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  • Sellner-Vannacci: Hass im Bündel.

    Beim Antaios-Verlag des Rechtsextremisten Götz Kubitschek gibt es neuerdings ein »interessantes« Sonderangebot: Wer die Bücher Remigration von Martin Sellner und das ebenfalls bei Antaios in deutscher Sprache erschienene Verdrehte Welt des italienischen Generalmajors Roberto Vannacci im Doppelpack bestellt, kann 4 Euro sparen:

    Bildschirmfoto der Antaios-Website – Querbalken von mir

    In der Südtiroler Politik haben beide Extremisten ihre Fans und Verbündeten: Während sich Sellner neulich mit dem Landtagsabgeordneten Jürgen Wirth Anderlan in Wien getroffen hat, steht Vannacci bei Matteo Salvini (Lega) auf der Wunschliste der möglichen EU-Wahl-Kandidatinnen weit oben. Die Lega ist sowohl staatsweit als — dank SVP — auch in Südtirol Teil der Regierungsmehrheit.

    Trotz des Eklats und der massiven Proteste, die Sellners Treffen mit deutschen Rechten in Potsdam ausgelöst hat, liebäugelt auch die inzwischen immer weiter nach rechts abgedriftete STF mit seinen offen rassistischen Thesen.

    Der ehemalige Sprecher der Identitären Bewegung in Österreich wurde vorgestern übrigens von der Aargauer Kantonspolizei »remigriert« und mit einem zweimonatigen Einreiseverbot in den Kanton belegt, als er in Tegerfelden einen Vortrag hielt. Schon im Vorfeld der Veranstaltung soll die Zürcher Kantonspolizei bei den Bundesbehörden interveniert haben, um eine generelle Einreisesperre gegen Sellner zu erwirken. Seit 2018 gilt in Großbritannien, seit 2019 auch in den USA ein Einreiseverbot für den Extremisten. In Deutschland wurde eine ähnliche Maßnahme diskutiert.

    Anders als der Aargau hat Südtirol leider keinerlei Zuständigkeiten für eine Abweisung oder ein Einreiseverbot.

    Generalmajor Vannacci wurde nach Veröffentlichung seines Buches zuerst als Leiter des Militärgeographischen Instituts abgesetzt, im letzten Dezember aber schon wieder zum Generalstabschef der operativen Landstreitkräfte ernannt. Im Februar wurde er wegen Verletzung des militärischen Neutralitätsgrundsatzes bei halbierter Entlohnung für knapp ein Jahr vom Dienst suspendiert und veröffentlichte im März ein weiteres Buch.1Titel: Il coraggio vince. Gleichzeitig erhielt er Unterstützung von der Lega.

    Der Antaios-Verlag wurde 2021 vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall unter Beobachtung gestellt.

    Cëla enghe: 01 02 03 04

    • 1
      Titel: Il coraggio vince.


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  • Fußball: Nationalistischer Vollrausch.

    Letzten Samstag hatte ich einen Beitrag über nationalistische Sportberichterstattung und ihre Folgen veröffentlicht. Nur fünf Tage später, am Donnerstag, stellte der italienische Fußballverband (FIGC) die neuen Trikots der Nationalmannschaften vor. Den Hinweis hat mir ein Blogleser geschickt.

    Neben einem Trikolore-Wappen samt Italia-Schriftzug auf der Vorderseite sowie drei Adidas-Schulterstreifen in grün, weiß und rot ziert das blaue Heimtrikot nun — im Nackenbereich — auch die Aufschrift l’Italia chiamò:

    Bildquelle: Italienischer Fußballverband

    Dabei handelt es sich um einen Auszug aus der Nationalhymne, die im Volksmund Fratelli d’Italia genannt wird. Die vollständige Zeile lautet: »Wir sind zum Tod bereit, Italien hat gerufen.«1Original: Siam pronti alla morte, l’Italia chiamò., womit also ein kaum verdeckter Hinweis auf die Opferbereitschaft der sportlichen Nationalhelden platziert wurde.

    In der offiziellen Pressemitteilung des Fußballverbandes steht sogar ausdrücklich, dass dieses Detail »aus sportlicher Sicht den identitären Sinn der Mameli-Hymne unterstreichen«2Hervorhebung von mir soll. Es ist dies der Ausdruck eines übersteigerten Nationalgefühls, eines Rausches, der es mir kalt den Rücken hinunterlaufen lässt. Umso besorgniserregender ist diese Entwicklung natürlich auch aus Sicht einer nationalen Minderheit.


