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  • Starmers Union-Jackery in der Kritik.
    England

    In der sozialdemokratischen britischen Labour-Party ist eine heftige Kontroverse über den Gebrauch der Staatsflagge, des sogenannten Union Jacks, im Rahmen der Kampagne zur Lokalwahl in England (sowie zur kommenden Parlamentswahl) ausgebrochen. Der neue Parteichef Keir Starmer wollte mit der Bezugnahme auf nationale Symbolik offenbar eine Kursänderung im Vergleich zu seinem Vorgänger Jeremy Corbyn signalisieren, stieß damit jedoch auf teils vehementen innerparteilichen Widerstand. Vor allem Parteiströmungen und Gruppierungen, die die Interessen von Menschen mit Migrationshintergrund und ethnischen Minderheiten vertreten, brachten ihr Unbehagen zum Ausdruck. Sie wiesen darauf hin, dass man derartige Symbolik eher mit rechter Politik in Verbindung bringe und warnten vor sinkender Wählerinnengunst. Doch auch Labour-Abgeordnete zum Parlament in Westminster und Sympathisantinnen kritisierten die nationalistisch angehauchte Kampagne. In mehreren Bezirken weigerten sich Unterstützerinnen gar, Flyer und sonstiges Werbematerial zu verteilen, das neben Labour-Rot die Farben des Union Jack trägt.

    Aus Südtiroler Sicht gilt zu unterstreichen, dass es hier um Lokalwahlen in England, nicht in Schottland oder Cymru/Wales geht. Dort käme eine Kampa mit der Unionsflagge vermutlich sowieso politischem Selbstmord gleich.

    In Italien und auch in Südtirol sind die Nationalfarben grün, weiß und rot hingegen nicht nur auf Werbematerial, sondern selbst in Parteilogos linker oder links empfundener Parteien (wie dem PD) keine Seltenheit.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 | 05 || 01



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  • Die Polizei diskriminiert die deutsche Sprache.
    Communiqués

    Der bejubelte Aktionismus des neuen für Südtirol zuständigen Polizeipräsidenten (aka Quästor) Paolo Sartori erstreckt sich auch auf die Kommunikationstätigkeit. Darauf weist Valentino Liberto in einem heute auf Salto erschienenen Beitrag hin. Demnach habe die Staatspolizei von Bozen den Medien seit der Amtsübernahme von Sartori Anfang März 52 Pressemitteilungen geschickt — mehr als in den vier vorhergehenden Monaten zusammen.

    16 zu null im März

    Dies habe ich zum Anlass genommen, mir auch das Sprachgleichgewicht anzusehen, allerdings mit einem ernüchternden Ergebnis: Auf der Homepage des Bozner Polizeipräsidiums wurden im März 16 Nachrichten in italienischer Sprache veröffentlicht, in deutscher Sprache keine einzige. Die letzte Mitteilung in größten Landessprache geht sogar auf den 11. Jänner und somit auf Sartoris Vorgänger zurück.

    Die offene Verachtung und Respektlosigkeit zentralstaatlicher Akteure gegenüber den Minderheitensprachen in der »weltbesten« Kolonie Autonomie ist kaum zu übertreffen, selbst wenn es sich um so wichtige und zentrale Dienste wie die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit geht. Außerdem werden so deutschsprachige Medien benachteiligt, die einen zusätzlichen personellen und zeitlichen Aufwand betreiben müssen, um Nachrichten in der Sprache der Bevölkerungsmehrheit anbieten zu können.

    Das Entsetzen und der — mediale, politische und gesellschaftliche — Aufschrei wären groß, würde sich eine Landesbehörde erlauben, mit der Öffentlichkeit fast ausschließlich auf Deutsch zu kommunizieren. So hingegen haben Politikerinnen der italienischen Sprachgruppe sogar noch die Chuzpe, sich selbst als die eigentliche Minderheit in Südtirol zu bezeichnen und entsprechende Maßnahmen zu fordern.

    Die Staatspolizei wäre eigentlich gesetzlich dazu verpflichtet, einen zweisprachigen Dienst anzubieten. Dass sie nicht ansatzweise gewillt ist, zielführende Anstrengungen dafür zu unternehmen, stellt sie über ihre öffentliche Kommunikation ungeniert, ja geradezu offensiv zur Schau.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07 08 || 01 02 03



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  • Zentralistisches Urteil zum Pandemiegesetz.
    Verfassungsgericht

    Das italienische Verfassungsgericht (VG) hat sich mit dem Landesgesetz befasst, auf dessen Grundlage Südtirol 2020 einen teilweise eigenständigen Weg im Umgang mit der Pandemielage eingeschlagen hatte. Es war im Landtag mit 28 zu einer Stimme bei sechs Enthaltungen großmehrheitlich beschlossen worden. Die einzige Gegenstimme war übrigens vom FdI-Abgeordneten Alessandro Urzì gekommen. Weil die damalige Regierung1Regierung Giuseppe Conte II wider Erwarten entschied, das Gesetz nicht anzufechten, konnte es ungehindert in Kraft bleiben.

