Autorinnen und Gastbeiträge →

  • True and false.
    Quotation

    The ideal subject of totalitarian rule is not the convinced Nazi or the dedicated Communist, but people for whom the distinction between fact and fiction, true and false, no longer exists.

    Hannah Arendt in The Origins of Totalitarianism



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  • EU-Parlament rettet Geoblocking.
    Rückschlag für den digitalen Binnenmarkt

    Im Rahmen ihrer Agenda zur Schaffung eines digitalen Binnenmarkts hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, eine einheitliche Onlinelizenz für Filme einzuführen, die in allen 28 Mitgliedsstaaten gelten sollte. Dies wäre insbesondere auch sprachlichen Minderheiten in der EU zugute gekommen, die dann ebenfalls freien Zugriff auf Inhalte aus anderen Ländern erhalten hätten. Doch das EU-Parlament, vor allem *EVP* und Liberale (ALDE), hat dieses Vorhaben am Dienstag versenkt. Die Mehrheit der Abgeordneten beugte sich damit den Interessen der Filmindustrie, während Aufrufe europäischer Verbraucherschützerinnen letztendlich ungehört verhallten.

    Im Rat der Europäischen Union, so Agustín Reyna vom europäischen Dachverband für Verbraucherinnenschutz (BEUC) gegenüber Netzpolitik.org, verhielten sich besonders Frankreich, Spanien und Italien sehr protektionistisch.

    Bis auf weiteres bleiben uns also die »nicht existierenden« Grenzen in der EU wohl selbst im »grenzenlosen« Internet erhalten. Sehr ärgerlich.

    Siehe auch: 01 02 03 || 01



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  • Macht es der PD den Rechten (zu) leicht?

    Rechtsaußen Alessandro Urzì (AAnC und FdI) hat in Hinblick auf die baldigen italienischen Parlaments- sowie auf die kommenden Südtiroler Landtagswahlen eine Charmeoffensive gestartet, um die SVP zumindest zur Blockfreiheit zu bewegen — wenn nicht gar zu einer offenen Zusammenarbeit mit italienischen Rechten.

    Die Chancen stehen nicht mal schlecht, dass die Strategie des Nationalisten aufgeht. Denn schließlich droht Italien bei der Parlamentswahl 2018 eine Rechtsregierung, der sich die SVP andienen könnte.

    Während die Volkspartei bereits in mehreren Gemeinden — Leifers, Bruneck, Meran und zuletzt Branzoll — zusammen mit den italienischen Rechten regiert, war dies bislang in der Landeshauptstadt und noch mehr im Landtag stets tabu, wiewohl den Postfaschistinnen bereits Ämter zugeschanzt wurden.

    Hauptgrund für diese Distanz dürften aber nicht etwa unüberbrückbare ideologische Differenzen (gewesen) sein, da ist die Sammelpartei ja ausgesprochen flexibel, sondern vor allem die Haltung der italienischen Rechten bezüglich Proporz, Zweisprachigkeit, Ansässigkeitsklausel, Ortsnamengebung, faschistisches Erbe und andere Südtiroler Spezifika.

    Doch gerade diesbezüglich haben sich die Positionen des bisherigen Koalitionspartners PD — den wohl kaum noch jemand ernsthaft eine »linke« Kraft nennen würde — und jene der italienischen Rechten zunehmend angenähert: Haben die Postfaschistinnen wenigstens Proporz und Zweisprachigkeit »verdaut«, ist der PD schon seit Jahren bei Themen wie Ansässigkeitsklausel, Militarismus, Nationalstolz kaum noch von den Rechten zu unterscheiden. Und die zähe, manchmal hinterlistige Haltung beim Thema Ortsnamen hat die Attraktivität des PD für die SVP nicht gerade gesteigert.