    Mir ist bewusst, dass mir mit meiner Kritik in diesen Zeiten nationalistisch-identitärer Normalisierung einmal mehr die Einordnung als Spielverderber droht. Womöglich wird mir auch — sogar von »linker« Seite — unterstellt, mein Engagement könne eigentlich nur einem Nationalismus mit umgekehrtem Vorzeichen entspringen, weil etwas anderes wohl kaum noch vorstellbar erscheint.

    Und dennoch kann ich nicht unterlassen, das zu tun, was ich für richtig und notwendig halte.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10

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      Original: Siam pronti alla morte, l’Italia chiamò.
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      Hervorhebung von mir


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  • Identitäre Gymnasien.

    Auch und gerade die Schule bleibt in Italien vom politischen Zugriff der Rechten nicht verschont. Kürzlich befasste sich der Deutschlandfunk mit den neuen Made-in-Italy-Gymnasien, die von der Regierung um Giorgia Meloni (FdI) eingeführt wurden und von denen ab dem Schuljahr 2025/26 auch in Südtirol eines anlaufen könnte.

    Laut Massimiliano Panarari, Soziologieprofessor an der Universität Modena und Reggio Emilia, der vom deutschen Fernsehen befragt wurde, handelt es sich dabei um ein Projekt, das einer identitären Logik folge. Sogar im Gesetz, mit dem der neue Schultyp — und übrigens auch ein »Nationaler Tag des Made-in-Italy« (am 15. April) — eingeführt wurde, sei sogar ausdrücklich von einem »identitären Erbe« die Rede. Die Regierung Meloni verfolge eine politische Strategie, um das Land in ihrem Sinne zu verändern; die Schule für den Stolz auf Italien sei somit »Teil eines sehr viel größeren kulturellen Projekts«, so Panarari.

    Das Made-in-Italy-Gymnasium ist Teil einer Vision der neuen Regierungsrechten, die dominant sein will, auch durch die Kultur, die Symbolik, die Soft Power.

    – Prof. Massimiliano Panarari

    Ottavio di Paolo, Vizedirektor der Giovanni-Paolo-Schule in Ostia, der sich dem Deutschlandfunk gegenüber stolz erklärt, diesen Gymnasialzweig anzubieten, gibt an, damit werde man »das Selbstwertgefühl erhöhen, um das Land voranzubringen«.

    Arm das Land, das solch billigen Nationalismus nötig hat. Einziger Lichtblick: Wenn die Anmeldungen als Indikator gelten können, fühlen sich zumindest bislang nicht viele von der identitären Schule angesprochen.

    Doch Soziologe Panarari geht davon aus, dass die neofaschistischen Fratelli d’Italia dennoch an den Gymnasien festhalten werden, da es sich dabei um ein wichtiges Symbolprojekt handle.

    Cëla enghe: 01 02 || 01



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  • Il tricolore sulla carne Spam.
    Quotation

    La […] parabola di italianizzazione forzata ha attraversato ovviamente anche il mondo del cibo. I supermercati si sono riempiti di diciture, etichette, marketing che magnificano le tradizioni italiane, sui marchi è comparso dappertutto il tricolore. In pochissimi anni la pubblicità si è adeguata e Italia è la parola più usata in qualunque spot. Si potrebbe […] fare qualche confronto emblematico. Prendiamo il marchio Cirio, per anni il logo delle passate e dei pelati era «Come natura crea» che diventava lo slogan «Come natura, Cirio conserva»: nel Novecento e oltre era celebrata la capacità dell’industria, e anche la modernità nel mantenere la genuinità del prodotto. All’inizio degli anni dieci questa narrazione è stata sostituita da un’altra. Il logo è diventato «Cirio, cuore italiano», e negli spot davvero «Italia» e «italiano» sono ripetuti così tante volte da sembrare il famoso sketch dei Monty Python sulla carne Spam.

