minderheiten«, »antipluralistisch, homogen, monolithisch« für das wahrscheinlichste Szenario.

    Wir sehen es ja auch in Südtirol: Wiewohl die Anwesenheit sprachlicher Minderheiten (zumindest vorerst noch) akzeptiert wird, stellen Abweichungen von der alles homogenisierenden nationalen Identifikation für Vertreterinnen dieser Parteien bereits einen inakzeptablen, zu bekämpfenden Affront dar. Zudem findet bereits eine Umdeutung der nationalen Mehrheit zur schützenswerten Minderheit statt, womit sich irgendwann Eingriffe legitimieren lassen, die andernfalls nicht möglich wären.

    Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ging es zunächst vor allem um Friedenssicherung durch Demokratie und kollektive Sicherheit. Dann aber kamen die Wirtschaftskrisen und – vor allem in Ostmittel- und Südosteuropa – Probleme des Nation Building. Fast überall gab es Konflikte um Minderheiten, von den Sudetendeutschen in der Tschechoslowakei bis zu den Südtirolern in Italien. Der nationale und der ökonomische Sprengsatz zusammen zerstörten auf diese Weise viele Demokratien.

    – Thomas Schlemmer

    Zur Partei von Giorgia Meloni, die sich anschickt, Südtirol mitzuregieren, hat Schlemmer, Experte für italienischen Faschismus, eine klare Meinung:

    [A]n den Fratelli d’Italia ist gar nichts »post«. Die tragen heute noch die Flamme des Faschismus im Logo. Die haben bei der vorletzten Wahl weniger als fünf Prozent geholt. Deren Kern sind zum großen Teil knallharte Neofaschisten.

    – Thomas Schlemmer

    Die Partei sei dann in kurzer Zeit auf 26% gewachsen, doch so viele Neofaschistinnen gebe es natürlich nicht. Biebricher gibt zu bedenken, dass der Staatsumbau mit Sicherheit zum Projekt von Giorgia Meloni gehöre. Es spreche ja auch manches dafür, die Exekutive zu stärken, da es in Italien »viele Vetospieler« gebe. Doch genau das könne dann auch die Rechtfertigung für einen autoritären Umbau sein.

    In Italien war es Silvio Berlusconi, der die Brandmauer zu den Autoritären eingerissen hat, mit bleibenden Folgen. Der MSI, die Vorgängerpartei der Alleanza Nazionale, galt nicht als Teil des Verfassungsbogens. Berlusconi aber ging ein Bündnis ein. Seitdem gibt es keinerlei Ausgrenzung mehr. Dabei kann man beobachten, dass sich das Gravitationszentrum stetig weiter nach rechts verschiebt: von Berlusconis Forza Italia zur Lega unter Salvini, und jetzt zu Melonis Fratelli d’Italia.

    – Thomas Biebricher

    Linksetzung von mir

    In Südtirol ist zeitversetzt Ähnliches zu beobachten: Auf Landesebene wurde 2018 die Lega eingebunden, jetzt kommen schon Fratelli d’Italia und Freiheitliche dazu. Auf Gemeindeebene (zum Beispiel in Leifers, Branzoll, Meran) finden sukzessive ähnliche Verschiebungen statt, ebenso bei den Wahlen zum EU-Parlament, wo SVP-Kandidat Herbert Dorfmann 2019 auf der Forza-Italia-Liste angetreten war. Im Juni könnte es dann schon die Lega, wenn nicht gar FdI sein.

    Auch die Südtiroler Volkspartei leistet also ihren konkreten Beitrag als Türöffnerin für die Illiberalen, die unsere Demokratien autoritär umbauen wollen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01 02



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Keinen Zentimeter.

    Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) ist Medienberichten zufolge überrascht, dass es Menschen gebe, die befürchten, er könnte in der Koalition mit den Recht(sextrem)en auch nur einen Zentimeter von seinen Werten abrücken. Doch allein schon seine Bereitschaft, ohne Not mit post- und neofaschistischen Kräften zusammenzuarbeiten und sie somit zu legitimieren, ist mit den Werten, die man mit ihm (und der SVP) bislang in Verbindung gebracht hat, nicht vereinbar. Gut möglich allerdings, dass wir uns in der Person des Landeshauptmanns kollektiv geirrt haben, das halte ich inzwischen sogar für die wahrscheinlichste Option.