    Man möge das nicht falsch verstehen: Ich bin trotz allem nicht der Meinung, dass ein Landesrat Urzì nicht deutlich schlimmer wäre, als ein Landesrat Tommasini. Mit ihrer offensichtlichen Angst, nationalistische Wählerschichten zu verlieren, hat die Demokratische Partei jedoch möglicherweise selbst entscheidend dazu beigetragen, einen Partnerwechsel in der Landesregierung nicht so schmerzhaft erscheinen zu lassen.

    Man wird also hoffen müssen, dass die italienischen Rechten mal wieder genau das machen werden, was sie am besten können: sich selbst zerfleischen und ins Abseits manövrieren.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 || 01 02 03 04 05



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  • Wir sind wieder da… fast.

    Autor:a

    ai

    |

    1 Comentâr → on Wir sind wieder da… fast.

    Es ist unglaublich: Am 7. Dezember gab es bei unserem Hostinganbieter (5hosting.com) einen Datenbankserverausfall, was sich durch den »Fehler beim Aufbau einer Datenbankverbindung« bemerkbar machte. Doch noch am selben Abend waren sämtliche Inhalte wieder problemlos abrufbar. Beim Anbieter hatte man jedoch möglicherweise nicht bemerkt, dass zumindest einige Kundinnen wieder Zugriff auf ihre Datenbanken hatten und beging am 8. Dezember den folgenschweren Fehler, ein altes Backup (vom März 2017) aufzuspielen, womit sämtliche seitdem erstellten Datenbankinhalte (in unserem Fall: Blogeinträge) verlorengingen.

    Für bedeutete dies den Verlust sämtlicher Blogeinträge seit dem 18. Juli 2017. Zu und mit diesem Datum hatten wir zuletzt ein manuelles, lokales Datenbankbackup gemacht. Völlig unverständlich ist jedoch, warum mit dem Datenbankserverausfall auch der Verlust der serverseitigen Backups einherging. Diese sollten sich nämlich — sowohl der Logik nach, als auch laut Angaben von 5hosting selbst — auf einem gesonderten Server befinden.

    Wie dem auch sei: Seit dem 7. Dezember gibt es vom Hostinganbieter, der Informationen anderer Kundinnen zufolge schon seit Oktober insolvent sein soll, keinerlei individuelle Auskunft, sondern lediglich eine wenige Zeilen lange — völlig lapidare — Mitteilung. Somit ist für uns auch nach wie vor unklar, ob noch eine wenn auch kleine Chance besteht, dass der Zustand von nach dem Serverausfall und vor dem Aufspielen des März-Backups wiederhergestellt werden kann.

    Inzwischen haben wir einen neuen Webspace angemietet und arbeiten manuell an der Rekonstruktion von . Wir haben jetzt unser Backup vom 18. Juli aktiviert und sämtliche Anhänge hochgeladen, die vollständig erhalten geblieben sind, da sie ja nicht in den Datenbanken abgelegt werden. Viele der Beiträge vom 19. Juli bis zum 7. Dezember konnten wir bereits aus den Tiefen des Internets zurückfischen und werden sie nach und nach wieder aufschalten.

    Probleme gibt es hingegen noch mit der Zeichencodierung, wie an den Beiträgen erkennbar ist, die aus dem Backup eingespielt wurden. Hier werden Sonderzeichen nicht korrekt dargestellt. Außerdem könnte es schwierig werden, manuell wieder eingestellten Beiträgen den alten Permalink (die URL) zuzuweisen. Und nicht zuletzt sollen auch die nicht verlorengegangenen, da bei Disqus hinterlegten Kommentare den jeweiligen Artikeln zugeordnet werden.

    Schwierigkeiten bereiten zudem noch das Layout sowie die WordPress-Plugins, an deren Wiederinbetriebnahme wir ebenfalls arbeiten.

    Es liegt also noch sehr viel Arbeit vor uns, doch wir wollen uns nicht länger aufhalten lassen.

