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  • Tajani befördert faschistischen Diplomaten.

    Unter Ministerpräsident Mario Draghi war er im Mai 2021 von Außenminister Luigi Di Maio (damals 5SB) zum italienischen Botschafter in Singapur ernannt worden. Trotz Protesten konnte Neofaschist Mario Vattani das Amt im September desselben Jahres antreten.

    Seinen Posten als Generalkonsul im japanischen Osaka hatte er 2012 verloren, als er bei einer CasaPound-Veranstaltung den faschistischen Gruß gezeigt hatte. Doch seitdem geht es für den ehemaligen MSI-Mann wieder steil nach oben.

    Am 11. Mai 2023 wurde er von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (FdI) zum italienischen Kommissär für die Expo 2025 in Osaka ernannt, ein Job, der mit 360.000 Euro Jahresgehalt zuzüglich Spesen dotiert ist. Und vorgestern beförderte ihn Außenminister Antonio Tajani (FI), selbst ein Mussolinifan, in den Botschafterrang. Dabei handelt es sich um eine Art »Pragmatisierung«, die einem Diplomaten so gut wie garantiert, dass er auf Lebenszeit eine Stelle als Botschafter haben wird. Das Timing ist zudem perfekt, da der amtierende Vertreter Italiens in Tokio, Gianluigi Benedetti, kurz vor der Pensionierung steht. Neofaschist Vattani, der mit einer Japanerin verheiratet ist, könnte wohl kaum besseres widerfahren, als neuer Botschafter in Tokio zu werden. Mit einem Gesinnungsgenossen als Außenminister stehen die Vorzeichen denkbar gut.

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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  • Belgien: Bank soll Deutsch berücksichtigen.
    Protestbrief des Ministerpräsidenten

    Das belgische Bankinstitut Crelan hat kürzlich angekündigt, dass seine Mobile App in Zukunft nur noch in niederländischer und französischer, aber nicht mehr in deutscher Sprache verfügbar sein wird. Obschon dies nicht illegal ist, war es für Oliver Paasch, Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft, Anlass genug, einen Protestbrief an die Geschäftsführung der Bank zu richten. Darin forderte er sie dazu auf, die Entscheidung zurückzunehmen und ihn über die weiteren Schritte zu informieren. Er erinnerte daran, dass Bankdienste zu den grundlegenden Leistungen gehören, auf die Verbraucherinnen in der EU einen Anspruch haben.

    Solche Dienste müssen für alle in einer für sie verständlichen Sprache zugänglich sein; etwas anderes stellt für bestimmte Personengruppen eine Hürde dar, die ihre Teilnahme am gesellschaftlichen Leben erschwert.

    Laut Paasch könnte der Basisbankdienst außerdem als eine Art öffentliche Dienstleistung gewertet werden. Dann wäre wenigstens darauf die Sprachengesetzgebung anzuwenden, die zur Berücksichtigung der deutschen Sprache verpflichtet.

    Während institutionelle Vertreterinnen anderer Minderheiten in Europa regelmäßig auch Privatfirmen dafür sensibilisieren, die Minderheitensprachen zu berücksichtigen und sich im Namen der Bevölkerung beschweren, wenn dies nicht der Fall ist, wird das in Südtirol normalerweise nicht gemacht. Vielleicht wäre es endlich an der Zeit, sich diese gute Angewohnheit abzuschauen und anzueignen, um der weiteren Minorisierung entgegenzuwirken.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07



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  • Grünweißrot gegen mehr Autonomie.

