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Der paritätische Kindergarten in Meran.

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Wie der Corriere in seiner gestrigen Südtirolbeilage berichtet, hat Meraner Stadtregierung einstimmig — also mit den Stimmen der SVP — beschlossen, einen »100% zweisprachigen« Kindergarten zu errichten, wo die Kinder in einer »paritätischen ‘Vollimmersion’« mit den Sprachen Deutsch und Italienisch gleichermaßen konfrontiert werden sollen. Der Vorschlag sei das Ergebnis einer Arbeitsgruppe, in der Sabine Kiem (Team K), Beatrice Calligione (von der Bürgermeisterliste Civica per Merano) und Julia Dalsant (Grüne) mit Unterstützung der zuständigen Gemeindereferentin Emanuela Albieri (ebenfalls Civica per Merano) und zweier Beraterinnen gearbeitet haben sollen. Die Namen der Beraterinnen lauten Renata Zanin (von der FUB) und: Liliana Turri.

Wie wir hier schon öfter thematisiert haben (01 02 03), giftet Turri, früher bei den Grünen, dann beim Team K, seit Jahren — unter anderem auf Salto — mit drastischer Wortwahl gegen Südtirol, das Autonomiestatut, seine Mechanismen und den Dialekt. Dabei schwingt sie regelmäßig auch die Nazikeule. Ein mehrsprachiges Schulsystem fordert sie immer wieder auch mit Argumenten, die ihre Verachtung für den Minderheitenschutz erahnen lassen.

Gegenüber dem möglichen Untergang der ladinischen Sprache legt sie sogar einen erschreckenden, achselzuckenden Fatalismus an den Tag, der — im Sinne eines Victim Blamings — die linguizidalen Minorisierungstendenzen und -mechanismen (01 02) völlig außer acht lässt:

Ladinisch sollte man in der Familie sprechen und pflegen sowie im territorialen Kontext. Wenn dies nicht gemacht wird, kann die Schule auch nicht viel ausrichten. Und darüber hinaus folgt das ein wenig der Tendenz der Minderheitensprachen, die immer weniger gesprochen werden, leider. Die Sprecher selbst sind dafür verantwortlich, im Unbewusstsein, dass sie ihre Sprache, ihre Kultur sterben lassen.

– Liliana Turri

Übersetzung von mir (Original anzeigen)

Il ladino si dovrebbe parlare e curare in famiglia e nel contesto del territorio. Se questo non viene fatto la scuola più di tanto non può dare. E del resto segue un po’ la tendenza delle lingue minoritarie che si parlano sempre meno, purtroppo. I parlanti stessi sono responsabili di questo, inconsapevoli che fanno morire la loro lingua, la loro cultura.

– Liliana Turri

Sollte die deutsche Sprache durch die Immersionsprojekte Schaden nehmen, war es halt eben die Schuld der Minderheit.

Einem Gastbeitrag, in dem die Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung und der Proporz als Maßnahmen beschrieben werden, die vom Nationalsozialismus inspiriert seien, pflichtete sie in den Kommentaren bei:

Zusammengefasst. Wer von ausserhalb [sic] der Provinzgrenzen kommt (aber auch einige, die innerhalb dieser Grenzen wohnen), sehen in der ethnisch-sprachlichen Trennung ein Zeichen fuer [sic] den Einfluss der NS-Ideologie.

– Liliana Turri

Und diejenigen, die es nicht sehen, ist es, weil sie es nicht sehen wollen. [sic]

– Liliana Turri

In einem eigenen Salto-Beitrag spricht sie sogar faktenbefreit von einem angeblichen »Todesmarsch« der Italienerinnen in Südtirol.

Dass eine Person, die so argumentiert und für die Rechte der deutschsprachigen Minderheit nichts übrig hat, als Beraterin für ein mehrsprachiges Kindergartenprojekt in Südtirol fungiert, ist wirklich schwer verdaulich. Immersionsprojekte, von denen die Wissenschaft im Fall von Sprachminderheiten abrät1umso mehr in einem Kontext (wie Meran), wo die Minderheitensprache nicht dominant ist (z.B. 01 02 03), müssten in Südtirol, wenn sie denn umgesetzt werden, stets den Minderheitenschutz vor Augen haben. Die Einbindung von Frau Turri wirft diesbezüglich aber einen Schatten voraus und lässt erahnen, welche »Werte« dem Projekt zugrunde liegen.

Siehe auch: 01 02 03 04 05

  • 1
    umso mehr in einem Kontext (wie Meran), wo die Minderheitensprache nicht dominant ist


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Comentârs

11 responses to “Der paritätische Kindergarten in Meran.”

  1. Martin Piger avatar
    Martin Piger

    Manchmal wundere ich mich schon, welche Beiträge in salto online gehen dürfen. Im Falle der Frau Turri und im gleichen Themenfeld, aber inhaltlich noch viel gravierender, auch des Herren Marcon sehe ich wohl doch mehrmals den Tatbestand der Diffamierung erreicht. Wenn diese Artikel trotzdem erscheinen dürfen, und man die ansonsten strenge Handhabung der netiquette auf salto kennt, wird man schon annehmen können, dass die netiquette auf salto schon darauf achtet, wer gerade diffamiert wird. Dr. Magnago scheint diesbezüglich für salto keinen Schutz zu verdienen.

  2. artim avatar
    artim

    Gut, dass zumindest “Brennerbasisdemokratie” hier nochmals darauf aufmerksam macht und nachzeichnet, wie Frau Turri tickt, die man in Meran dafür nun sogar als Beraterin engagiert.
    Was sagen die “Verdi” Bozens zu solchen Äußerungen ihres Mitglieds, die SVP als offizielle Vertretung der dt./lad. Minderheit dazu?
    Was sagt Zeller dazu?
    Es ist doch für eine Zivilgesellschaft mehr als befremdlich, wenn man das so einfach durchgehen lässt.