    Addirittura l’invenzione della tradizione si spinge fino a dichiarare che, essendo stata fondata a Torino nel 1856, «Cirio era già Italia quando l’Italia ancora non c’era». Ossia a attribuire ai barattoli di pelati un disegno risorgimentale. Per ritrovare nella storia italiana una simile magnificazione dell’identità italiana – cibo, tradizioni, orgoglio patrio – dobbiamo davvero riandare agli anni del fascismo, soprattutto i Trenta quando l’imperialismo straccione del regime tentava di riscrivere la storia nazionale alla luce del progetto di dominio espansionistico.

    Christian Raimo, scrittore e traduttore, in Dal liceo alla Serie A. Il trionfo sovranista del «made in Italy» su Domani, 13 giugno 2023

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 || 01 02 03



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  • Deutsch erhält in Tschechien mehr Rechte.
    Charta der Minderheitensprachen

    Im Rahmen der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen hat Tschechien beschlossen, seine Verpflichtungen in Bezug auf die deutsche Sprache in acht Bezirken, darunter Karlsbad, Reichenberg/Liberec), Falkenau/Sokolov und Troppau/Opava deutlich zu erweitern. Dies teilten die Behörden in einer offiziellen Mitteilung vom 28. Februar mit.

    Bildung

    Konkret sollen künftig wesentliche Teile der Vor-, Grund- und Sekundar- sowie der technischen und Berufsbildung in deutscher Sprache angeboten werden, einige Universitäts- und andere Formen der Hochschulbildung sogar vollständig. Darüber hinaus sollen der Unterricht über die deutsche Sprache und Kultur in Tschechien gewährleistet und die dafür nötigen Lehrkräfte ausgebildet werden. Es wird ein Aufsichtsorgan eingesetzt, das die Maßnahmen und Fortschritte überwacht und öffentlich Bericht erstattet.

    Justiz

    Auch Deutsch als Gerichtssprache soll ausgeweitet werden. So sollen Angeklagte in Strafprozessen das Recht erhalten, Deutsch zu gebrauchen, Anträge und Beweismittel dürfen künftig ebenso auf Deutsch vorgelegt werden und Schriftstücke, die mit dem Gerichtsverfahren zusammenhängen, müssen auf Deutsch abgefasst werden.

    In Zivil- und Verwaltungsverfahren sollen die Parteien ebenfalls das Recht haben, die deutsche Sprache in Wort und Schrift zu gebrauchen, ohne dass ihnen dadurch Mehrkosten entstehen, selbst wenn zur Sicherstellung dieser Möglichkeit Dolmetscherinnen oder Übersetzungsdienste herangezogen werden müssen.

    Amtsverkehr

    Fortan wird Tschechien auch Rechtsurkunden anerkennen, die ausschließlich in deutscher Sprache abgefasst sind.

    Bürgerinnen deutscher Sprache sollen ferner das Recht erhalten, Anträge bei staatsweiten, regionalen und kommunalen Behörden in ihrer Sprache einzureichen sowie einen deutschen Nachnamen anzunehmen.

    Kultur

    Auch die Ausstrahlung von Fernseh- und Radiosendungen in deutscher Sprache sowie die Förderung mindestens einer deutschsprachigen Zeitung sind vorgesehen. Der freie Empfang von Sendungen aus dem deutschsprachigen Ausland soll ermöglicht werden.

    In Bezug auf kulturelle Einrichtungen (wie Bibliotheken, Kulturzentren, Archive, Theater oder Kinos) und Tätigkeiten verpflichtet sich das Land, Initiativen in deutscher Sprache zu ermutigen und Zugangsmöglichkeiten zu fördern. Auch bei der Kulturpolitik im Ausland will Tschechien die deutsche Sprache fortan angemessen berücksichtigen.

    Wirtschaft und Soziales

    Auf gesamtstaatlicher Ebene sollen zudem Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, die den Gebrauch von Deutsch im Zusammenhang mit wirtschaftlichen und sozialen Tätigkeiten behindern. Tschechien wird sich zudem um den Abschluss internationaler Übereinkünfte mit Ländern des deutschen Sprachraums bemühen, um Kontakte zwischen der deutschen Minderheit im Land und dem benachbarten Ausland in den Bereichen der Kultur, der Bildung, der Information, der Berufsbildung und der Weiterbildung zu fördern. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Behörden desselben Sprachraums soll ebenfalls erleichtert und gefördert werden.