    Die rechtsrechte italienische Regierungsmehrheit hat gestern im Senat einen Vorschlag von Lega-Minister Roberto Calderoli zur asymmetrischen Autonomie für Regionen mit Normalstatut gutgeheißen. Oppositionelle, die aus diesem Grund vorgeblich um die nationale Einheit fürchten, haben auf besondere Art reagiert: Senatorinnen des PD hielten auf Papier gedruckte Nationalflaggen hoch und stimmten gemeinsam mit Kolleginnen der 5SB die (blutrünstige) Nationalhymne an, aus deren Refrain sich übrigens der Name der postfaschistischen Fratelli d’Italia ableitet. Letztendlich ließen sich auch die Rechten die Gelegenheit nicht entgehen und sangen mit. Dass die angeblich Progressiven nichts besseres zustandebringen, als beim Thema der Autonomie ihren Nationalismus hervorzukehren, ist enttäuschend und aufschlussreich zugleich. Schon im Sommer hatte der PD die Unteilbarkeit der Nation beschworen, um gegen die Pläne der Regierungsmehrheit mobilzumachen — anstatt einen konstruktiven Gegenentwurf vorzulegen.

    In ihrer Rolle als Vizepräsidentin der Emilia-Romagna hatte die heutige Parteivorsitzende Elly Schlein noch gemeinsam mit ihrem Chef Stefano Bonaccini (PD) für mehr Autonomie gekämpft. Die Region unterzeichnete damals ein entsprechendes Abkommen mit Ministerpräsident Paolo Gentiloni, das jedoch nie umgesetzt wurde. Die Übertragung von Zuständigkeiten erfolgt nach Art. 116 der Verfassung, der von Mittelinks 2001 so abgeändert worden war, dass auch gewöhnliche Regionen neue Kompetenzen übernehmen können.

    Jetzt aber scheint der PD nicht mehr einen anderen, solidarischeren Föderalismus, sondern den blanken Zentralismus anzustreben.

    Cëla enghe: 01 02



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  • Warum Italien Südtirol »nicht aufgeben darf«.

    Noch lange nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs veröffentlichte ein angesehenes italienisches Fachblatt — keine rechtsextreme Kampfpostille — einen aggressiv imperialistischen Text wie den, aus dem ich hier zitiere:

    Italien darf das Alto Adige nicht aufgeben. Es geht um seine strategische Vollendung. Im Jahr 1919 auf den Gipfel der Rätischen Alpen gelangt, musste Italien im Anschluss an die im Zweiten Weltkrieg erlittene Niederlage einen nachteiligen Kompromiss annehmen, um das Gebiet behalten zu können. Seither besitzt Rom die Region, ohne sich aber ihre Bevölkerung einverleiben zu können. Denn hier lebt eine weitgehend fremdstämmige Gemeinschaft, die sich der Italianisierung widersetzt und kulturell mit dem angrenzenden Österreich verwandt ist. Das ist eine Unzulänglichkeit, die sich aus der beschnittenen Souveränität ergibt, über die Italien verfügt, [und] eine Unstimmigkeit, die die territoriale Integrität Italiens unterminiert. Und doch ist dies eine unverzichtbare Voraussetzung — nicht nur vom geographischen Gesichtspunkt, der Südtirol der italienischen Einflusssphäre zuordnet. Obschon es nicht auf die Loyalität der ansässigen Bevölkerung zählen kann, verzeichnet Rom hier seine größte Ausdehnung nach Norden sowie die besten Verteidigungsbedingungen. So sieht es die militärische Grammatik, die die Eroberung der orographischen Gipfelpunkte gebietet.

    Für Italien hat das Alto Adige doppelte Relevanz. Es befindet sich in seinem [eigenen] geographischen Raum, auf der Südseite der Alpen, und ist grundlegender Bestandteil der territorialen Vollendung der Nation. […] Es handelt sich dabei um einen fundamentalen Faktor der Einheit und gleichzeitig um ein notwendiges strategisches Ziel.

    Im Irredentismus nach der italienischen Einheit erhoben die italienischen Patrioten aus Gründen der geographischen und kulturellen Zugehörigkeit einen Anspruch auf das Trentino (und zudem auf Triest), mit der Absicht, Gebiete gleicher Sprache zu erobern. Sie verkannten jedoch die Dringlichkeit, bis zum Brenner vorzustoßen. Einflussreiche Nationalisten waren damit einverstanden, die Grenze [nur] bis zur Salurner Klause zu versetzen, einem Dorf im Etschtal, das damals den Übergang zwischen italienischem und deutschem Sprachraum darstellte. Sie waren in Unkenntnis geopolitischer Überlegungen überzeugt, dass der Brenner zu deutsch sei, um annektiert zu werden. Lediglich der Autor von Il Trentino, Cesare Battisti, bezeichnete die Möglichkeit, die heutige Provinz Bozen zu erobern, als »militärisch großartig«.