    Dass die SVP wohl auch in zentralen Punkten von ihren bisherigen Positionen abweichen musste, ist medial bereits durchgesickert. Gewissheit werden wir vielleicht in Kürze haben. Doch etwas anderes wäre auch unlogisch: Wozu geht man Koalitionen ein, wenn den Juniorpartnern, die gemeinsam immerhin ein Drittel der Regierungsmehrheit stellen und wertemäßig teils sehr weit vom LH weg sind, »kein Zentimeter« gewährt wird? Das wird sich niemand gefallen lassen, umso weniger Parteien, die das Faustpfand der über alles stehenden und alles rechtfertigenden Wiederherstellung der Autonomie in ihren Händen halten.

    Dafür soll es aber wie schon vor fünf Jahren im Regierungsprogramm eine wunderbare Präambel geben, in der sämtliche Werte zentimetergenau vermessen werden. Schade nur, dass Präambeln sehr geduldig, weil völlig unverbindlich sind. Oder möchte man uns weismachen, dass damals nur alles aus dem Ruder laufen konnte, weil Franz von Papen nicht an eine Präambel gedacht hatte?

    Überspitzungen beiseite — das Allerwichtigste droht unterzugehen: Selbst wenn wir uns im Landeshauptmann nicht geirrt hätten, selbst wenn die Juniorpartner so dumm wären, in zentralen Bereichen auf eigene Akzente zu verzichten und selbst wenn Präambeln aus — O-Ton Albert Pürgstaller — Anti-Antifaschisten lupenreine Demokratinnen machen können, gibt es da immer noch ein riesengroßes Problem. Bei den enormen Herausforderungen, die uns in den nächsten Jahren bevorstehen, wäre »keinen Zentimeter zurückweichen« wohl noch lange nicht genug. Wir müssen, um bei Kompatschers Bild zu bleiben, vermutlich meter-, ja kilometerweit von unseren jetzigen Positionen abrücken, um alle Probleme auch nur ansatzweise lösen und die schwerwiegendsten Schäden abwenden zu können. Allerdings wird uns dieser Weg wohl gerade nicht zurück in eine »kuschelige« Vergangenheit führen, wie es sich die Recht(sextrem)en wünschen, sondern genau in die entgegengesetzte Richtung. Keinen Zentimeter nachgeben reicht also nicht.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01 02



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Geoblocking: Minderheitenklausel verabschiedet.
    EU-Parlament

    Am 13. Dezember hat das EU-Parlament eine Entschließung zur Umsetzung der Geoblocking-Verordnung im digitalen Binnenmarkt von 2018 verabschiedet, mit der die Kommission zu Anpassungen aufgefordert wird, die bis 2025 vorgenommen werden sollen. Eine ursprünglich erhoffte vollständige Ausdehnung des Geoblockingverbots auf audiovisuelle Inhalte (vgl.) ist einmal mehr am erfolgreichen Widerstand der einschlägigen Lobbys gescheitert.

    Geoblocking-Hinweis (ZDF)

    Wenigstens die Notwendigkeit, Verbesserungen für sprachliche Minderheiten umzusetzen, schaffte es aber in die genehmigte Vorlage.

    Dort heißt es konkret:

    [Das Europäische Parlament], in der Erwägung, dass Bürgerinnen und Bürger, die in Grenzregionen leben oder sprachlichen Minderheiten angehören, bisweilen durch Geoblocking am Zugang zu Inhalten in ihrer Muttersprache gehindert werden, wodurch ihr Zugang zu kulturellen Inhalten eingeschränkt werden kann;

    – Punkt F

    […] nimmt die besonders negativen Auswirkungen von Geoblocking-Praktiken auf Bürgerinnen und Bürger zur Kenntnis, die in grenzüberschreitenden Regionen leben oder sprachlichen Minderheiten angehören;

    – Punkt 19

    fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, konkrete Lösungen vorzuschlagen, die Verbrauchern, insbesondere Bürgern, die in Grenzregionen leben oder sprachlichen Minderheiten angehören, einen legalen Zugang zu unterschiedlichen katalogübergreifenden Inhalten über Grenzen hinweg ermöglichen;

    – Punkt 25

    Auszüge aus der Entschließung

    Als Verhandlungsführer der EVP im Rechtsausschuss hatte es der EU-Abgeordnete der Deutschsprachigen Gemeinschaft (DG) in Belgien, Pascal Arimont, zuvor geschafft, die entsprechende Forderung mit knapper Mehrheit im Text zu verankern. Die mit satter Mehrheit (451 zu 141 Stimmen bei 22 Enthaltungen) genehmigte Entschließung vom 13. Dezember nimmt den Vorstoß — die sogenannte »Ostbelgien- und Südtirolklausel« — auf und leitet ihn an die Kommission weiter.

