Die Carabinieri haben einen Wettbewerb für 25 Stellen ausgeschrieben. Voraussetzung ist der Zweisprachigkeitsnachweis C oder schon als Freiwilliger bei den Streitkräften gedient zu haben. Sonderlich wichtig scheint das Kriterium der Zweisprachigkeit also nicht zu sein, auch wenn General Georg Baron di Pauli das Ziel formulierte, dass in jeder Carabinieri-Station zumindest eine Person in der Lage sein sollte ein Protokoll auf Deutsch zu verfassen.
Wie würde die Öffentlichkeit reagieren, wenn man in Südtirols Gemeinden das Ziel formulieren müsste, dass in jeder Gemeinde zumindest eine Person in der Lage sein muss, eine E-Mail auf Italienisch zu schreiben?
Akzeptable Kenntnisse der Landessprachen sollten für Angehörige der Polizeikräfte nicht zuviel verlangt sein. Michael Eschgfäller sieht dies augenscheinlich anders. In Vorausgeschickt der Dolomiten vom 15.04.2015 macht er sich über einen Beschlussantrag der STF im Südtiroler Landtag lustig.
Natürlich perfekt zweisprachig und mit den kulturellen und historischen Gegebenheiten Südtirols vertraut müssen die uniformierten Landesbeamten sein. Dies ist bei der Verbrecherjagd garantiert das Um und Auf. Und natürlich sollen diese Landespolizisten über jede ihrer Emittlungen der Öffentlichkeit Rechenschaft ablegen. Zusammen mit Staatspolizei, Forstpolizei, Gefängnispolizei, Carabinieri und Finanzwache würde diese Landespolizei bei den Sicherheitskräften das halbe Dutzend voll machen.
An und für sich sollte es ja selbstverständlich sein, dass die Landesprachen beherrscht werden und Polizeieinheiten im Kontext des Rechtsstaates und der Gewaltenteilung einem Organ des Landes Rechenschaft über ihre Tätigkeit ablegen müssen.
Nicht in Südtirol. Die politische Mehrheit gibt sich damit zufrieden, dass der »Quästor« als verlängerter Arm des Zentralstaates über die Sicherheit wacht. Die gewählten Organe des Landes haben diesbezüglich wenig Kompetenzen.
Auf die Idee, dass eine Landespolizei etliche Korps ersetzen könnte, kommt Eschgfäller nicht.
Laut Rai Südtirol vom 16.04.2015 ist für Landeshauptmann Kompatscher die Landespolizei ein langfristiges Ziel im Rahmen der Vollautonomie. Die Betonung liegt auf »langfristig« im Sinne des Ökonomen John Maynard Keynes: In the long run we are all dead. — »Langfristig gesehen sind wir alle tot.«
In der Formulierung abstrakter Ziele, die keinerlei Bezug mit den aktuellen politischen Prämissen haben, verfügt die SVP über große Erfahrung. Das Selbstbestimmungsrecht ist Teil der Statuten, ebenso wie die Vollautonomie immer wieder zum Ziel ausgerufen wird und neuerdings die europäische Ebene der Autonomie im Rahmen der Europaregion beschworen wird. Konkrete politische Ergebnisse ergeben sich aus diesen Floskeln keine.
Während die SVP zumindest verbal am Ziel einer Landespolizei festhält, spricht sich Hans Heiss laut Landespresseamt (15.04.2015) dagegen aus:
In Südtirol sei die Polizeipräsenz sehr hoch, höher als im italienischen Schnitt. Eine Landespolizei sei keine besonders gute Lösung, es käme ein weiteres Polizeikorps dazu und die Landespräsenz würde sich auf einen weiteren Lebensbereich ausdehnen. Auch eine zu große Vertrautheit mit den Verhältnissen vor Ort sei zu bedenken. Stattdessen sei bei der Zweisprachigkeit nachzubessern und auch bei der Koordination.
Abermals zeigt ein Vertreter der Grünen was er von neuen Zuständigkeiten hält: Nichts! Laut dem Politologen Pallaver, der aufgrund wohl nur ihm nachvollziehbarer Kriterien die Parteien in autonomiefreundlich und autonomiefeindlich einordnet, zählen die Grünen, die gegen diesen Antrag gestimmt haben als autonomiefreundlich, die STF, die den Antrag eingebracht hat, als autonomiefeindlich.
Nun, für unsere Autonomiefreunde von den Grünen wäre es also schlimm, wenn die Landespräsenz auf einen weiteren Lebensbereich ausgedehnt würde. Lieber lässt man sich von Rom verwalten. Sollte die große Vertrautheit vor Ort tatsächlich ein Problem darstellen, dann wären Länder wie Island, Malta, Zypern, Luxemburg, Estland, mit einer Bevölkerung zwischen 300.000 und 1,3 Millionen EinwohnerInnen allesamt nicht in der Lage, eine seriöse Polizei aufzubauen.
Mit denselben Argumenten könnte man auch den Landtag in Frage stellen. Warum nicht auch diese Kompetenzen nach Rom verlagern, da ja auch hier die »Gefahr« einer zu großen Nähe zwischen Landesverwaltung und Bevölkerung besteht?
Von einem konsequenten und engagierten Ausbau unserer sogenannten Vorzeigeautonomie sind wir jedenfalls weit entfernt. Wirklich wichtige Zuständigkeiten stehen nicht auf der Agenda und die Autonomiepartei SVP handelt völlig losgelöst von belastbaren Zeitplänen. Jeder Geschäftsplan müsste verworfen oder hinterfragt werden, wenn er nicht klare Fristen zur Umsetzung gesetzter Ziele enthält.
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