    [Nach dem Zweiten Weltkrieg] behielt Italien das Alto Adige formell, verzichtete aber darauf, die fremdstämmige Gemeinschaft zu assimilieren, der das Recht zuerkannt wurde, sich von der restlichen Bevölkerung zu unterscheiden, obschon sie an der verhängnisvollen Grenze lebt.

    Die heutige territoriale Unvollendetheit Südtirols kam plastisch zum Vorschein. Ein Zustand, der von der italienischen Regierung als inakzeptabel benachteiligend betrachtet wurde, weshalb sie sich jahrelang weigerte, die Vereinbarungen [bezüglich Autonomie und Minderheitenschutz] zu erfüllen, was die gewaltsame Reaktion eines Teils der Deutschsprachigen hervorrief.

    Übersetzung und Hervorhebungen von mir

    Wäre da nicht der letzte von mir zitierte Absatz, würde der Text wohl mühelos als ein später Erguss des Fanatikers Ettore Tolomei durchgehen. Es ist aber auch nicht — wie man hoffen würde — die Ausgeburt eines seiner Anhänger, die vielleicht aus den 1970er oder höchstens 1980er Jahren stammt.

    Um es nicht länger hinauszuzögern: Die hier wiedergegebenen Auszüge stammen allesamt aus einem Beitrag des Journalisten Dario Fabbri, der vor weniger als sechs Jahren (Juni 2018) bei Limes erschienen und nach wie vor online einsehbar ist. Die Fachzeitschrift für Geopolitik, in deren wissenschaftlichem Beirat unter anderem Enrico Letta, Romano Prodi und Giulio Tremonti sitzen, gehört zur GEDI-Gruppe, die unter anderem die linksliberalen Blätter la Repubblica und l’Espresso herausgibt.

    Fabbri selbst war ab 2021 stellvertretender Leiter der Limes-Schule, arbeitet regelmäßig mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Rai zusammen und gründete 2022 mit dem italienischen Anchorman Enrico Mentana eine neue Zeitschrift für Geopolitik, Domino. Im September 2023 war er auf Einladung der Gemeinde Bozen und ihres sogenannten Friedenszentrums im Rahmen des Festivals Generazioni in der Landeshauptstadt.

    Bis heute vertreten also wichtige italienische Vordenker den Standpunkt, dass Südtirol leider aufgrund der Niederlage Italiens im Zweiten Weltkrieg (und nicht aus demokratischer und historischer Einsicht) nicht mehr offen assimiliert werden kann, was aber eigentlich geboten wäre, um die nationale Einheit und Integrität zu sichern und zu vollenden. Nach wie vor und trotz europäischer Einigung gilt Experten, die unter dem Deckmantel der Friedensforschung nach Südtirol geladen werden, die Wasserscheidentheorie als strategisches Ziel, das es mit Zähnen und Klauen zu verteidigen gilt, damit Italien — O-Ton Fabbri — von oben auf Europa herabschauen kann. Er geilt sich sogar daran auf, dass die Wasserscheide mit der Übernahme von Innichen überschritten werden konnte.

    Als Fabbris Kollege Federico Petroni im Jahr 2022 ebenfalls via Limes forderte, Italien müsse Südtirol wegen des »galoppierenden antizentralistischen Geistes« während der Pandemie endlich wieder unter seine Kontrolle bringen, war das offenbar kein einsamer Ausrutscher. Vielmehr war das der willkommene Anlass, um eine grundsätzlich für notwendig gehaltene Forderung zu erheben. Während Petronis Beitrag damals jedoch etwas Aufsehen erregte, war der — meines Erachtens deutlich aufschlussreichere und empörendere — von Fabbri unter dem Radar geblieben. Ein ehrenamtlich geführter Blog wie dieser muss darauf aufmerksam machen.