    Cëla enghe: 01



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Christian Bianchi gegen unbegründete Vorwürfe.

    Im Vorfeld der gestrigen, dritten No-Excuses-Demo mit über 1.000 Teilnehmenden soll der Landtagsabgeordnete Christian Bianchi (Uniti/Lega) darauf hingewiesen haben, dass die Lega nie homophob, rassistisch oder gegen den Klimaschutz gewesen sei. Vorwürfe, die jeder Grundlage entbehren, wolle er nicht weiter hinnehmen.

    Und wo Bianchi Recht hat, hat er Recht. Vorwürfe sollten wir niemals ohne Grundlage erheben. Hier ist sie also:

    • Vor den Gemeinderatswahlen 2016 hatten mehrere Kandidaten von Uniti per Bolzano, die auch von Christian Bianchi unterstützt wurden, eine homophobe Selbstverpflichtung unterschrieben. Mit von der Partie waren auch Bürgermeisterkandidat Mario Tagnin sowie Alessandro Forest, der bei der heurigen Landtagswahl für FdI kandidiert hat.
    • Noch bevor die Landesregierung aus SVP und Lega Anfang 2019 richtig loslegen konnte, musste sich Landesrat Massimo Bessone schon für die schwulenfeindliche Wortwahl seines Parteikollegen Kurt Pancheri im Bozner Gemeinderat entschuldigen.
    • Leider glich aber auch das Facebook-Profil von Landesrat Bessone einem rassistischen Gruselkabinett.
    • Anfang 2019 musste der Bozner Lega-Gemeinderat Kevin Masocco zurücktreten, da er unter anderem zur Vergewaltigung einer Wiener DJane aufgerufen hatte.
    • Kurz zuvor war der heutige Lega-Regionenminister Roberto Calderoli wegen Rassismus verurteilt worden, weil er Integrationsministerin Cécile Kyenge (PD) schwerst beleidigt hatte. Im heurigen Juni folgte ein zweites, bestätigendes Urteil.
    • Im September 2019 war es beim Parteifest der Lega in Pontida zu einer antisemitisch motivierten Attacke auf den Journalisten Gad Lerner gekommen. Matteo Salvini distanzierte sich von dem Vorfall nicht.
    • Im Jahr 2020 machte die Lega Sergio Armanini zu ihrem Meraner Bürgermeisterkandidaten, obschon er 2014 mit grob rassistischen und sexistischen Äußerungen auf sich aufmerksam gemacht hatte.
    • Im EU-Parlament stimmte die Lega gegen eine wichtige Antirassismus-Resolution.
    • Im Mai 2021 beleidigte der Vahrner Lega-Gemeinderat Ivan Maschi Seminaristen aus Tansania und Indien rassistisch.
    • Es war im Oktober 2021, als die Lega mit den anderen Rechtsparteien im italienischen Parlament gegen ein Gesetz stimmte, das endlich auch in Italien homo- und transphobe Diskriminierungen unter Strafe gestellt hätte.
    • Ebenfalls im Oktober 2021 deckte Fanpage die engen Verstrickungen zwischen der Lega und der Neonazi-Organisation Lealtà Azione auf.
    • Im Dezember 2021 stimmte die Lega für einen Antrag von Alessandro Urzì (FdI), mit dem der LGBTQIA-Vereinigung Centaurus die Finanzierung durch das Land hätte entzogen werden sollen.
    • Im September 2022 war ein ranghoher Vertreter der Lega in Florenz mit einem schwer rassistischen Video aufgefallen. Konsequenzen blieben aus.
    • Der italienische Bildungsminister Giuseppe Valditara von der Lega drohte im heurigen Februar einer Oberschuldirektorin in Florenz, weil sie im Anschluss an einen squadristischen Überfall auf linksgerichtete Jugendliche einen antifaschistischen Offenen Brief verfasst hatte.
    • Im Oktober 2023 protestierte Minister Matteo Salvini am Brenner gegen die österreichischen Transit- und Umweltschutzmaßnahmen. Umweltlandesrat Giuliano Vettorato (Lega) pflichtete ihm bei.

    Natürlich erhebt diese Liste keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Doch als Grundlage und als kleine Gedächtnisstütze könnte sie vorerst reichen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.

You are now leaving BBD

BBD provides links to web sites of other organizations in order to provide visitors with certain information. A link does not constitute an endorsement of content, viewpoint, policies, products or services of that web site. Once you link to another web site not maintained by BBD, you are subject to the terms and conditions of that web site, including but not limited to its privacy policy.

You will be redirected to

Click the link above to continue or CANCEL