    Die Umsetzung der nun eingegangenen Verpflichtungen werden Expertinnen des Europarats überwachen, wie es von der Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vorgesehen ist. Das entsprechende Monitoringverfahren wurde zum 1. Juli 2019 verschärft.

    Diesen wichtigen Schritt, die Minderheitenrechte zu erweitern, macht Tschechien freiwillig, es war weder eine Niederlage in einem Krieg noch das Einschreiten einer Schutzmacht (kin state) wie in Südtirol nötig. Italien hat die Charta zwar schon im Juni 2000 unterzeichnet, weigert sich jedoch seit einem knappen Vierteljahrhundert, sie zu ratifizieren und umzusetzen.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05



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  • Folgenreiche nationalistische Sportberichterstattung.

    Ich komme hiermit auf das vom Soziologen Michael Billig eingeführte Konzept des banalen Nationalismus zurück, das ich schon hier erstmals thematisiert hatte. Diesmal will ich auf einen wichtigen Teilaspekt eingehen: den Sport. Es muss einleitend daran erinnert werden, dass sich die »Banalität« auf die Beiläufigkeit bezieht, mit der dieser staatstragende Nationalismus im Alltag — bewusst oder unbewusst — platziert und reproduziert wird, ebenso wie er meist nur unbewusst wahrgenommen wird. Diese Beiläufigkeit macht ihn aber nicht ungefährlicher als den »heißen« Nationalismus der »aktiv geschwenkten Flaggen« — im Gegenteil.

    Nicht nur Flaggen und ähnlich geartete, sichtbare Symbole machen den banalen Nationalismus aus, sondern zum Beispiel auch die Berichterstattung in den Medien. Allein die Tatsache, dass Nachrichten nach In- und Ausland getrennt werden — und dass in der Regel jene aus dem Inland überwiegen — schafft laut Billig einen unbewussten, aber sehr wirkmächtigen Denkrahmen. In Zeitungen sind dem In- und Ausland oft sogar gesonderte Bereiche gewidmet. Auch Begriffe wie »unser Land« oder »die Regierung« geben vor und setzen voraus, dass es sich nur um ein (das »eigene«) Land und nur um dessen Regierung handeln kann. Noch stärker sei dieses »wir« und »sie« in den Wetterberichten zu beobachten, wo oft kommentarlos nur das »eigene« Land abgebildet sei und sich Begriffe wie »im Norden«, »in den Städten«, »auf den Bergen«, aber auch »das Wetter« nur auf das Inland beziehen. Andere Länder, einschließlich des Wetters in diesen Ländern, werden hingegen ausdrücklich als ausländisch (bzw. einem bestimmten »anderen« Land zugehörig) benannt.

    Sport…

    Doch während sich dies im allgemeinen noch einigermaßen in Grenzen halte, seien es die männerdominierten und auch hauptsächlich von Männern konsumierten Sportnachrichten, die den banalen Nationalismus und (zweifelhafte) Werte wie Maskulinität, am ungeniertesten und wirkmächtigsten transportierten. Da sei zum Beispiel von universellen »Hoffnungen« die Rede, die sich jedoch meist nur auf die »eigenen« Sportlerinnen bezögen, und da werde klar eine Perspektive eingenommen und Stellung bezogen für nur eine Seite. Oft würden die Leistungen von Sportlerinnen anderer Herkunft gar nicht oder nur nebenbei erwähnt, als wäre ein zweiter Platz der eigenen viel mehr wert als der Sieg der anderen.

    Auch Südtiroler Medien, einschließlich der öffentlich-rechtlichen, erfüllen ihre Aufgabe im Dienste der Nation — gewollt oder ungewollt — meist vorbildlich, wenn sie sich etwa in ihrer Berichterstattung vor allem auf die sogenannten Azzurri konzentrieren (vgl. 01 02). Medien, die z.B. Südtiroler Sportlerinnen gesondert anführen, tragen dann immerhin ein klein wenig zur Dekonstruktion der Nation bei, indem sie einen anderen Denkrahmen aufzeigen.

    …und Krieg

    Internationale Veranstaltungen fänden jederzeit statt — so Billig — und wenn nicht, stünden sie kurz bevor oder lägen kurze Zeit zurück. Sportberichterstattung im nationalen Sinne sei also jederzeit möglich, die entsprechenden Zeitungsseiten müssten niemals leer bleiben.