    Siehe auch: 01


    Interna/ Tech&Com/ · · · · · BBD/ · Deutsch/

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  • Katalonien: VfG billigt Geschäftsordnungsreform.

    Am 26. Juli hatten Junts pel Sí und die linke CUP im katalanischen Regionalparlament eine Änderung des Abstimmungsreglements beschlossen, um der angekündigten Verzögerungstaktik der Opposition in Zusammenhang mit dem Selbstbestimmungsprozess vorzubeugen. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Verabschiedung eines Übergangs– und eines Referendumgesetzes nicht trotz klarer Mehrheitsverhältnisse durch exzessives Filibustering gefährdet würde.

    Sowohl in Spanien, als auch darüber hinaus war die Änderung des Reglements zum Teil als undemokratisch kritisiert worden, obschon ganz und gar ähnliche beschleunigte Verfahren auch im spanischen Kongress und in 14 anderen Regionalparlamenten des Landes existieren.

    Nun hat das spanische Verfassungsgericht auf Antrag des Partido Popular von Premier Mariano Rajoy entschieden, dass das beschleunigte Verfahren verfassungskonform sei und die Rechte der Opposition wahre. Es schließe weder eine angemessene parlamentarische Debatte noch die Einbringung von Abänderungsanträgen aus.



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  • Die römische Regierung wars.
    Quotation

    Although Italy’s fascist past is officially condemned, the monument stood untouched until a 2011 directive from the national government formally required the municipal administration to do something about it.

    Eine doch einigermaßen kreative Interpretation der Umstände, die zur Historisierung des Mussolini-Reliefs in Bozen geführt haben, die Carlo Invernizzi-Accetti da in seinem Guardian-Artikel vom Stapel lässt.

    Siehe auch: 01 02 03



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  • Ein Nicht-Thema mit Potential zum Weltuntergang.

    Ich habe mir fest vorgenommen, mich aus dem Thema “österreichische Staatsbürgerschaft für Südtiroler” weitestgehend rauszuhalten, weil ich es für kein vordringliches halte. Ich persönlich halte die Angelegenheit eigentlich für ein “Nicht-Thema”, wenngleich ich niemandem absprechen möchte, sich auf demokratischem Wege für etwas einzusetzen, das ihm/ihr wichtig ist. Jeder hat das Recht dazu und es liegt nicht an mir, zu beurteilen bzw. vorzuschreiben, welchen Stellenwert eine Agenda für jemand anders haben muss. Ich habe aber auch das Recht zu sagen, dass mir dieser Einsatz weder für mich persönlich noch für die Gesellschaft zielführend erscheint. Wenn der gegenteilige Eindruck aber bei einer kritischen Masse gegeben ist (was auf eine Landtagsmehrheit zutrifft), dann ist das zu akzeptieren.

    Zugegeben, ich habe leicht reden, denn zum einen bin ich selbst Träger des “gefährlichen Spaltpilzes” – sprich der österreichischen Staatsbürgerschaft – und zum andere sind meine Kinder bereits jetzt Doppelstaatsbürger. Ich hoffe nur nicht, dass eine etwaige Entscheidung für die eine oder andere Staatsbürgerschaft, die sie vielleicht mit 18 Jahren treffen müssen, sie und mit ihnen gleich ganz Südtirol zerreißt. #ironieoff

    Die Diskussion scheint mir nämlich völlig aus den Fugen geraten zu sein und Kommentatoren überbieten sich im Ausmalen von Horrorszenarien, welche eine meines Erachtens einigermaßen belanglose Entscheidung angeblich auszulösen imstande wäre. Ich möchte an dieser Stelle auch nicht zum Thema selbst, sondern zur Diskussion Stellung beziehen. Denn das Problem ist nicht die Umsetzung oder Nicht-Umsetzung dieses Vorhabens, sondern vielmehr die Art und Weise, wie hierzulande Diskussionen dieser Art geführt werden und auf welchem Niveau „Argumentation“ stattfindet.