    Gegen solche antiautonomistische, ja neokolonialistische Ergüsse müsste eine Südtiroler Landesregierung eigentlich zusammen mit Österreich lautstark ihre Stimme erheben und Protest einlegen. Doch von einem Kabinett mit Beteiligung italienischer Rechtsextremistinnen darf dies wohl nicht erwartet werden.

    In jedem Fall lehrreich ist der Limes-Beitrag, der im Ton wie aus 1922 klingt, bezüglich der wahren Absichten vieler Strateginnen in diesem Nationalstaat. Es wäre wohl höchst naiv zu glauben, dass es sich dabei um einzelne, fehlgeleitete Stimmen handelt, die in der staatlichen Administration, beim Verfassungsgericht und gerade in einer rechtsrechten Regierung wie der gerade in Rom am Werk befindlichen keine Beachtung finden. Wenn regelmäßig die Lockerung oder Abschaffung von Schutzmechanismen unserer Autonomie gefordert wird, weil ohnehin keine Gefahr mehr drohe, sollten wir vielleicht daran denken, dass einige Strategen im Staat nach wie vor auf nichts anderes warten, als Italien durch Auslöschung der Minderheiten seiner wohlverdienten nationalen Vollendung zuzuführen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 || 01 02



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  • Gennaccaro, der Gemäßigte.

    Er wurde schon als Garant für eine Verankerung der Koalition zwischen SVP und Recht(sextrem)en in der Mitte gehandelt, selbst sieht er sich zumindest als »nicht rechts«, wie er vor wenigen Tagen in einem SaltoInterview sagte. Mäßigung wird Angelo Gennaccaro (La Civica) fast überall bescheinigt.

    Ich selbst hatte bereits darauf hingewiesen, dass er im Vorfeld der Gemeinderatswahl 2016 in seiner Rolle als Bürgermeisterkandidat eine homophobe Selbstverpflichtung der einschlägigen Bewegung Generazione Famiglia LMPT unterzeichnet hatte. Ihm gleich taten es sonst nur Kandidatinnen der Rechten (Uniti per Bolzano, Alleanza per Bolzano und Lega Nord). Damit stellte sich Gennaccaro auch gegen jegliche Form der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare, die damals in Italien (als einziges westeuropäisches EU-Land) noch nicht gegeben war.

    Nun wurde mir eine Kopie der von ihm ausgefüllten und unterzeichneten Vorlage zugespielt, die ich hier wiedergebe:

    Bild zum Vergrößern anklicken

    Von dieser äußerst bedenklichen Verpflichtung zur Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare hat sich Gennaccaro meines Wissens bis heute nicht distanziert. Ist er damit ein Rechter? Nach meiner Auffassung ja. Doch längst sind selbst viele dezidiert rechte Kräfte in Europa so weit, dass sie die Gleichberechtigung von Homosexuellen explizit mittragen. Und auch die SVP ist insgesamt sehr viel weiter als der nunmehrige Landtagsabgeordnete der Civica.

    Als gemäßigt kann Gennaccaro mit dieser Position höchstens gelten, weil die gesamte politische Landschaft in Italien sehr weit nach rechts verschoben ist. Und weil er im Vergleich zu den übrigen Koalitionspartnerinnen der Volkspartei wie ein Lämmchen wirkt.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 || 01



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  • Politischer Kolonialismus?

    Ist es schlicht Naivität? Wollte sie eine bestimmte Reaktion auslösen? Bei der Landtagssitzung vom 18. Jänner hat Grünen-Frontfrau Brigitte Foppa im Vorfeld der Wahl von Arno Kompatscher (SVP) zum Landeshauptmann versucht, auf die Tränendrüse von Marco Galateo (FdI) und Christian Bianchi (Uniti/Lega) zu drücken, indem sie sie als bedauernswerte Opfer von »politischem Kolonialismus« darstellte. Arme, arme Extremisten, die angeblich von der Volkspartei nicht ernst genug genommen werden.