    Wenig überraschend urteilte das grundsätzlich sehr zentralistisch ausgerichtete Verfassungsgericht nun, dass mit dem Gesetz, das die sogenannte zweite Phase regeln sollte, die autonomen Zuständigkeiten des Landes überschritten worden waren. Zu dem Urteil kam es, weil der Inhaber eines Meraner Restaurants, der in der Pandemie systematisch gegen die geltenden Regeln verstoßen hatte, eine Strafe angefochten hatte, die ihm auf der Grundlage des Landesgesetzes aufgebrummt worden war. Das mit dem Rekurs befasste Gericht rief das VG an, um die Rechtmäßigkeit des Gesetzes überprüfen zu lassen.

    Wichtig ist, dass die Güte und Verfassungsmäßigkeit der im Gesetz enthaltenen Corona-Maßnahmen nicht Gegenstand des VG-Urteils war. In dem Verfahren ging es nur um die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen dem italienischen Staat und Land Südtirol.

    Im Oktober 2020 hatte Prof. Francesco Palermo, mit dem ich beileibe nicht immer einer Meinung bin, in einem Beitrag für den A. Adige geschrieben:

    Die einzigen wirklichen Gegenkräfte sind die Gebietskörperschaften. Regionen und Gemeinden verfügen für ihr eigenes Gebiet über ähnliche Befugnisse zur Bewältigung gesundheitlicher Notlagen wie die [zentrale] Regierung. Dies kann zu einigen Überschneidungen, Verwirrung, manchmal zu wenig verantwortlichen Eingriffen einiger Verwaltungen führen. Es wäre jedoch schlimm, wenn es diese Möglichkeit nicht gäbe, was die zutiefst demokratische Tragweite der Autonomie beweist.

    – Francesco Palermo

    Mit der einsamen Ausnahme von Südtirol haben die Regionen bislang keine eigenen Gesetze zur Bekämpfung der Pandemie erlassen. Und das ist sehr schlecht.

    – Francesco Palermo

    Anstatt Südtirol zu »beneiden« könnten — und sollten vielleicht sogar — die (auch gewöhnlichen) Regionen ihre eigenen Gesetze beschließen. Es könnte zu Anfechtungen kommen und sie könnten daraus auch als Verliererinnen hervorgehen, doch sie würden [damit] die Kräftebalance verteidigen. Und vielleicht könnten sie dem nationalen Gesetzgeber auch bessere Lösungen zur Verfügung stellen. Vielleicht auch nicht, doch einen Versuch wäre es dennoch wert. Es sei denn, man findet es sehr bequem, sich über die [zentrale] Regierung zu beschweren, ohne selbst irgendeine Verantwortung zu übernehmen.

    – Francesco Palermo

    Übersetzung von mir (vgl.)

    Die Untätigkeit der meisten anderen Regionen macht es den Zentralregierungen und auch dem Verfassungsgericht sehr leicht, gegen die wenigen Aufmüpfigen vorzugehen, die Autonomie und Subsidiarität einfordern und verteidigen. Gäbe es einen breiteren Konsens, den Zentralismus herauszufordern und auch selbst Verantwortung zu übernehmen, gäbe es für Rom viel größere Anreize, sich mit der Kompetenzverteilung zu befassen.

    Dass sich Landesregierung und Landtag damals nicht in vorauseilendem Gehorsam gebeugt, sondern an demokratisch beschlossenen Maßnahmen festgehalten haben, die sie im Namen der Südtirolerinnen für angemessen hielten, ist in meinen Augen ein gutes Zeichen.

    Cëla enghe: 01 02 03

    • 1
      Regierung Giuseppe Conte II


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  • Reisepässe: Landesbedienstete für die Polizei.

    Ende November letzten Jahres hatte die italienische Verbraucherinnenorganisation Altroconsumo das Ergebnis einer Recherche veröffentlicht: Demnach sei die Reisepasserneuerung in Italien nicht nur — im Vergleich mit anderen europäischen Ländern — sehr teuer, sondern auch noch mit unverhältnismäßig langen Wartezeiten verbunden. In sechs von 17 Städten, in denen der Verein entsprechende Erhebungen durchgeführt hatte, gab es überhaupt keine freien Termine, um an einen Reisepass zu gelangen. Unter den elf Städten mit verfügbaren Slots war Bozen nach Venedig jene mit der längsten Wartezeit: knapp acht Monate allein, um den Antrag stellen zu können, zuzüglich Ausstellungszeit.

    Nun will das Land Südtirol der Staatspolizei Bedienstete und Geld zur Verfügung stellen, um den kollabierenden Dienst irgendwie zu retten. Das ist einerseits sinnvoll, wenn tatsächlich eine Verbesserung erreicht werden kann.