    Es tut mir leid, dass ich jetzt ein Stereotyp bedienen muss, aber es ist irgendwie typisch Südtirol: Man sieht sich wieder einmal als der Nabel der Welt, an dem Dinge, die andernorts völlig unspektakulär von statten gehen, fast notwendigerweise zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führen müssen, weil man ja so speziell ist. Untergangsszenarien werden heraufbeschworen für etwas, dem allein nur durch die Art der Diskussion Sprengkraft angediehen wird. Das Thema selber ist harmlos. Es gibt kaum praktischen (abgesehen von ein paar Dingen) und fast nur ideellen Nutzen (der individuell legitim ist). Wobei das “Nutzen-Argument” ohnehin ein zweischneidiges ist. Heben die Befürworter der Doppelstaatsbürgerschaft den Nutzen (Wahlrecht, deutschsprachige diplomatische Vertretung/Botschaft im Ausland, Vorteile an Universitäten als “Innländer” usw.) werden sie sofort als Opportunisten und Rosinenpicker bezeichnet. Streichen sie hingegen keinen praktischen Nutzen heraus, wird der Mangel an solchem als Gegenargument gebracht: “Was soll das dann bringen?“ Eine echte Lose-lose-Situation.

    Die Diskussion erinnert mich ein wenig an jene zur Homoehe. Da haben auch jene am lautesten protestiert, dass das nicht sein könne, die es gar nicht betrifft. Niemandem wird etwas genommen. Und die, die es wollen, bekommen etwas dazu. Dennoch habe ich den Eindruck, dass die, die gar keinen zweiten Pass beantragen wollen, auch nicht wollen, dass andere das tun können. Warum?

    Grundsätzlich stehe ich dem Ansinnen “Doppelstaatsbürgerschaft” skeptisch bis ablehnend gegenüber*, da es aus inhärent nationalistischen Motiven heraus angestrebt wird. Wobei das eigentlich paradox ist, denn das Konzept der Doppelstaatsbürgerschaft an sich ist das antinationalistische überhaupt. In der Logik eines echten Nationalisten kann man nämlich nur Teil einer und nicht mehrerer Nationen sein. Auch erlaubt einem die Doppelstaatsbürgerschaft das sowohl-als-auch und nicht bloß das entweder-oder. Pluriidentitär zu sein heißt in letzter Konsequenz antinationalistisch zu sein. Und sollte das Kriterium für einen möglichen Verleih – das wir noch nicht kennen – historisch und nicht ethnisch sein, sprich alle ehemaligen österreichischen Staatsbürger und ihre Nachkommen, die ihre österreichische Staatsbürgerschaft unfreiwillig verloren haben – egal welcher Muttersprache – betreffen, dann wäre das Unterfangen streng genommen gar nicht einmal nationalistisch motiviert.

    Am Ende entscheidet jedenfalls Österreich – und Österreich allein – wem es seine Staatsbürgerschaft zuerkennen möchte und wem nicht. Das hält die Diskutanten in Südtirol aber nicht davon ab, die abstrusesten Argumente ins Treffen zu führen.

    Die Entscheidung für oder gegen die österreichische Staatsbürgerschaft wäre eine neue Option.

    Diese Verharmlosung nazi-faschistischer Verbrechen an der Südtiroler Gesellschaft entbehrt eigentlich jeden Kommentars. Umgelegt auf die Selbstbestimmung ist hier bereits alles gesagt.

    Eine derartige Regelung würde die guten Beziehungen zwischen Österreich und Italien aufs Spiel setzen.