    Dabei kann die Bezeichnung durchaus als eine Art Täter-Opfer-Umkehr betrachtet werden: Sollen wirklich die politischen Nachfolger der Kolonisierer, die sich von den Taten ihrer Vorgänger nie distanziert haben, ja sogar beharrlich an jeder noch aufrechten »Errungenschaft« des Faschismus festhalten und anderen bis heute eine Identität aufoktroyieren wollen, plötzlich die Kolonisierten sein? Das erinnert an eine weitere Umkehr, mit der diese Herrschaften den Minderheitenschutz pervertieren wollen, indem sie kurzerhand die nationale Mehrheit zur eigentlichen Minderheit stilisieren.

    Suggerieren wollte Foppa mit ihrem Sager, dass die baldigen Landesräte von der SVP in die Ecke gestellt worden seien. Es darf daran erinnert werden, dass die Recht(sextrem)en trotz eines schwachen Wahlergebnisses von Anfang an sehr aggressiv den Regierungsanspruch erhoben haben. Für die Volkspartei hätte es auch andere Optionen gegeben. Weiters haben sie im Fall einer Elferregierung beharrlich auf zwei italienische Landesräte bestanden. Da Arno Kompatscher dies ablehnte und sie ein Rechtsgutachten des Landtags nicht goutierten, übten sie so lange Druck aus, bis ein zweites Gutachten mit dem passenden Ergebnis eingeholt wurde. Als der Landeshauptmann dennoch eine kleinere Landesregierung in den Raum stellte, widersetzten sie sich dem. Und als die Mehrheitspartei signalisierte, im Falle einer Elferregierung mit zwei italienischen Landesräten einen Posten lieber an den gemäßigteren Angelo Gennaccaro vergeben zu wollen, griffen sie zur Erpressung: entweder beide oder gar nichts.

    In jedem einzelnen dieser Punkte setzten sich Galateo und Bianchi durch, für die SVP mit über viermal so vielen Abgeordneten ein demütigendes Schauspiel.

    Es wäre naiv zu glauben, dass das, was sich vor unseren Augen abgespielt hat, irgendetwas mit den Kräfteverhältnissen im Land zu tun hat. Vielmehr liegt dem knallharte Macht- und Interessenspolitik — politischer Kolonialismus — aus Rom zugrunde. Unter dem Titel Das römische Diktat thematisiert dies die TAZ in ihrer Wochenendausgabe, doch wer Augen und Ohren hatte, musste sich dieser Tatsache zu jeder Zeit bewusst sein. Viel zu offensichtlich war der Einfluss der Bosatras, Lollobrigidas, Calderolis, Donzellis, Salvinis und wie sie sonst noch alle heißen schon die ganze Zeit. Von Autonomie keine Spur.

    Zu allem Überfluss sieht es jetzt noch danach aus, als könnten Galateo und Bianchi in Summe mehr und wichtigere Zuständigkeiten erhalten als Massimo Bessone und Giuliano Vettorato (beide Lega) im Vorgängerkabinett, obwohl sie zwei von neun (statt wie jetzt zwei von elf) Regierungsmitgliedern waren.

    FdI und Uniti/Lega in diesem Kontext zu bemitleiden und als arme Opfer der SVP darzustellen, geht an der Realität völlig vorbei.

    Cëla enghe: 01 02 || 01



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  • Faschistengruß: Alles kann, nichts muss.

    Am 18. Jänner sollten die vereinigten Sektionen des italienischen Kassationsgerichts — möglichst ein für alle Mal — klären, wie der Faschistengruß gemäß Scelba1Gesetz Nr. 645/1952, Art. 5 und gemäß Mancino-Gesetz2Gesetz Nr. 205/1993, Art. 2 zu ahnden sei, da hier die gerichtliche Praxis während der letzten Jahre unterschiedlich, ja sogar äußerst widersprüchlich war. Wer sich jedoch einen klaren Entscheid im Sinn eines Verbots erhofft hatte, wurde enttäuscht. Jubeln durften im Anschluss vor allem faschistische Bewegungen wie CasaPound.