    Auch Südtiroler Medien zeichnen sich durch nationalistische Sportberichterstattung aus und geben so vor, mit wem man sich identifizieren soll: Aktuelles Beispiel von Stol.

    Sportberichterstattung bediene sich häufig einer Kriegsmetaphorik (schießen, attackieren, siegen etc.), weshalb es laut Billig einfach und naheliegend sei, den Sport als gutartigen Kriegsersatz (oder als gutartigen Ersatzkrieg) einzuordnen. Vieles spreche dafür. Dann könnte man immerhin behaupten, dass der Kampf im Namen der Nation aggressive Energie kanalisiere und als eine Art Sicherheitsventil für mehr Frieden in der Welt sorge.

    Doch der Sport bleibe leider keineswegs auf das Spielfeld begrenzt, sondern überlagere den politischen Diskurs. Nicht von ungefähr habe Silvio Berlusconi, dem damals auch ein erfolgreicher Fußballclub gehörte, seine Partei nach einem sportlichen Anfeuerungsruf benannt (und seinen Einstieg in die Politik als Betreten des Spielfelds bezeichnet), bevor er nach dem Wahlsieg Faschisten in die Regierung geholt habe.

    Sport empfinde den Krieg nicht nur nach, sondern liefere symbolische Modelle, um den Krieg zu verstehen und uns mit ihm vertraut zu machen. Aufopferungswille, Verletzungen, Heldentum, Unterordnung, Kampf gegen Ausländer zu Ehren der Nation, für all das böten internationale Sportwettkämpfe und die Sportberichterstattung Tag für Tag eine bejahende, banale Form der Vorbereitung. Politische Krisen, die zu einem Krieg führen, könnten schließlich schnell entstehen, doch es brauche eine lange Vorbereitung, damit Männer und Frauen wüssten, was im Ernstfall von ihnen erwartet wird.

    Vor allem Männer müssten dann dem ultimativen Ruf zu den Waffen folgen. Doch während sie dazu angespornt werden, die (sportlichen) Nationalhelden nachzuahmen, würden Frauen vor allem dazu erzogen, sie zu lieben, wozu — insbesondere männliche — Sportidole in den Medien häufig auch in sportferner Pose dar- und vorgestellt würden. Denn sobald Männer dazu aufgerufen sind, ihren Körper zu opfern, müssten Frauen darauf vorbereitet sein, ihre Söhne und Männer zu opfern. Ohne die Rolle der Frauen als patriotische Mütter und Pflegerinnen könne ein Krieg nicht geführt werden.

    Somit wird auch verständlich, warum es so unglaublich wichtig ist, dass etwa Südtiroler Spitzensportler auf ihre Treue zur Nation getestet und als vollwertige Mitglieder der nationalen Gemeinschaft dargestellt werden können. Gleichzeitig ist es unerträglich, wenn sie die Sprache des Feindes sprechen (01 02 03) oder gar den Eindruck erwecken, mehr an sich selbst als an die Nation zu denken und zu glauben. Umso mehr wird ihre Rückkehr zur (nationalen) Vernunft gefeiert und geehrt (01 02). Eine Dekonstruktion der Nation durch echte Zugeständnisse wäre da nur im Weg, vielmehr soll auch die Sportautonomie nur die nationale Einordnung so reibungslos wie möglich gestalten. Und natürlich »muss« ebenso beanstandet werden, wenn politische Entscheidungsträgerinnen dem Ruf der Nation nicht folgen wollen oder wenn jemand gar das nationale Interesse unterminiert. Dass all dies in Italien — wo es nicht zufällig gleich mehrere erfolgreiche Sporttageszeitungen gibt — noch weit ausgeprägter ist als in vielen anderen europäischen Staaten, ist bekannt (01 02 03).

    Was immer auch in einer mit Information überfrachteten Welt vergessen wird, es werde ununterbrochen dafür gesorgt, so Billig, dass wir »unsere« Nationen nicht vergessen. Wir würden ständig dazu eingeladen, uns zuhause, in den Grenzen des Mutterlandes, zu entspannen. Diese Lebensform sei die nationale Identität, die fortwährend erneuert werde, während ihr gefährliches Potential so harmlos und heimelig wirke.