    Meines Wissens gibt es in 26 von 28 EU-Staaten Regelungen, die Doppelstaatsbürgerschaften in irgendeiner Art vorsehen. Österreich ist eines der zwei Länder, die sehr rigide sind, was doppelte Staatszugehörigkeit betrifft. Grundsätzlich basiert die zwischenstaatliche Zusammenarbeit auf Gegenseitigkeit. Warum also sollte Italien “verschnupft” sein, wenn Österreich eine Regelung einführt, die Italien selbst unter den EU-Staaten wohl am exzessivsten betreibt. Italien verleiht den italienischsprachigen Bürgern Istriens, ja sogar Leuten, deren Vorfahren im 19. Jahrhundert nach Argentinien ausgewandert sind, ohne weiteres zusätzlich die italienische Staatsbürgerschaft. Die Auslandsitaliener haben bei staatsweiten Wahlen sogar mehrere Wahlkreise! Italiens Motivation diesbezüglich ist freilich von einem übersteigerten Nationalismus geprägt und ich halte es nicht für zielführend, wenn Österreich da mitzieht. Aber als Gegenargument taugt die Sache nicht.

    Wenn Österreich den Südtirolern die Staatsbürgerschaft zuerkennt, müsste es diese auch den Tschechen, Slowaken, Ungarn und allen anderen Bewohnern der Habsburgermonarchie zuerkennen.

    Nein. Müsste es nicht. Österreich kann das regeln, wie es das möchte. Zudem haben Ungarn und Tschechen – wenn man die nationale Logik weiterführt – nach dem Zusammenbruch der Monarchie ja letztendlich eigene Nationalstaaten gebildet. Der Unterschied zu Südtirol ist, dass es unfreiwillig im falschen Nationalstaat gelandet ist – wie gesagt, wenn man in nationalen Kategorien denken würde.

    Die FPÖ spricht sich vehement gegen eine Doppelstaatsbürgerschaft türkischstämmiger Menschen in Österreich aus, fordert sie aber gleichzeitig für die Südtiroler. Das ist widersprüchlich.

    Nein, ist es nicht. Ich lehne die Politik der FPÖ ab, wie man weiß, aber ihr da eine Widersprüchlichkeit anzudichten, ist unsinnig. Die Türken in Österreich haben sich freiwillig für Österreich entschieden. Südtirolern wurde ihre Staatszugehörigkeit unfreiwillig genommen. Da ist ein kleiner Unterschied – nicht bloß dann, wenn man wie die FPÖ eine nationalistische Logik, die mir nicht gefällt, anwendet. Widerspruch gibt es in dieser Haltung somit keinen.

    Die Südtiroler waren nie Staatsbürger einer österreichischen Republik und die, die Bürger der Monarchie waren, sind schon alle tot.

    Zum einen – wenn ich richtig informiert bin – waren die Südtiroler für kurze Zeit nach Kriegsende bis zur Annexion durch Italien Bürger Restösterreichs. Und zum anderen könnte man die Verleihung der Staatsbürgerschaft auch als eine Art historische Kompensation sehen, wie das in Artikel 116 des deutschen Grundgesetzes zum Ausdruck kommt. Dort ist nämlich geregelt, dass diejenigen und deren Nachfahren (!), die zwischen 1933 und 1945 die deutsche Staatsbürgerschaft unfreiwillig verloren haben (vertriebene Juden usw.), Anspruch darauf haben. Für Südtirol könnte man ähnliche Kriterien festlegen und die Verleihung der österreichsichen Staatsbürgerschaft auch an die Nachfahren der ehemaligen österreichischen Staatsbürger (freilich nur für jene, die das möchten) als symbolischen Akt und eine Art Kompensation für den faschistischen Zwang, der nicht nur die Aufgabe der Staatsbürgerschaft, sondern auch der Staatszugehörigkeit des gesamten Gebietes vorsah, verstehen.

    Haben wir denn keine wichtigeren Probleme?

    siehe FAQ C1

    Wenn nicht alle in Südtirol lebenden Menschen in den Genuss dieses Rechtes kommen, wäre das eine Ungleichbehandlung, die zu einer Spaltung der Gesellschaft führt.