    Andererseits ist dieses Modell unter mehreren Gesichtspunkten fragwürdig: Südtirol ist in Italien Nettozahler und muss dem Zentralstaat trotzdem in immer mehr Bereichen (Justizverwaltung, Post…) selbst unter die Arme greifen, um grundlegende Dienstleistungen mehr schlecht als recht aufrecht zu erhalten. Die diesbezüglichen Mitsprache- und Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne einer legislativen und/oder exekutiven Autonomie halten sich dabei aber trotzdem stark in Grenzen. Um nicht zu sagen: sie sind de facto inexistent, Rom bestimmt weiterhin allein, wo es lang geht. Und dies, während der Staat — speziell auch die Polizei — die Südtirolerinnen deutscher Muttersprache als Bürgerinnen zweiter Klasse behandelt (vgl. 01 02) und mitunter auch noch beleidigt.

    Anstrengungen, das verbriefte Recht auf Gebrauch der Muttersprache zu gewährleisten, werden kaum unternommen und führen jedenfalls zu keinem spürbaren Ergebnis. In diesem Kontext auch noch personelle und finanzielle Hilfe zu leisten, grenzt an Selbstverhöhnung.

    Umso mehr, als den Zentralstaat meist keine Sorgen plagen, wenn es darum geht, uns mit nationalistischem Gehabe zu zeigen, wo der sprichwörtliche Hammer hängt.

    Eine zeitlich befristete Unterstützung für einen zentralstaatlichen Dienst kann also sinnvoll sein, wenn sie Bürgerinnen kurzfristig einen konkreten Nutzen bringt. Uns sollte aber auch bewusst sein, dass wir damit immer wieder nur Löcher stopfen, damit das Schiff gerade so nicht untergeht. Wir tragen zur Aufrechterhaltung von dysfunktionalen, im mitteleuropäischen Vergleich katastrophalen Dienstleistungen bei, die Südtirol als Autonomie eigentlich längst selbst übernehmen sollte, um sie den Ansprüchen der Bevölkerung entsprechend zu gestalten.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 || 01 02 03



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  • Vom PD noch weiter nach rechts.

    Der PD ist in Südtirol und in Italien immer wieder als nationalistische, autonomiefeindliche Kraft in Erscheinung getreten. Jetzt ist der ehemalige Parteivorsitzende auf Landesebene, Alessandro Huber della Torre di Valsassina, in die Bürgerliste von Angelo Gennaccaro eingetreten.

    Nach der Landtagswahl im Herbst war Huber damit aufgefallen, dass er eine ethnische Einheitsfront der italienischen Kräfte gefordert hatte, die die SVP erpressen sollte, um trotz schlechten Wahlergebnisses einen zusätzlichen Regierungsposten für Politikerinnen der italienischen Sprachgruppe herauszuholen. Als sich dann eine Landtagsmehrheit unter Beteiligung rechtsextremistischer Kräfte abzeichnete, trat er — der regelmäßig Jugendliche nach Auschwitz begleitet — als vehementer Kritiker der Koalition in Erscheinung und unterstützte die Gruppe No Excuses.

    Jetzt also die abermalige Pirouette: Mit dem Eintritt in die Civica wird Huber selbst Teil einer »Grenzpartei«, die auf Landesebene der beanstandeten Koalition angehört und somit für die Reinwaschung und Ermächtigung der neofaschistischen Kräfte entscheidend mitverantwortlich ist.

    Dass es noch krasser geht, machte jüngst Claudio Del Piero vor: Der ehemalige PD-Vizebürgermeister von Brixen trat im Vorfeld der Gemeindewahl unvermittelt Fratelli d’Italia bei — nach reiflicher Überlegung, wie er behauptete. Hoaggl ischs eh nimmer.

    Cëla enghe: 01 02



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  • ANPI gegen faschistische Relikte — in Spanien.

    Kürzlich hatte ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Regierung von Kastilien und León ein Mausoleum der italienischen Faschisten — die Pirámide de los Italianos — unter Schutz stellen hat lassen. Es handelt sich dabei um den offenen Versuch, das Bauwerk den spanischen Bestimmungen im Umgang mit faschistischen Relikten zu entziehen, deren Anwendung zu seinem weiteren Verfall oder womöglich gar zu seiner Beseitigung führen würden.

    Nun hat sich auch der italienische Partisaninnenverband ANPI über seine Delegation von Bari, die enge Kontakte zur spanischen Asociación para la Recuperación de la Memoria Histórica (ARMH) pflegt, zu Wort gemeldet. Das ANPI kritisiert dabei die Unterschutzstellung vehement, da sie einem Bauwerk, das die Propaganda faschistischer Regimes verkörpere, einen unangemessenen Wert beimesse.

    Politiker von Fratelli d’Italia würden ferner mit ihrer Genugtuung über die Rettung der Pyramide beweisen, dass sie die Aufarbeitung der faschistischen Vergangenheit ablehnen und dieses Erbe sogar aktiv für sich beanspruchen.

    Faschistische Relikte in Südtirol, wie das sogenannte Siegesdenkmal in Bozen, das Alpini-Denkmal in Bruneck oder die Beinhäuser von Burgeis, Gossensaß und Innichen stehen seit langem unter staatlichem Schutz. Sie werden mit reichlich öffentlichen Mitteln instand gehalten und sind nach wie vor Gegenstand bejahenden Gedenkens.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05



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