    Interessant ist, dass sich Michael Billig als Ziel dieser Mechanismen mit einschließt und zugibt, dass sie auch bei ihm ihre beiläufige Wirkung nicht verfehlen. Im Gegenteil wirft er anderen Analystinnen vor, für ihren eigenen Nationalismus oft blind zu sein und deshalb vorwiegend den »heißen« Nationalismus der anderen, aber niemals den »banalen« eigenen (vgl. 01) zu sehen — ja, ihn sogar bereitwillig selbst zu reproduzieren und zu relativieren.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 || 01 02 03



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  • »Unsere Frauen«.
    Quotation

    Auf eine anmaßende Rede von Jürgen Wirth Anderlan (JWA) zum Thema der geschlechtergerechten Sprache, in deren Rahmen er wiederholt von und für »unsere Frauen« gesprochen hatte, hat Brigitte Foppa (Grüne) am Dienstag im Landtag sehr bestimmt und gleichzeitig besonnen geantwortet:

    Als ich hier im Landtag vor zehn Jahren meine ersten Monate erlebt habe, da hatte mal der Kollege Pius Leitner [F] einmal von »unseren Frauen« gesprochen — und ich habe ihm widersprochen. Ich habe gesagt »wir sind nicht eure Frauen«. Und ich finde das eine Anmaßung, dass Sie über »Ihre Frauen« sprechen. Sprechen wir bitte von den Frauen Südtirols, von den Frauen in diesem Land, aber wir sind nicht eure Frauen.

    Als Frau darf ich so schreiben, wie es mir richtig vorkommt — und das werden Sie mir nicht verbieten. Ich glaube auch nicht, dass das Ihr Ansatz ist; Sie sprechen von der Landesverwaltung und Sie sprechen von der öffentlichen Verwendung von Sprache in diesem Land. Ich will Sie jetzt einfach ernst nehmen. Es geht in Ihrem Antrag, wenn ich das richtig verstanden habe, um die öffentliche Sprachverwendung in unserem Land. Und dazu haben wir eine wunderbare Regelung, einen Beschluss der Landesregierung und übrigens ganz in Ihrem Sinne, Kollege Anderlan. Denn diese… Entschuldigung… Wirth-Anderlan […] ich nenne Sie so, wie Sie es möchten. In diesem Beschluss der Landesregierung spricht man nämlich die Empfehlung aus, immer nur einmal eine geschlechtergerechte Form zu verwenden. Deswegen können Sie es ruhig lassen, »die Bürger-innen«, »Meister-innen« undsoweiter, so verzerrend zu sagen, denn das hat niemand den Auftrag in diesem Land, das zu tun. Das ist eine ganz, ganz praktische Handhabe. Und da gibt es, Sie können beruhigt sein, nur zwei Geschlechter. Das ist eine Vereinfachung, die das Land so gewählt hat. In Wirklichkeit, und da vielleicht haben Sie auch schon Kontakt mit der Realität gehabt, gibt es viele Menschen, die sich in diesem nicht wiederfinden. Und auch wenn Ihnen das nicht passt, diese Menschen wird es trotzdem geben und sie haben ein Recht darauf, zu existieren und so angesprochen zu werden, wie sie es wünschen. Dafür hat man jetzt mal in informeller Kommunikation ein Sternchen gefunden, einen Doppelpunkt, den Sie so bespöttelt haben, einen Unterstrich und ich finde, dass Bemühungen, um Menschen sichtbar zu machen, die ansonsten von einer »alten« Sprache, die halt auch ihre Herkunftsgeschichte hat, übersehen werden und nicht genannt werden. Und das ist ein sehr berechtigter Wunsch von Menschen, den gerade wir als Minderheit sehr gut wiedererkennen müssten. Und was uns Frauen angeht — ich sage das als Frau: Wir haben es immer schon gesagt, wir haben ein Anrecht darauf, gemeint zu werden und nicht nur mitgemeint zu werden. Auch Sie möchten nicht mitgemeint werden.

    – Brigitte Foppa

    Transkription und Verlinkung von mir

    Danke dafür.

    Wirth Anderlans Beschlussantrag (Nr. 24/24) wurde am darauffolgenden Tag mit 21 zu 6 Stimmen (bei einer Enthaltung und einer Nichtteilnahme) klar abgelehnt.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 | 05



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