    Geht es auch eine Nummer kleiner? Rechtstitel sind immer an gewisse Voraussetzungen und Kriterien, die man erfüllen muss, gebunden. Proporz und Frauenquoten wären dieser Logik folgend auch Ungleichbehandlungen. Zudem gibt es bereits jetzt tausende Doppelstaatsbürger in Südtirol, die Voraussetzungen erfüllen, die andere nie erfüllen werden können (z. B. Elternteile mit zwei unterschiedlichen Staatsbürgerschaften zu haben). Zu einer Spaltung der Gesellschaft haben diese Bürger meines Wissens bislang noch nicht geführt. Sie sind vielmehr überhaupt nicht aufgefallen.

    Als Staatsbürger müssten die männlichen Südtiroler zum österreichischen Bundesheer.

    Nein. Es ist zwar jeder männliche Staatsbürger stellungs- und wehrpflichtig. Aber jene, die dauerhaft im Ausland leben, werden nicht zum Wehrdienst eingezogen.

    Die Doppelstaatsbürgerschaft ist rechtlich nicht möglich.

    “Rechtlich nicht möglich” ist Firlefanz. Natürlich ist es rechtlich möglich, wenn der politische Wille dafür gegeben ist – schließlich wird das Recht durch den demokratischen Willen (die Legislative) bestimmt.

    Die Doppelstaatsbürgerschaft ist unrealistisch.

    Mein Lieblingsargument, das meist mit obigem im Paarlauf auftritt. Realismus ist keine politische Kategorie, wie ich immer zu sagen pflege. Wir wissen zwar noch nicht, ob Österreich diese Regelung einführt, aber es gibt zumindest eine starke Willensbekundung der zukünftigen Regierungsparteien. Immer wenn solch “unrealistische” Dinge passieren – und das ist gar nicht so selten – krame ich gerne alte Zeitungsartikel heraus.

    So hat zum Beispiel Salto die Angelegenheit schon vor zwei Jahren definitiv zu Grabe getragen:

    Gnadenstoß für den Doppelpass
    Die doppelte Staatsbürgerschaft steht vor dem definitiven Aus. 

    Auch der Kammerabgeordnete Florian Kronbichler meldete sich mit einer doppelt präzisen Prognose zu Wort:

    Andreas Khol hat es letzte Woche schon ausgesprochen: Er hat gesagt, das Ding mit der Doppelstaatsbürgerschaft ist Unfug, unnütz, unrealistisch, gefährlich. So lang haben wir geeiert. Und so lang haben es auch die Höchstverantwortlichen im Land, auch der Landeshauptmann, treiben lassen. Nicht einmal der Landeshauptmann, der selbst dagegen ist, hatte die Schneid, offen zu sagen: aufhören mit der Forderung nach Doppelstaatsbürgerschaft! Jetzt hat es der Mann sagen müssen, der wahrscheinlich nächster österreichischer Bundespräsident wird. Danke, Herr Khol.

    Kronbichler spricht von jenem Andreas Khol, der mit 11,12 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang auf Rang fünf von sechs Präsidentschaftsbewerbern kam.

    Und vor drei Jahren meinte der damalige österreichische Bundeskanzler Werner Faymann, dass das alles Hirngespinste seien:

    Auf die Frage, ob eine Doppelstaatsbürgerschaft realistisch sei, meinte der Kanzler: „Die Gepflogenheit und die politische Realität schauen anders aus“.

    Die beiden sinnbefreitesten Argumente in einer an sinnbefreiten Argumenten nicht armen Diskussion liefern zum Schluss zwei Universitätsprofessoren.

    Francesco Palermo meinte im Salto-Interview:

    E non è finita, perché bisogna valutare cosa comporta la cittadinanza. Uno status tout court, con il diritto di voto, oppure no, quindi discriminando chi non può? E ancora: esentando dall’obbligo di pagare le tasse in Austria, quindi dando un trattamento di maggior favore? Ecco, prima di fare affermazioni di tipo politico vanno elencati tutti i punti della questione.