  3. Veronica Miron avatar
    Veronica Miron

    Meine Tochter hat einen deutschen Kindergarten besucht. Zu Hause sprechen wir kein Italienisch. In den ersten 2 Jahren Kindergarten ist sie immer heim gekommen und hat mit den Puppen Italienisch gespielt. Und das obwohl im Kindergarten alle Lehrkräfte Deutsch gesprochen haben. Ich war überrascht weil sie eigentlich auch grammatikalisch sehr gut gebaute Sätze auf Italienisch produziert hat. Später hab ich verstanden sie hatte zwei italienischsprachigen Freundinnen mit denen sie oft gespielt hat.

    Für meine Tochter hat also gerade der deutsche Kindergarten als zweisprachig funktioniert.
    “Zum Glück” sind ihre Freundinnen dann im letzten Jahr Schule gegangen und sie konnte endlich ein volles Jahr lang mit anderen Kinder auf Deutsch spielen.

    1. artim avatar
      artim

      Es gibt viele andere, ähnliche, durchaus positive Erfahrungen.
      Was aber auch Ihr Bericht schön zeigt, ist, dass das Kind die jeweilige Sprache mit unterschiedlichen Personen in unterschiedlichen zeitlichen und räumlichen Kontexten erlernt hat.

  4. Stuff avatar
    Stuff

    Es gibt halt immer ein paar, die anderen ständig einen Puff reinmachen wollen. In letzter Zeit scheint es sogar en vogue geworden zu sein. Leben und leben lassen war einmal. Jene, die sich im guten Glauben an die Regeln halten und ihren Teil gut und ethisch korrekt erledigen wollen, bekommen von den “Gutmenschen” und anderen Faschisten auf den Kopf geschissen.

  5. Veronica Miron avatar
    Veronica Miron

    Der zweisprachige Kindergarten und die zweisprachige Schule stehen doch seit Jahren auf dem Programm vom Team K. Es ist also keine Idee die nur von der Frau Turri kommt.

    Das Team K meint die Südtiroler Gesellschaft muss sich entwickeln und “öffnen”. Deswegen wird die Umwandlung der deutschen Schule in eine mehrsprachige als ein wichtiger Schritt in diese Richtung gesehen.

    Alle deutschsprache Südtiroler im Team K sind derselben Meinung.
    https://www.team-k.eu/de/zweisprachiger-kindergarten-waehrend-das-team-k-auf-die-zukunft-setzt-schwingt-die-svp-die-autonomie-keule/

    Ich glaube die Grünen haben eine ähnliche wenn nicht gleiche Einstellung in dieser Hinsicht.

    Auch Max Benedikter von Salto ist derselben Meinung.

    1. Simon avatar

      Man kann für einen mehrsprachigen Kindergarten und für eine mehrsprachige Schule eintreten. Eine Person mit der Einstellung von Liliana Turri als angebliche Expertin einzubeziehen, ist aus meiner Sicht aber in jedem Fall höchst unangebracht.

      1. Veronica Miron avatar
        Veronica Miron

        Mir scheint dass die Position der Frau Turri und die der Partei vollkommen übereinstimmen. Beide wollen die zweisprachige Schule ausgerechnet in der deutschen Schule einführen.
        Dies geht aus dem oben zitierten Text hervor.

      2. Simon avatar

        Noch einmal, man kann aus demokratischer Sicht für eine mehrsprachige Schule sein. Wenn sich die diesbezügliche Position von Turri mit der des Team K deckt, ist das kein Skandal — auch wenn ich persönlich die mehrsprachige Schule für keine gute Lösung halte. Skandalös und inakzeptabel sind aber die Äußerungen von Frau Turri über die Südtirolautonomie, den Minderheitenschutz oder den Dialekt, einschließlich Nazikeule.

      3. Veronica Miron avatar
        Veronica Miron

        Danke für die Antwort.

        Ich finde generell die Idee von einer zweisprachigen Schule toll.
        Was ich nicht verstehen kann ist, warum muss (laut dem Team K) diese Schule unbedingt in der deutschen Schule eingeführt werden.

        Ich zitiere TeamK :

        Wie schwer sich die SVP mit mehrsprachigen Bildungsangeboten und neuen Schulkonzepten und damit einer zeitgemäßen Bildungspolitik tut, zeigt sich in der Kritik von bilingualen Schulmodellen, der Ablehnung der anerkannten Europäischen Schule, der zögerlichen Einführung der internationalen Schule und der Weigerung, das von der SVP selbst so hochgelobte ladinische paritätische Schulmodell auf die deutsche Schule umlegen zu wollen.

        Wenn die Svp sich weigert die zweisprachige Schule auf die deutsche Schule umzulegen, wäre nicht einfacher für das Team K und sinnvoller die zweisprachige Schule in einer italienischen Bildungseinrichtung einzuführen?

        Warum nicht also beim italienischen Bildungslandesrat nachzufragen? Es ist doch ein Angebot das vor allem für italienischsprachige Familien interessant sein wird. Frau Turri spricht immer vom Recht der Italiener auf eine zweisprachige Bildung, den sie in Südtirol nicht haben können. Es wäre dann genug ein paar italienische Schulen mit zweisprachigen Angeboten zu schaffen und so werden alle glücklich sein.

        Danke und Entschuldigung für die Beharrlichkeit.

      4. G.P. avatar
        G.P.

        Sie haben vollkommen Recht. Aber das Hauptziel, die deutsche Sprache zu schwächen bzw. zurückzudrängen, würde man damit nicht erreichen.

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