    Den Erwägungen des italienischen Höchstgerichts zufolge ist der Faschistengruß nicht grundsätzlich zu verurteilen. Vielmehr müssten für die Strafbarkeit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, das konkrete Risiko einer Neugründung der aufgelösten Faschistischen Partei beziehungsweise ein Zusammenhang mit rassistischer, ethnischer, nationaler oder religiöser Diskriminierung oder Gewalt vorliegen. Der entsprechende Nachweis ist natürlich bei jedem Verfahren im Einzelfall zu führen, was eine sehr hohe Hürde für die Ahndung des faschistischen Grußes oder anderer, ähnlich gearteter Äußerungen faschistischer Gesinnung darstellt.

    Erst 2018 hatte das Kassationsgericht selbst den letztinstanzlichen Freispruch von Rechtsextremisten gutgeheißen, die bei einer öffentlichen Veranstaltung den Arm zum Faschistengruß erhoben hatten. Demnach stelle die Geste keine strafbare Handlung dar, wenn sie im Rahmen einer Gedenkfeier ausgeführt wird. Dies könnte dann auch für Acca Larentia oder die jährliche Veranstaltung für Sergio Ramelli in Mailand gelten, wenn keine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht. Wenige Jahre zuvor hatte ein toskanisches Gericht geurteilt, dass Faschistengrüße auch in Sportstätten erlaubt seien.

    Während sich rechtsextremistische Kräfte in Italien immer weiter ausbreiten, schafft es der Staat also noch nicht einmal, die offensichtlichsten Äußerungen faschistischer Wiederbetätigung zu untersagen. Der jetzt ergangene Grundsatzentscheid öffnet Faschistinnen gar Tür und Tor: Solange nicht die sehr spezifischen Umstände vorliegen, auf die die Tatbestände laut Scelba– und Mancino-Gesetz nun eingegrenzt wurden, kann der Faschistengruß fortan in jeder Alltagssituation ungestraft erfolgen.

    Cëla enghe: 01 02 03

    • 1
      Gesetz Nr. 645/1952, Art. 5
    • 2
      Gesetz Nr. 205/1993, Art. 2


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  • Ulli Mair oder wie die Zeiten sich ändern.

    Wenn sich die SVP in Zukunft vorbehält, ihre eigenen Gedenkveranstaltungen zu organisieren, dann ist das ihr gutes Recht. Wie wär’s mit einem jährlichen Aufmarsch anlässlich des 4. Novembers vor dem Siegesdenkmal, gemeinsam mit dem neuen Partner Holzmann?

    Ulli Mair, Landtagsabgeordnete der Freiheitlichen

    Leserbrief in der TAZ vom 3. Dezember 2003

    Was war geschehen? Die Südtiroler Volkspartei hatte Giorgio Holzmann von Alleanza Nazionale zum stellvertretenden Landtagspräsidenten gewählt. Daraufhin hatten sie die Schützen von der Teilnahme an der Sepp-Kerschbaumer-Gedenkfeier ausgeladen — was Ulli Mair zu ihrer hämischen Stellungnahme veranlasste.

    Zwanzig Jahre später schickt sich Mair an, die politischen Nachfolger von Giorgio Holzmann nicht etwa in eine institutionelle Stellvertreterrolle zu wählen, sondern gar mit ihnen zu koalieren und zu regieren. Wobei sogar darauf hinzuweisen ist, dass Holzmann im Schlepptau von Gianfranco Fini wenigstens einen Schritt der vordergründigen Distanzierung vom Faschismus mitgemacht hatte, während sich diejenigen, mit denen die Freiheitliche nun Arm in Arm geht, beharrlich weigern, vom Regime Benito Mussolinis Abstand zu nehmen.

    Ihren eigenen Schlussfolgerungen von damals zufolge wird die baldige Landesrätin in einem knappen Jahr beim Siegesdenkmal zu bestaunen sein. Oder darf es sogar Acca Larentia sein?

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01 02 03



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