    Ein Politiker, der gerne den Wissenschaftler gibt, behauptet allen Ernstes, dass die Steuerfrage diesbezüglich von Relevanz wäre! Die Steuerpflicht ist vom Lebensmittelpunkt und nicht von der Staatsbürgerschaft abhängig. Unglaublich, dass Professor Palermo offenbar annimmt, dass chinesische Staatsbürger, die regulär in Südtirol beschäftigt sind, ihre Steuern an China abliefern.

    Der in Sterzing geborene und in Graz lehrende Soziologe Max Haller wartet als Sahnehäubchen der Propaganda in seinem oberflächlichen und mit vielen faktischen Unschärfen gespikten Beitrag “Ein gefährlicher Spaltpilz” mit folgendem Statment auf:

    Jene Südtiroler Politiker – aber genauso jene in Österreich – die die Forderung nach einer Doppelstaatsbürgerschaft unterstützen, scheinen sich ihre Implikationen bei weitem nicht klar gemacht zu haben. […] Beim Wehrdienst (sofern sich jemand dafür melden würde) könnten es sich die Wehrpflichtigen aussuchen, in welchem Land sie diesen ableisten wollen. Im Extremfall könnte dies im Falle eines Krieges dazu führen, dass Südtiroler gegen Südtiroler kämpfen müssten.

    Krieg? Zwischen Österreich und Italien? Da hat sich jemand die Implikationen wohl ganz klar gemacht. Und überdies: wenn Südtiroler “nur” gegen Nordtiroler, Salzburger oder Schweizer in den Krieg ziehen müssten, wäre alles paletti? Oder wie soll man diese Aussage verstehen? Wo ist der Unterschied, ob Südtiroler gegen Südtiroler oder Südtiroler gegen Nordtiroler/Salzburger/Schweizer Krieg führen würden. Wäre eines von beiden weniger schlimm?

    In dem Artikel spricht sich Haller – und dabei stimme ich mit ihm überein – für eine großzügigere Einbürgerung von Zuwanderern aus. Wenn also jemand aus Afghanistan nach Österreich kommt und österreichischer Staatsbürger wird, kann es dann nicht auch sein, dass er im Zuge einer UN-Mission in Afghanistan in Kampfhandlungen verwickelt wird (eine Spur wahrscheinlicher als Krieg zwischen Italien und Österreich) und somit gegen Afghanen kämpfen müsste? Sollte er deshalb keine Staatsbürgerschaft erhalten, um ihm dieses Schicksal zu ersparen?

    Ein Ende der Schlacht mit “Argumenten” dieser Art ist leider nicht abzusehen.

    Im Prinzip fallen mir nur zwei Pro- und zwei Contra-Argumente ein.

    Pro

    • Ein opportunistisches, weil ich mir die (wenigen) Vorteile sichern möchte
    • Ein sentimentales, das sich aus Identitätsgefühlen speist, die nationalistisch sein können oder auch nicht.

    Contra

    • Das Ansinnen folgt – soweit man das bislang beurteilen kann, da ja noch keine Kriterien für eine etwaige Vergabe bekannt sind – einer nationalistischen Logik, die kontraproduktiv ist.
    • Doppelstaatsbürgerschaften sind grundsätzlich kein Zukunftsmodell, da die Ansässigkeit ein wesentliches Kriterium für die Staatsbürgerschaft sein sollte und man generell lieber eine Unionsbürgerschaft anstreben sollte, die „nationale“ Staatsbürgerschaften obsolet macht.

    Alles andere ist Humbug.

    * Obwohl ich wahrscheinlich im Falle einer positiven Entscheidung für die Doppelstaatsbürgerschaft – wäre ich in der Situation eines “berechtigten Südtirolers” – die zweite Staatsbürgerschaft annehmen würde.



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